Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition)
Zgonc-Werbung an, die lautete: ›Raunz’ nicht, kauf!‹«,
klärte Krobath den Hausherrn auf. Duvenbeck wurde von Freunden offenbar Pierre
genannt, das freute mich, denn Laura sagte Hans-Peter zu ihm.
»Siehste,
den Humor krieg ich immer noch nicht ganz mit«, überspielte Duvenbeck den
Fauxpas des Ex-Landtagsabgeordneten.
Mittlerweile
kam die Suppe, getragen von einer jungen Frau, vielleicht der Enkelin der Haushälterin.
Sie schöpfte die Suppe gekonnt in die Teller, worauf nach einem kurzen
»Mahlzeit« die Silberlöffel auf dem Porzellan zu singen begannen. Die Suppe
wurde gelobt, sehr zu recht, wie mir scheinen wollte. Eine kräftige
Rindsbouillon, ohne modischen Schnickschnack wie Weißwein, Thymian oder
Lorbeer. Dafür mit einer ordentlichen Dosis Safran gewürzt, wie bei meiner Oma.
Als Einlage gab es Schöberln. Goldgelb und flaumig. Wenn Gott Rindssuppe isst,
dann mit solchen Schöberln.
Doch
die Unterbrechung des Gesprächs war nur von kurzer Dauer. Schon nach den ersten
Löffeln griff Duvenbeck das Gespräch wieder auf.
»Wegen
Patriotismus: Ihr seid schon eine verrückte Nation. Da schmeißt ihr den Kaiser
raus, gründet eine Republik und druckt dann aber Sisi-Briefmarken. Man stelle
sich vor, die französische Post täte das mit der Pompadour. Gäb ‘ne Revolution!
Im Moment!«
»Du
musst bedenken, Pierre, da geht es durchaus auch um den Tourismus«, meinte
Krobath.
»Eben,
diese Verquertheit. Die Franzosen haben ihren Monarchen geköpft, ein wenig
drastisch. Wir haben unseren einfach ins Exil geschickt, aber ihr? Habt ihm als
Erstes alle Titel aberkannt. Wie gibt’s denn so was?«
Duvenbeck
schüttelte den Kopf.
»Das
ist eben die schlimmste Form der Rache, die sich die Österreicher denken
können«, erklärte Anne. »Stell’ dir vor, Pierre, du nimmst einem kleinen
Beamten seinen ›Obervizerevierinspektor‹ weg. Der Mann schreibt einen
Leserbrief an die ›Krone‹, verbrennt seinen Schrebergarten und läuft mit seiner
Schnitzelsemmel Amok.«
»Net
alle Österreicher san Wiener«, meinte Urner. »Bei uns in Niederösterreich ist
das ganz was anders. Alles geht viel kameradschaftlicher zu, man sagt sich du
und ist nicht so steif.«
Krobaths
Frau antwortete nicht, aber in ihren Augen stand ein Wort zu lesen, das bis auf
Urner und die Miss alle wahrnahmen: ›G’scherter‹. Aber sie war viel zu fein, um
es auszusprechen.
Die
Pause im Gespräch fiel aber nicht weiter unangenehm auf, da die Teller
abserviert wurden und der Hauptgang aufgetragen wurde. Es gab eine gefüllte
Kalbsbrust, die genauso gut roch wie sie schmeckte. Nachdem sich der Wirbel
gelegt hatte und die ersten Bissen gekostet waren, fand das Gespräch seine
Fortsetzung.
»Außerdem,
Herr Duvenbeck, denke ich, dass Österreich überhaupt keine Nation ist«, merkte
Laura an.
Krobath
und seine Frau blickten wachsam, es schien ihnen ein wenig das ›dritte Lager‹
in der Luft zu hängen.
Laura
merkte das sofort, und mit ihrem silberhellen Lachen in der Stimme fuhr sie
fort: »Mit dem Namen Lignamente kann ich so etwas sagen, ohne dass es nach
Deutschnationalem riecht. Ich meine nur, dass Österreich nicht eine Nation ist,
sondern neun. Nur die Wiener glauben, dass sie Österreicher sind. Es gibt
Zeitungen, die führen sogar ihr Bundesland im olympischen Medaillenspiegel, vor
allem im Wintersport, und wenn man sich der Schweiz anschließen könnte, dann
wären wir überhaupt rasch nur mehr zu acht. Der einzige Grund für uns Kärntner,
im Bund zu bleiben, ist unsere Angst vor den Slowenen.«
»Und
die Tatsache, dass ihr pleite seid«, merkte Urner ungerührt an.
»Dann
verkaufen wir halt noch eine Bank an die Bayern«, konterte Laura blitzschnell,
und alles lachte.
»Das
schätze ich so an Ihnen, diese Unverfrorenheit«, meinte Duvenbeck, allein zu
Laura gewandt. Er nahm einen Schluck aus seinem Glas, da erst fiel mir auf,
dass er Wasser trank und keinen Wein. Es stand zwar eine Karaffe mit Wasser auf
dem Tisch, aber aus der hatte er sich sicher noch nicht eingeschenkt, denn
außer mir hatte sich noch keiner davon bedient. Endlich entdeckte ich hinter
der Blumenvase oben am Kopfende des Tisches eine Flasche Evian. Nur für den
Hausherrn.
»Als
Deutscher ist man schnell geneigt, den Österreichern Tüchtigkeit abzusprechen,
weil bei euch alles mit einer Leichtigkeit abläuft, die bei uns nicht zu finden
ist. Alles ist so ›schlampert‹ und doch auf eigenartige Weise effizient.«
Wieder
sprach Duvenbeck den
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