Bezaubernde Spionin
dieses Gespräch in vertraulicherem Rahmen fortsetzen, Sir Rupert, wenn Ihr wirklich an den Gründen interessiert seid, die Ihre Majestät, die Königin …«
»Wieso maßt Ihr Euch an, diese Gründe zu kennen?«, fuhr Sir Archibald hoch. »Ihr vergesst Euch, Mylady!«
Georgina Harringtons Blick wurde hart, und plötzlich hatte sie nichts Verführerisches mehr, sondern wirkte eiskalt und berechnend, wie eine Schlange, die gleich zuschnappen will. »Tatsächlich, Lordkanzler? Vielleicht bin ich einfach nur besser informiert als Ihr, habt Ihr darüber schon einmal nachgedacht?« Im nächsten Moment war alle Härte aus ihrem Blick verschwunden, als sie sich wieder auf Sir Rupert konzentrierte. Der von diesem raschen Wechsel in ihrer Mimik und Gestik gegen seinen Willen beeindruckt war. »Außerdem würdet Ihr merken, wenn ich auf die Idee käme, mich in Eurer Gegenwart zu vergessen«, fuhr sie an Sir Archibald gerichtet fort und senkte die Lider, als sie einen Schritt näher an den Lordkämmerer herantrat. »Obwohl ich Euch beruhigen darf, verehrter Lordkanzler. Die Gefahr für einen solchen Fauxpas in Eurer Gegenwart ist verschwindend gering.« Sie lächelte Sir Rupert an. »Ebenso wie Ihr das merken würdet, Mylord Lordkämmerer.« Sie machte eine winzige Pause und senkte die Stimme zu einem fast heiseren Schnurren. »Und ich muss zugeben, dass die Versuchung in Eurem Fall weit höher ist.« Sie lachte einmal leise und kehlig und fuhr dann mit normaler Stimme fort: »Und damit alle diese, laut der Meinung des Lordkanzlers, so vertraulichen Gedanken der Königin wirklich vertraulich und geheim bleiben, schlage ich vor, dass ich sie Euch in meinem Gemach unterbreite. Falls Ihr es wagt, mich dorthin zu eskortieren.« Sie legte den Kopf anmutig auf die Seite. »Man sagt zwar, ein Geheimnis ist am besten bei zwei Personen aufgehoben, von denen die eine tot ist«, fuhr sie leise fort und strich mit der Hand wie zufällig über das Wams des Lordkämmerers, »aber ich glaube kaum, dass Ihr mich deshalb umbringen würdet. Und Ihr …«, sie lächelte, dass ihre weißen Zähne blitzten, »seid ein außerordentlich gut gebauter und kräftiger Mann, Mylord, sodass Ihr gewiss keine Angst vor mir habt.« Sie rückte noch näher an Rupert heran, der sich beherrschen musste, um nicht die Nase zu rümpfen, als sich der Geruch von Pferd und Stroh verstärkte. Und noch ein anderer Duft stieg ihm in die Nase, der scharfe, unverkennbare Geruch von Moschus. Ganz offenkundig hatte die Gesandte tatsächlich die Stallungen aufgesucht, aber ebenso offensichtlich nicht, um sich die Pferde anzusehen. Sir Ruperts Miene blieb unbewegt, als er Georgina Harrington musterte. Sie schien sich zwar für die Hengste zu interessieren, aber wohl eher für die zweibeinige Spielart.
Er verneigte sich lächelnd. »Selbstverständlich, Lady Harrington«, erwiderte er, ohne auf das scharfe Zischen zu achten, mit dem Sir Archibald erneut seine Missbilligung kundtat.
»Warum so förmlich, Mylord Lordkämmerer?«, sagte Georgina leise, während sie sich dichter zu Sir Rupert lehnte, ohne dabei auch nur einen Schritt zu tun. »Lady Georgina genügt vollkommen.« Sie hob auffordernd ihren Arm und wartete, bis Rupert seine Hand stützend daruntergelegt hatte. Ein triumphierendes Lächeln zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab, als sie sich zu dem Lordkanzler und Buffon herumdrehte. »Ich denke, Mylords, Ihr braucht nicht auf den Lordkämmerer zu warten. Es wird gewiss eine Weile dauern, bis ich ihm alle meine … Geheimnisse anvertraut habe.«
»Miststück«, knurrte Buffon, und es gefiel Rupert gar nicht, dass seine Stimme dabei fast unwillentlich bewundernd klang.
Sir Archibald sagte gar nichts dazu, sondern starrte nur Rupert fragend an. Der hob eine Braue, schüttelte unmerklich den Kopf und kniff dann ein Auge zu. Er wusste nicht, ob das den Lordkanzler beruhigen würde, weil diese Gesten doch ein wenig schwierig zu interpretieren waren. Sie sollten dem älteren Mann sagen: Was glaubt Ihr denn? Natürlich lasse ich mich nicht wirklich auf sie ein, sondern nur zum Schein, um wichtige Informationen aus ihr herauszubekommen.
Sir Archibald schien jedenfalls nicht sonderlich beruhigt, und als Sir Rupert sich umdrehte und Lady Georgina Harrington zu ihrem Gemach begleitete, wurde ihm nach einem Blick auf die Gesandte auch klar, dass sein Freund Archibald wirklich allen Grund für seine Skepsis hatte.
Georgina Harrington war eine sehr schöne und sinnliche Frau,
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