Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition)
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»Ah«,
stieß er aus, lehnte sich in der Bank zurück und streckte die Füße behaglich
unter den Tisch. »Da hatten Sie aber ein schönes Wochenende. Ich war mit meiner
Frau in unserem Haus am Neusiedler See.« Er schüttelte den Kopf. »Lassen Sie
sich einen Rat geben, Linder: Wie man sich bettet, so liegt man. An dem Satz
ist mehr dran, als das Auge vermuten würde.«
»Wieso?«
»Weil
ich schon so lange verheiratet bin, dass man’s in Jahren gar nicht mehr zu
zählen vermag. Suchen Sie sich Ihre Frau mit Bedacht.«
»Ich
verstehe nicht ganz.«
»Laura,
Herr Linder, Laura. Vergessen Sie nicht, ich war auch einmal mit ihr bekannt.«
»Ich
weiß.«
»Die
Frau ist kein Heimchen am Herd.«
»Das
ist sie sicher nicht.«
»Sie
werden sich mit ihr unglücklich machen. Na gut, unglücklich wird man immer,
aber mit ihr noch mehr. Das wollte ich sagen.«
»Da
gibt es nichts mehr zwischen ihr und mir.«
»Das
letzte Mal, als wir uns trafen und Sie so marod warn, da gab’s doch auch nichts
zwischen Ihnen und ihr?« Pause. »Und doch fahren Sie dann mit ihr ins
Wochenende, das mein’ ich.«
»Sie
meinen, da ist ein Muster erkennbar?«
»Genau.
Wenn ich mir Sie genauer anschau’, weiß ich schon, wie das enden wird.«
»Wie?«
»In
einer Versöhnung.« Das Wort nahm bei ihm den Klang von ›Weltuntergang‹ an. »Das
fällt zwar mehr in Ihren Bereich, aber hat Euripides nicht gesagt, dass Liebe
im Übermaß weder Würde noch Ruhm bringt?«
»Ja,
hat er, und zwar in der Medea. Aber er hat auch gesagt, dass unter allen
Krankheiten die Liebe die beste sei, und Krankheiten kann man sich bekanntlich
nicht aussuchen.«
Unrath
lächelte.
»Lassen
wir das«, fuhr er fort, »Sie werden schon wissen, was Sie tun. Vom
unbeschwerten Eheglück eines Reihenhauses träumen Sie ohnedies nicht. Gehe ich
recht in der Annahme?«
Ich
nickte.
»Anne
Krobath?«
»Lassen
Sie die Finger von der. Die Frau ist wie eine Rasierklinge.«
»Schwingt
da ein wenig Kastrationsangst mit?«
»Vielleicht,
woher soll ich das wissen? Ich bin Anwalt und kein Psychiater.«
»Lassen
Sie die Vergleiche und erzählen Sie schon.«
»Das
erste Mal habe ich von ihr gehört, als Miro Krobath Anfang der Neunziger auf
den Konkurs zusteuerte. Wenn ich mich recht erinnere, besaß er damals eine
marode Zahnradfabrik, aber ich kann mich täuschen. Auf jeden Fall fiel ihm dann
aus dem großen Kuchen der verstaatlichten Industrien ein Teil der Voest in den
Schoß. Alle Welt wartete gespannt darauf, wie die Sache ausgehen würde. Besser
gesagt, alle wussten, dass er einen Bauchfleck hinlegen würde. Wir warteten nur
auf das ›wie‹ und vor allem …«
»… wen
er mit in den Abgrund reißen würde?«
»Exakt.
Es war im Frühling, wir saßen im Landtmann, frühstückten, glaub’ ich. Da kam
einer der Wirtschaftsjournalisten der ›Presse‹ an unseren Tisch gestürmt und
fragte nach einer Anne …, Anne …, wie war doch der Name? Jedenfalls, ob wir von
der schon mal gehört hätten. Hm, ihr Mädchenname will mir jetzt partout nicht
einfallen. Er liegt mir auf der Zunge.« Unrath nahm einen Schluck von seinem Kaffee.
»Es ist zum Verzweifeln.« Er stellte die Tasse wieder ab. »Linder, passen Sie
gut auf.«
»Sicher.«
»Alt
werden ist kein Spaß, vergessen Sie das nie.«
»Werd’s
mir merken«, grinste ich.
Das
nahm mir Unrath übel. »Treiben Sie Ihre Scherze gefälligst ein wenig sensibler,
Linder. Einen alten Mann wegen seines nachlassenden Gedächtnisses zu verlachen,
stellt Ihrer Moral kein gutes Zeugnis aus.«
»Werd
ich mir auch merken. Ich wollte Sie doch nur ablenken. Wie hieß Anne Krobath
noch mal mit Mädchennamen?«
»Unnützes
Fragen. Das fällt mir nicht mehr ein. War irgendwas slawisches, konsonantenreich,
so was wie Hrnk in der Art, wenn Sie verstehen.«
Ich
half ihm ein wenig auf die Sprünge: »Ftacek?«
»Genau!
Ftacek. Wie kommen Sie auf den Namen?«
»Ach,
bloß geraten.«
»Nehm
ich Ihnen nicht ab.«
Unrath
schaute tief in seinen Kaffee. Er grübelte.
»Ftacek,
da schau her. Sind das nicht die Schokoladerer?«
Ich
nickte.
»Was
ist mit ihnen?«
»Verschwunden.«
»Seit
wann?«
»Wochenende.«
»Soso.«
»Kennen
Sie die Firma?«
»Die
kennt jeder.«
»Ich
wusste bis Samstag nichts von ihnen.«
»Sie
haben ja auch kein Geld. Die Firma stellt Schokolade her, seit irgendwann im
Dreißigjährigen Krieg eine Söldnerrotte einen Karren voll Kakao erbeutet hat.
Die Trinkschoklad für Maria Theresia
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