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Bewusstlos

Bewusstlos

Titel: Bewusstlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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da und nehmen Ihre Buchungen oder Vormerkungen entgegen. Auch Fragen zum Aufenthalt im Castelletto Sovrano beantworten wir Ihnen gern und ausführlich. Vielen Dank.«
    Als dieselbe Ansage in Italienisch begann, legte Raffael auf.
    Sie waren also wirklich noch da. Die Info im Internet war nicht überholt oder veraltet gewesen. Und den Anrufbeantworter hatte sein Vater besprochen.
    Plötzlich wurde ihm kalt. Er bestellte noch ein Glas Rotwein.
    Nach einer Viertelstunde bezahlte er und verließ die Bar.
    Nur wenige Schritte weiter erreichte er die zentrale Piazza des Ortes und die dort beginnende Fußgängerzone. In einem kleinen Alimentari-Laden kaufte er zwei Flaschen Rotwein und einen Korkenzieher. Er würde in sein trostloses Hotelzimmer zurückkehren, sich langsam betrinken und dann am nächsten Morgen nach Montesassi weiterfahren, dem Ort, der in der Nähe des Castellettos seiner Eltern lag.
    Um Viertel nach zehn am nächsten Morgen stieg er direkt auf der Piazza von Montesassi aus dem Bus und sah sich um. Zwei Bars lagen nur wenige Meter entfernt in seinem Blickfeld. Er ging in diejenige, die nicht so extrem nach Süßwarenladen aussah, weil weniger Konfektschachteln im Fenster lagen, aß zwei Panini, trank zwei Espressi und zwei Weißwein.
    An solch ein Frühstück könnte ich mich gewöhnen, dachte er, innerlich grinsend.
    Er wusste nicht mehr genau, wann er am Abend zuvor eingeschlafen war, jedenfalls waren die beiden Rotweinflaschen am Morgen leer gewesen. Da es nicht seine Art war, Rotwein wegzugießen, hatte er sie wohl getrunken.
    Er hatte bei weit geöffnetem Fenster geschlafen und war heute früh mit dem Kopf auf der Reisetasche aufgewacht. Sein Sicherheitsbedürfnis funktionierte also auch im Suff noch ganz ausgezeichnet.
    Mit dem zweiten Glas Wein schlenderte er zu einem Ständer, in dem verschiedene Werbeflyer steckten: über Konzerte in Siena, Opernaufführungen auf der Piazza von Montalcino, Theater in Bucine und unzählige Möglichkeiten des Agriturismo. Da gab es Appartements zu mieten, Hotelzimmer oder ganze Villen. Im Zentrum von Florenz oder in der Einsamkeit der Berge.
    Er sah es sofort in der zweiten Reihe von unten: Fünf-Sterne-Urlaub in der diskreten Abgeschiedenheit der Toskana. Das Castelletto Sovrano bietet seinen Gästen exklusiven Luxus in stilvoll ausgestatteten Appartements mit einzigartigem Panoramablick und in absoluter Ruhe …
    Er las nicht weiter, weil ihm übel wurde. Wenn er so etwas schon hörte, kam ihm die Kotze hoch. Aber das war typisch für seine Eltern. Wenn, dann musste es immer das Beste sein: das größte und neuste Auto, das urigste Haus, die originellste Küche, die weiteste Reise – und dann natürlich auch das schwerste Schicksal. Und nun die größte Burg am höchsten Punkt, und alles vom Allerfeinsten. Er konnte sich schon vorstellen, welche reichen Pinkel dort Urlaub machten. Und wenn schon eine Adresse im Ausland, dann musste es natürlich die Toskana sein. Und nicht irgendein Käsenest in Umbrien oder Sizilien.
    Die Bilder waren beeindruckend: der große, sonnendurchflutete Innenhof mit einem Brunnen und riesigen Terrakottatöpfen mit Hortensien und Oleander, Bilder unterschiedlicher Zimmer in diversen Appartements, der Frühstücksraum, der Saal für Veranstaltungen, der Pool, eine Skulptur im Eingang, eine schlafende Katze zwischen den gewaltigen Pranken eines steinernen Löwen, der weite Blick aus dem Turmfenster auf die Hügel der Toskana und das kleine mittelalterliche Bergdorf San Rocco.
    Auf jeden Fall vermittelten ihm die Fotos einen ziemlich guten Eindruck von dem Anwesen.
    Er steckte den Flyer ein.
    Für den Wein nahm er sich Zeit und bestellte sich noch ein drittes Glas. Als er schließlich zahlte, legte er den Flyer auf den Tisch, sah den Wirt fragend an, hob die Hände und zog den Kopf ein, was so viel signalisierte wie: Ich weiß nicht, wo das ist.
    Der Wirt nahm ihn mit vor die Tür und erklärte mit großen Gesten, in welche der Gassen Raffael einbiegen und dass er dann immer geradeaus gehen sollte, bis sich die Straße gabelte. Anschließend sollte er den rechten Weg wählen und weiter geradeaus gehen, dann würde er das Castelletto irgendwann vor sich auf einem Berg liegen sehen.
    Raffael glaubte, den Wirt einigermaßen verstanden zu haben, bedankte sich und verließ die Bar.
    Als er wieder auf die Straße trat und sich gerade eine Zigarette anzünden wollte, traf es ihn wie ein Schlag.
    Vor einem kleinen Eiscafé saß eine schlanke,

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