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Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition)

Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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trinken Sie?«
    »Einen
großen Schwarzen, bitte.«
    »Großer
Mokka, kummt sofort.« Der Ober verschwand hinter der Ecke.
    Unrath
beäugte den Kaffee, roch daran und nippte genießerisch. Und dann tat er etwas,
was ich noch nie gesehen hatte. Er benutzte das Wasser, das traditionsgemäß zum
Kaffee serviert wird, seinem originalen Verwendungszweck entsprechend. Er
säuberte darin seinen Löffel. Erst dann zuckerte er und rührte um. Den
verwendeten Löffel platzierte er anschließend im Wasserglas.
    »Hatten
Sie ein schönes Wochenende?«
    »Woher
wissen Sie davon?«
    »Ich
habe 50 Jahre Berufsleben hinter mir, da lernt man Gott und die Welt kennen, ob
man will oder nicht. Ich für meinen Teil war immer schon Philanthrop und habe
mich für die Nöte, Ängste und Wünsche meiner Mitmenschen interessiert. Prozesse
führe ich keine mehr, also bleibt mir alle Zeit der Welt, um zu tratschen. Wenn
Sie wollen, dann kann ich Ihnen auch die Anzahl der Spitzen des Hoserls der
Sekretärin des Bundeskanzlers nennen. Aus Gründen des guten Geschmacks hoffe
ich allerdings, dass Sie mir diese Frage nicht stellen werden.«
    »Keine
Sorge. Aber dass Sie sich aus humanen Idealen heraus um ›Nöte, Ängste und
Wünsche‹ interessiert haben wollen – das nehm’ ich Ihnen nicht ab.«
    »Glauben
Sie, die menschlichen Schwächen meiner Nächsten sind mir gleichgültig?«
    »Der
Weg zum Geld der Leute führt über ihre Schwächen, lehren uns die Weisen.
Deswegen haben Sie sich dafür interessiert.«
    »Hörn
Sie mal, junger Mann. Das ist unverschämt, ich bin Jurist und kein
Trickbetrüger.«
    »Was
manchmal auf dasselbe hinausläuft …«
    »Na.«
Er sprach die Silbe schnell, mit ganz kurzem ›a‹, zum ›o‹ hin gleitend. Ein
Italiener hätte ›ecco‹, ein Franzose ›et voilà‹ gesagt, und der Wiener sagte
eben: Na. Der Ausruf ist ambivalent, ein Feldzeugmeister kann damit seine
Niederlage in der Schlacht kommentieren, ein Familienvater die Nachricht von
der Verlobung seiner Tochter, ein Kapellmeister eine perfekt gespielte
Symphonie oder der Finanzminister den Rechnungshofbericht. Unrath meinte damit
etwas in der Art: Das ist der Lauf der Welt, was wollen Sie mich dafür
verantwortlich machen?
    »Also,
erzählen Sie mir nun vom Wochenende?« Unrath gierte nach Details wie der Teufel
nach einer armen Sünderseele.
    »Was
interessiert Sie das?«
    »Seit
gestern Mittag summt es im Bienenstock. Alle sind ganz aus dem Häuschen, es
wird telefoniert und d’Leut reden von nix anderem mehr.«
    »Lassen
Sie sich doch den Ermittlungsakt kommen.«
    »Ah.«
    »Soll
das heißen, das ginge nicht?«
    »Doch,
schon, aber des is heikel und dauert.« Unrath zog das letzte Wort in die Länge.
»Jetzt ist der Akt noch in Mistelbach, dann geht er nach Pölten, der
Landeshauptmann hat da ein Interesse an der Sache genommen, und dann ist es
sicher schon früher Abend, bis er mir auf dem Schreibtisch liegt.«
    »Das
ist ja nun wirklich ein Skandal!«, rief ich aus. »Da ist der Bericht seit
gestern Abend fertig, und Sie müssen wirklich nahezu 24 Stunden darauf warten.
Die Republik geht vor die Hunde. Vielleicht müssen Sie sich dann auch noch mit
einer Kopie begnügen.«
    »Das
wäre wirklich eine Katastrophe«, seufzte Unrath, nahm einen Schluck von seinem
Kaffee und winkte dem Ober nach einem neuen. »Geh, sein S’ so gut, machen S’
uns schnell noch zwei, ja?« Es war diesmal also auch einer für mich dabei.
    »Was
soll nur aus dem Staat werden, wenn ein geheimer Ermittlungsakt 24 Stunden
braucht, um auf dem Schreibtisch eines privaten Anwalts zu landen?«
    »Unter
Verschluss, nicht geheim. Der Akt steht unter Verschluss, das sind zwei
verschiedene Angelegenheiten. Außerdem bin ich nicht irgendwer.«
    »Nein,
das sind Sie wirklich nicht.«
    »Alsdann,
erzählen Sie mir jetzt, was sich da draußen abgespielt hat?«
    »Sicher.
Aber Sie erzählen mir etwas über Anne Krobath.«
    »Wenn
Sie wollen …«, er zuckte mit den Schultern und lächelte sardonisch, »wenn Sie
durchaus wollen …« Nachdem er den Satz hatte ausklingen lassen, fuhr er fort:
»Jetzt zu Ihrem Wochenende: Ich nehme an, es war einer dieser goldenen
Herbsttage …«
    Ich
erzählte ihm alles, was sich zugetragen hatte, wovon ich Kenntnis hatte und was
ich vermutete. Danach unterzog er mich einem peniblen Verhör. Jede Tatsache,
jeder Ausspruch, einfach alles wurde noch einmal durchgehechelt, von allen
Seiten geprüft und auf Stichhaltigkeit und Skandaltauglichkeit hin

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