Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition)

Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
Vom Netzwerk:
eine Haut, so dick wie die von Siegfried nach dem Drachenblutbad. Scham
schien er nicht zu kennen. Meine Augen bohrten sich in seinen Rücken: Ob da
wohl auch ein Lindenblatt eine Rolle gespielt hatte?
    »Nach
der Musik ein kleines Gesellschaftsspiel?«, unterbrach Duvenbeck die sich anbahnende
Konfrontation.
    »Was
sollen wir denn spielen, Pierre?«, fragte Krobath. »Monopoly mit echtem Geld?«
    »In
Anbetracht deiner momentanen Situation lassen wir das lieber«, meinte Duvenbeck
in gönnerhafter Manier.
    Obwohl
sich Krobath sehr gut beherrschte, konnte ich für eine Sekunde ein Zucken um
seine Mundwinkeln und eine Vertiefung der Lachfältchen um die Augen sehen. Die
schwarzen Knopfaugen selbst blieben dagegen unbewegt, am Kartentisch ein
untrügliches Anzeichen für größten Druck. Keine Frage, das hatte ihn schwer
getroffen.
    »Ach,
ihr Männer mit eurem ständigen Wettkampf. Monopoly ist infantil«, stellte Anne
vermittelnd fest. Und ihr Wunsch war den beiden wie immer Befehl.
    »Wir
könnten ja Teams bilden und Scrabble spielen«, meinte Laura.
    »Aber
wir sind doch zu siebt. Wer spielt denn dann alleine?«, fragte Jenny besorgt.
    »Arno,
der ist sehr gut mit Worten.«
    »Wenn
du willst, sicher.« Ich hatte noch nie Scrabble gespielt, aber ich wusste, dass
Laura darin ungeheuer gut war.
    Doch
der Vorschlag sagte den anderen nicht zu, weshalb noch ein paar weitere gemacht
wurden, von denen aber keiner eine Mehrheit fand. Duvenbeck hielt sich zurück.
Er saß einfach da und beobachtete. Er wusste schon, was gespielt werden würde,
nur die anderen wussten es noch nicht.
    »Was
spielen denn eigentlich Philologen so? Das ist doch sicher einfach und billig«,
ließ sich Urner vernehmen.
    »Gefüllte
Kalbsbrust.«
    »Was?
Das hatten wir doch heute zu Mittag. Das ist kein Spiel, sondern ein Gericht«,
klärte mich Urner auf.
    »Nein,
nein, das ist auch ein Spiel. Man nimmt ein Wort, Donaudampfschifffahrtskapitän
etwa, und schreibt es einmal senkrecht von vorne und einmal senkrecht von
hinten auf. Dann füllt man dazwischen Worte ein, deren Anfangs- und
Endbuchstaben in diesem Falle D-n, O-ä, N-t und so weiter wären. Für jede Silbe
gibt es dann einen Punkt, und wer die meisten Punkte hat, ist Sieger.«
    »So was
spielt ihr?«
    »Ja,
auf Griechisch.« Alles staunte.
    »Zum
Spaß?«
    »Philologen
machen niemals etwas zum Spaß.« Beinahe hätte ich noch hinzugefügt: ›Und in Wirklichkeit
spielen wir ausschließlich Russisches Roulette.‹ Aber das dachte ich mir dann
doch lieber nur.
    »Nun,
da offensichtlich keine Entscheidung fallen will, bestimme einfach ich«,
stellte Duvenbeck schließlich fest.
    Ungeteilte
Aufmerksamkeit.
    »Mensch
ärgere dich nicht.«
    IX
    Das Spiel hervorzuholen und
aufzubauen war das Werk weniger Augenblicke. Niemand außer Duvenbeck schien von
der Aussicht, Mensch ärgere dich nicht zu spielen, ernsthaft begeistert zu
sein. Jenny zog ein Schnütchen, Anne stellte adulte Gelassenheit zur Schau, und
Urner verbarg seine Abneigung in keiner Weise. Als ob er jemals etwas verborgen
hätte, das musste man ihm immerhin zugutehalten. Nur Duvenbeck zeigte also ein
gewisses Funkeln in den Augen, das mich auf Unterhaltsames hoffen ließ.
    Das
Spiel selbst war wunderschön, eine Sonderanfertigung für acht Spieler. Dunkles
Holz, mit handbemaltem Leinen bespannt und entweder bejahrt oder perfekt auf
alt getrimmt. Es schien einer dieser Gegenstände besonderer Handwerkskunst zu
sein, die durch Gebrauch nicht an Schönheit verlieren, sondern durch kleine
Kratzer und Flecken wie geadelt wirken. Ein achtzackiger Stern, an dessen
Spitzen die Heimatfelder angebracht waren, sollte die Wanderung unserer
Spielsteine bestimmen. Das Feld der Ehre für die kommenden Stunden sozusagen.
Die Figuren selbst waren aus Glas, durchscheinend, doch leicht opak.
Geringfügige Unregelmäßigkeiten legten die Vermutung nahe, dass sie
mundgeblasen waren.
    Der
Hausherr teilte die Farben zu. Die Zuteilung hatte zeremoniellen Charakter,
jede Vergabe wurde mit einer kleinen Bemerkung kommentiert. Urner bekam, seiner
politischen Zugehörigkeit wegen, Schwarz. Jenny erhielt Rot, die Farbe der
Liebe, Anne Grün, die Hoffnung symbolisierend. Krobath erhielt Gelb. Von Urin
sprach zwar niemand, aber zumindest ich dachte es mir. Sich selbst gab
Duvenbeck Violett, die Farbe der byzantinischen Kaiser. Mir wurden die
milchig-weißen Spielsteine zugewiesen, die leicht an Sperma gemahnten. Und
Laura schließlich erhielt die blauen Figuren,

Weitere Kostenlose Bücher