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Bezaubernde Spionin

Bezaubernde Spionin

Titel: Bezaubernde Spionin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo MacDoherty
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er keine Anstalten, sich zu verneigen oder sein Bonnet abzusetzen.
    »Was fällt Euch ein, Kerl!« Das war Sir Archibalds Stimme. »Verneigt Euch gefälligst vor Eurem König.«
    James saß vollkommen regungslos auf seinem Thron und starrte den Clanchief aus zusammengekniffenen Augen an. Er sagte kein Wort.
    Lord Peter Cunnigham trat fast beiläufig ein Stück vor. Ob er den König oder den Clanchief beschützen wollte, konnte Aylinn nicht sagen, aber sie vermutete sehr stark, dass dem englischen Gesandten die Sicherheit des schottischen Monarchen nicht sonderlich am Herzen lag. Mit pochendem Herzen beobachtete sie den Clanchief, der jetzt die Lippen zurückzog und seine kräftigen gelben Zähne zeigte. Dabei bemerkte sie aus dem Augenwinkel Lady Georgina Harrington. Die englische Gesandte hatte sich ein Stück vom Podest zurückgezogen und starrte … oh nein, sie starrte nicht auf den Clanchief oder auf Lord Cunningham, sie musterte nicht einmal den König. Ihr Busen hob und senkte sich zu ihren schnellen Atemzügen, und ihre Wangen waren leicht gerötet, während der Blick ihrer glühenden Augen wie gebannt auf Rupert gerichtet war.
    Aylinn kam jedoch nicht dazu, weiter darüber nachzudenken oder sich aufzuregen, denn in diesem Moment antwortete William Douglas auf Sir Archibalds Maßregelung.
    »Das will ich gern tun, Mylord. Nur sehe ich nicht meinen rechtmäßig nach alter schottischer Sitte auf dem Stein von Scone gekrönten König auf diesem Thron, sondern einen Usurpator, der dazu auch noch einen feigen Mörder als Lordkämmerer bestellt hat.«

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    7. KAPITEL
    A ylinn hatte während dieses Wortwechsels nur Augen für den Clanchief gehabt, doch bei dem Aufruhr, der jetzt im Thronsaal losbrach, zuckte ihr Blick unwillkürlich zu Rupert.
    Die Worte von William Douglas fuhren ihr wie ein schmerzhafter Stich durchs Herz. Gewiss, sie hatte sich selbst immer wieder genau dasselbe gesagt, nämlich dass Rupert von Atholl ein Mörder war, der ihren Vater auf dem Gewissen und ihn einfach erschossen hatte. Doch als sie jetzt diese Beschuldigung aus William Douglas’ Mund hörte, kam sie ihr plötzlich sonderbar vor.
    Dabei stimmte es doch! Rupert hatte Argyll von Albany erschossen. Mit einer Armbrust. Auf dem Turnier, vor den Augen des Königs und der Königin und sämtlicher Adliger des Reiches.
    Aylinn sah, wie Rupert erbleichte. Seine Hand zuckte unwillkürlich an seine Seite, aber anders als der Clanchief trug er keine Waffe außer einem Schmuckdolch, der zwar reich mit Gold und Edelsteinen verziert war und wie die schwere, goldene Kette mit dem Portugieser-Siegel sein Amt prachtvoll anzeigte, ihm jedoch in einem Kampf gegen das von einer grimmigen Hand geschwungene, tödliche Kurzschwert nicht allzu viel von Nutzen war.
    Aylinn musste sich zusammenreißen, um nicht die Hand auszustrecken, Rupert Einhalt zu gebieten. Sie bezweifelte zwar, dass William Douglas es wagen würde, vor den Augen des Königs den Lordkämmerer zu ermorden, aber immerhin war der Clanchief auch nicht davor zurückgeschreckt, den König selbst zu beleidigen.
    Der aufgesprungen war und sich, wie Aylinn bemerkte, vor seine Gemahlin gestellt hatte, als wollte er sie vor einem Angriff schützen. Doch das war ganz offenkundig überflüssig. William Douglas schien keinen körperlichen Angriff auf den König oder seine Frau zu beabsichtigen, auch wenn er seine Hand auf den Griff seines Schwertes gelegt hatte, was in Gegenwart der Majestäten ebenfalls einer Beleidigung gleichkam. Aber er sah weder James I. noch Joan Beaufort an. Sein glühender Blick hing an Rupert; er schien den jungen Lordkämmerer förmlich durchbohren zu wollen, und Aylinn ahnte, dass es zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung zwischen den beiden Männern gekommen wäre, hier und jetzt im Thronsaal vor aller Augen, wenn Rupert eine Waffe getragen hätte.
    Denn obwohl er unbewaffnet war, schien sich William kaum noch beherrschen zu können; sein Gesicht war rot angelaufen vor Wut, und die Knöchel seiner Finger, mit denen er den Schwertknauf umklammerte, traten weiß hervor.
    Rupert dagegen sah leichenblass aus; in seinem unbewegten Gesicht schienen nur die Augen zu leben. Sie aber loderten förmlich in einem eisigen Blau; ein Effekt, der Aylinn einen Schauer über den Rücken laufen ließ. Dann richtete sich der Blick dieser Augen auf sie, und ihr war, als hätte ihr jemand einen Schlag in den Magen versetzt, der ihr die Luft raubte.
    Als Rupert sie ansah, verschwand

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