Bezaubernde Spionin
und … direkt zu ihren Fenstern hinaufblickte.
Obwohl Königin Joan ihre Zofe angewiesen hatte, trotz der Dunkelheit keine Kerzen anzuzünden, und man sie vom Burgfried aus nicht sehen konnte, wich sie unwillkürlich ein Stück vom Fenster zurück, ohne jedoch den Mann aus den Augen zu lassen. In dem Licht der Fackeln funkelten seine Augen, die, wie die Königin wusste, blau waren, und sein dunkelblondes Haar leuchtete fast rötlich in dem flackernden Licht. Der zweite Reiter drehte ebenfalls den Kopf, ohne allerdings die Kapuze zurückzuschlagen, und Joan Beaufort sah, wie schwarzes Haar unter der Kapuze leuchtete.
Sie lächelte. Der Ire begleitete ihn. Gut! Sie wusste von Nanette DeFleurilles, dass Buffon O’Dermick ebenso gut mit der Waffe wie mit dem Mundwerk umzugehen verstand, und sie hatte das Funkeln unter seinem Umhang gesehen, was bedeutete, dass er seine Messer bei sich hatte.
Ihr Blick glitt jedoch wieder zu dem anderen Reiter zurück, bei dem es sich zweifelsfrei um Sir Rupert von Atholl handelte. Er starrte immer noch zu ihren Gemächern hinauf, bevor er sich umdrehte, dem zweiten Mann zunickte, die Kapuze aufsetzte und seinem Pferd die Sporen gab.
Joan Beaufort, die Königin von Schottland, seufzte, als die Hufschläge hohl auf dem Pflaster des Torhauses erklangen und schließlich erstarben, als die Reiter über das Pflaster der Brücke galoppierten und schließlich das Gras vor dem äußeren Tor erreichten.
»Wenn jemand die Aufgabe erfüllen kann, die Ihr ihm gestellt habt, Mylady«, meinte die Kammerzofe leise, »dann gewiss Sir Rupert von Atholl. Es gibt kaum einen feineren und aufrichtigeren Mann hier am Hofe, und keinen, der ihm an Klugheit, Mut und Geschicklichkeit das Wasser reichen kann.«
Joan Beaufort seufzte erneut und warf ihrer Zofe einen vielsagenden Blick zu. »Ganz gewiss, Melinda, Ihr habt zweifellos recht. Er ist der Richtige für die Aufgabe, für die ich ihn ausersehen habe.« Die Königin sprach laut und deutlich, sich der möglichen versteckten Lauscher sehr wohl bewusst. Aber sie fragte sich, ob Sir Rupert von Atholl die Aufgabe, die sie ihm gestellt hatte, auch richtig verstanden hatte.
Die Zeit drängte, und sie hatte keine Unterredung unter vier Augen an einem sicheren Ort, sprich, auf den Bastionen oder im Rosengarten, mit dem Lordkämmerer vorschlagen können, ohne den Verdacht derjenigen zu wecken, die sie hatte irreführen wollen, vor allem Lady Georgina Harrington.
Solange die englische Gesandte durch ihre Spione unterrichtet wurde, dass Rupert von Atholl wegen des Steins von Scone nach London unterwegs war, würde sie den Herzog darauf vorbereiten und dem Lordkämmerer genau dort eine Falle stellen.
Joan seufzte erneut, als sie sich an das Gespräch mit ihrem Gemahl in ebenjenem Rosengarten erinnerte und in dem sie den Plan, den Juliet McPherson, die kluge, scharfsinnige und gerissene Lady von Glaschoire, ausgeheckt hatte, gutgeheißen und sich entschlossen hatten, ihn umzusetzen.
Sie erinnerte sich ebenfalls noch an die Worte, die sie zu ihrem Gemahl gesagt hatte, als sie sich in seine Arme geschmiegt hatte, ein Luxus der Muße, dem sie sich in diesen unruhigen Zeiten kaum noch hingeben konnte. »Ich glaube, Liebster, die Liebe wird obsiegen, und er wird das Richtige tun. Aber es kann sein, dass für uns die Schwierigkeiten erst so richtig beginnen, wenn er mit seiner Beute aus London zurückkehrt.«
James hatte gelächelt und seine Frau auf die Schläfe geküsst. »Hast du vergessen, was du mir einst während meiner Gefangenschaft in England gesagt hast, Liebste?« Er hatte ihr Kinn mit dem Finger sanft angehoben und ihr tief in die Augen geblickt. »Vertraue nur einem Mann, der sich der Liebe einer stolzen und guten Frau als würdig erweist.« Er lachte. »Ich habe mich stets daran gehalten, sowohl was meinen Lordkanzler angeht als auch bei Connor McPherson, meinem Retter, und ich bin gut damit gefahren.« Er lächelte. »Also habe ich keinen Grund, ausgerechnet jetzt von diesem Prinzip abzuweichen, meinst du nicht auch, meine kluge Gemahlin?«
Joan hatte geseufzt und genickt.
Er hatte recht, natürlich, und außerdem hatten sie kaum eine andere Wahl. Sie konnten die Herzogin von Albany schließlich nicht einfach aus England entführen, um zu verhindern, dass Bedford sie zwang, gegen ihren Willen einem seiner Günstlinge zu heiraten, um dadurch seinen Einfluss in Schottland und bei den englandfreundlichen Clans weiter zu stärken und James’ Position
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