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Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition)

Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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ein Schlaf als ein Fallen aus großer Höhe in einen bodenlosen Schlund.
Donnernde Ströme aus Unrat ergossen sich in diesen Schlund, füllten ihn aber
nicht. Ich wusste nur, dass ich in ihm gefangen war, in eiskalten Strudeln in
einem bodenlosen, lichtlosen Schacht.
    Die
Wirbel wurden schwächer, doch der Schwindel in meinem Kopf hielt an. Mir war
schlecht. Ich erbrach mich. Die Ahnung von Schmerz bestätigte sich mit
furchtbarer Wirkung. Mein Schädel schmerzte über jede Vorstellung hinaus.
Wieder würgte ich, doch so sehr sich meine Eingeweide auch zusammenzogen,
erbrechen konnte ich nichts mehr. Für eine Ewigkeit, so schien mir, lag ich da,
bis ich endlich die Augen öffnen konnte. Alles war verschwommen, unscharf, wie
hinter einem Schleier. Ich rieb mir die Augen, aber der Schleier blieb. Ein
kleiner Versuch mich aufzurichten führte dazu, dass der Schmerz in meinem Kopf
wieder explodierte. Ich ließ mich zurücksinken und lag schwer atmend da. Mein
Herz raste, alles drehte sich und ich verlor wieder das Bewusstsein.
    Als ich
das nächste Mal zu mir kam, ging es mir nicht viel besser. Allerdings waren die
Schleier vor meinen Augen nicht mehr so dicht. Ich konnte Verschiedenes
erkennen. Ein dunkles Zimmer mit einer Lichtquelle oben an einer Wand, zu hell,
um hinzublicken, ohne vor Schmerz wahnsinnig zu werden. Beißender Gestank von
Erbrochenem. Völlig unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen, hilflos wie ein
Baby, lag ich auf dem Bett. Ein wenig später hatte sich der Aufruhr in meinem
Gehirn so weit gelegt, dass ich versuchte, meine Arme zu bewegen. Es ging
nicht. Auch meine Beine reagierten nicht. Panik stieg hoch. Hatte ich einen
Verkehrsunfall erlitten, war nun querschnittgelähmt? Wiederum ein paar Minuten
später war ich so klar, dass ich feststellen konnte, dass sich wenigstens
Finger und Zehen bewegen ließen. Also doch keine Lähmung. Meine Handgelenke
brannten, wie von Schürfwunden. Ich war gefesselt. Gott sei Dank, fuhr es mir
durch den Kopf. Erleichtert sank ich wieder zurück in tiefstes Schwarz,
vollkommen allein, begleitet nur von meinem besten Freund, dem hämmernden
Kopfweh. Wirklich ein netter Kerl.
    Wiederum
etwas später: »Guck mal da, Linder schläft noch immer«, hörte ich die
spöttische Stimme von Gütkens.
    Ich
hielt die Augen krampfhaft geschlossen.
    »‘kotzt
hat er a«, schnurrte eine andere, wohlbekannte Stimme. »Wach auf, du Weh!«
    Eine
harte Hand rüttelte mich an der Schulter. Mir gefiel das nicht, meinem besten
Freund hingegen sehr. Ich schlug die Augen auf.
    »Wasser«,
krächzte ich, mit einer Stimme, die schon bessere Tage gesehen hatte.
    »Was
will er? Hast du was verstanden?«
    »Ka
Wurt.«
    Um den
beiden Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, muss ich anmerken, dass sich meine
Äußerung sicher mehr nach »Wmmhngss« angehört hatte als nach einem bekannten
Wort. Artikulation ist schwerer, als man denkt, vor allem, wenn sich die eigene
Zunge anfühlt wie eine Männerleiche in einem Kindersarg. Zu groß, zu tot, zu
eklig.
    »Wasser«,
versuchte ich es wieder, diesmal besser.
    »Kannste
haben, alter Freund«, meinte Gütkens.
    »Für
was des? Mir san ka Pension.«
    »Hab
dich nicht so, was will er schon machen, schau ihn dir mal an.«
    »Schnapsidee!«,
antwortete die schnurrende Flüsterstimme.
    Ich
nahm Bewegung war, eine Tür öffnete und schloss sich, und ich verlor wiederum
das Bewusstsein. Gut so, mein bester Freund war immer noch da und hatte
mordsschlechte Laune.
    Als ich
von der sich öffnenden Tür geweckt wurde, hob ich ein Augenlid und linste vorsichtig
in die Dunkelheit. Ein Schemen kam auf mich zu und stellte etwas vor das Bett.
    »Trink.
Wennste kannst«, sagte der Schatten mit der Stimme von Gütkens und verschwand.
Die Tür fiel schwer ins Schloss. Stahl, dem Klang nach. Ich schaute vors Bett.
Wirklich und wahrhaftig, da stand ein Glas, voll mit Wasser.
    »Oh du
kühler Nektar der Götter, komm und stille meinen Durst, herrliches Wasser, sei
mein Gast und erfreue meine Seele«, versuchte ich mich an einer Ode, die selbst
Wolf Martin vor Scham erröten hätte lassen. Sorgsam, Zentimeter für Zentimeter,
wälzte ich mich auf die linke Seite und wollte nach dem Glas greifen, doch es
ging nicht. Zuerst durchfuhr mich wieder die blanke Angst vor einer Lähmung,
doch fast zeitgleich stellte sich die Erinnerung daran ein, dass ich gefesselt
war. Meine Arme waren völlig taub, total gefühllos, wie zwei Klumpen totes
Fleisch hingen sie an meinen Schultern.

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