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Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition)

Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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große
Begeisterung.
    »Ich
würde sehr gern etwas hören, aber nach dem Essen muss ich zuerst eine rauchen
gehen«, meinte Anne entschuldigend, stand auf und ging.
    »Natürlich.
Das ist ja kein Konzert. Mir geht’s nur darum, dass ich Sie mit der Musik nicht
beim Gespräch störe«, antwortete Urner artig.
    Nachdem
man Platz genommen hatte und alle mit Kaffee versorgt waren, begann er zu
spielen und ich zu staunen.
    Vom
ersten Anschlag an begann der Flügel unter seinen Fingern zu leben. Urner
versenkte sich förmlich in den schwarzen Koloss aus Holz und Stahl. Es schien
fast, als ob er ihn direkt mit den Leidenschaften seiner Seele anstatt mit Händen
und Füßen spielen würde. Alles begann mit einem kleinen Fugenthema, das wohl
von Bach stammte. Ob aber aus den Goldberg-Variationen oder aus dem Wohltemperierten
Klavier, konnte ich nicht sagen. Durch die ersten vier Stimmen, bis hin zur
Wiederholung des Themas, blieb das Spiel klar und strukturiert, atmete die
Kontrolle und Eleganz des Barock. Doch mit der ersten Wiederholung setzte ein
neues musikalisches Gefühl ein. Urner überführte das Thema in eine kleine,
singbare Melodie, die auch einem zweiten Satz eines Klavierkonzertes von Mozart
wohl zu Gesicht gestanden hätte. Nach zwei theatralischen Kadenzen schien die
Musik in einem pianissimo auszuklingen, bis durch eine Tonwiederholung in kaum
mehr wahrnehmbarer Sanftheit eine neuerliche Wiederaufnahme stattfand. Diesmal
kann ich es mit Bestimmtheit sagen. Das war die Mondscheinsonate von Beethoven.
Urner folgte ihr, solange es ihm Spaß machte, und bog dann immer mehr in die
Romantik ein. Auch dieser Weg, der uns von Chopin zu Liszt führte, nahm mich
gefangen. Wenn schon Romantik, dann von Urner. Schließlich schien sich der
Kreis zu schließen, ein basso continuo schon in den Barock zurückzuführen, als
die Rhythmik etwas pointierter, die Akkordfärbung etwas schräger und die
Melodik ein wenig spöttisch wurde. Synkopen drängten sich in den Vordergrund,
schließlich waren wir also auch noch im Jazz angekommen. Fein, dachte ich mir.
Ein wenig Nat King Cole, ein wenig Thelonius Monk, und wir waren am Ende
angelangt. Urner spielte sich zwar noch mit ein paar Akkordzerlegungen, aber
nur mehr im Stil eines guten Barpianisten.
    Ich
hätte mich beinahe vergessen und laut applaudiert, doch im letzten Moment fiel
mir auf, dass außer mir gar niemand auf die Musik geachtet hatte. Mir wurde
bewusst, dass auch die Forte-Passagen niemals die Lautstärke einer gepflegten
Hintergrundmusik überschritten hatten. Mit einer ungeheuren Meisterschaft, die
aus einem wunderbaren Anschlag und einem präzisen Gefühl für Dynamik
resultierten, hatte mir Urner den Eindruck vermittelt, in einer Konzerthalle zu
sitzen, die von einem mächtigen Flügel erfüllt wurde, während in Wirklichkeit
vermutlich schon im nächsten Raum nichts mehr zu hören gewesen war.
    Die
anderen saßen um den Kaffeetisch und plauderten. Es ging um Wohnungseinrichtung
und Geschmack. Ein kurzer Blick auf die Uhr sagte mir, dass Urner über eine
Stunde gespielt hatte.
    »Ich
bin beeindruckt, das war wunderbar«, stellte ich ernst fest.
    »Weiß
ich«, antwortete er unbeeindruckt, »aber trotzdem danke.«
    »Wie
kommt es, dass Sie in die Politik gegangen sind und das hier liegen gelassen
haben?«
    »Als
Politiker kann ich noch immer spielen, aber als Pianist isses mit der Politik
Essig.«
    Da
blieb mir nur mehr verdutztes Schweigen. Ich wollte mir den schönen Eindruck
der Musik nicht durch Urners Charakter zerstören lassen. So war ich froh, als
sich Anne an uns wandte.
    »Arno,
stören Sie doch nicht unser menschliches Radio.«
    »Genau«,
meinte Jenny beipflichtend, »wo er doch so schön spielt.«
    »Bin eh
schon fertig«, antwortete Urner ungefragt und klappte den Deckel zu. Ich fragte
mich kurz, ob Urner vielleicht deshalb so ein Unsympath geworden war, weil dem
zarten Kind mit seiner Liebe für die Musik damals durch die Ignoranz seiner
Umgebung die Seele zermartert worden war. Dann sah ich aber auf den echten Urner,
der sich mit seiner wohlgenährten Figur, dem dunklen Zweireiher und der Rolex
an den Tisch drängte und ungefragt seine Meinung zur Frage Perser oder Tibeter
im Schlafzimmer abgab: »Solangs kein Neger is, is es mir wurscht, was meine
Frau im Schlafzimmer hat.«
    »Stark
pigmentierter Ortsfremder sagt man jetzt«, klärte Laura ihn mit bissigem
Sarkasmus auf.
    »Ah
so?« Urner zog eine Augenbraue hoch. »Dann is ja gut.«
    Urner
hatte

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