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Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition)

Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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Ich ließ den Kopf zurücksinken und ruhte mich vorerst ein
wenig aus. Die Anstrengung von vorhin hatte meinen Magen revoltieren lassen,
ich musste warten, bis er sich wieder beruhigt hatte. Wenn man den Kopf kaum
heben kann, ist Erbrechen noch schlimmer als sonst. Schließlich gab mein Magen
wieder Ruhe und als ich versuchte meine Beine zu finden, stellte ich fest, dass
das Wetter in meinem Kopf besser geworden war. Nur mehr ein wenig Hochnebel war
geblieben.
    Meine
Beine waren an den Sprunggelenken mit Spagat zusammengebunden. Ich setzte mich
auf den Boden und versuchte, durch Aufstampfen etwas Leben in sie
hineinzubringen, was auch gelang. Schließlich konnte ich aufstehen und in
meinem Verlies herumhüpfen. Was meinen Magen nicht so sehr reizte, wie man
meinen könnte. An der Tür ließ sich gar nichts ausrichten, also versuchte ich
es mit dem Fenster. Es lag recht hoch in der Wand, etwa 20 Zentimeter über meinem
Kopf. Das Fenster saß tief in der Wand, so dass ein geräumiger Sims entstand.
Ich legte meine beiden Hände flach auf den Sims, sprang ab und zog mich hinauf.
Um Halt zu finden verkeilte ich meine Ellbogen im Fensterschacht. Die
Handschellen störten nur insofern, als in dem Moment, in dem mein ganzes
Körpergewicht auf den Handgelenken ruhte, sich das Metall tief in meine Haut
grub. Viel mehr als Schürfwunden blieben aber nicht zurück.
    Die
ganze Anstrengung war umsonst gewesen, hinaussehen ging nicht, das Glas war
matt, aber hören ließ sich etwas, denn es war gekippt. Ich strengte meine Ohren
an, während ich verzweifelt und wohl auch ziemlich lächerlich an dem Betonsims
hing.
    Ich
hörte den herbstlichen Wind in Baumwipfeln rauschen, es klang fast ein wenig nach
einer Meeresbrandung, irgendwo dort, wo Sandstrände und Palmen zu finden sind.
Weit hinter dem Meeresrauschen war ein leichtes Donnern und Grummeln zu
vernehmen. Fast wie die Brandung an dem Strand vorgelagerten Klippen.
    Wenn
ich einen Tipp abgeben hätte müssen, ich hätte den Ort meiner Gefangenschaft
auf Döbling festgelegt. Obwohl, wenn ich genauer hinhörte, schien die Brandung
nicht so weit entfernt. Da es in Wien kein Meer gibt, dessen war ich mir
absolut sicher, musste es sich bei der Brandung um Verkehrslärm handeln, der
recht nah wirkte. Also nicht Döbling, sondern Währing, genauer gesagt:
Gersthof. Irgendwo in der Nähe von Türkenschanzpark und Sternwarte.
    Es
hatte in meinem Leben einmal eine Frau gegeben, die an der Boku studierte, und
ein schönes Frühjahr lang hatten wir im Sternwartepark geturtelt, deswegen kam
mir die Geräuschkulissse so bekannt vor. Was man beim Knutschen nicht so alles
mitkriegt.
    Nun
wusste ich zwar ungefähr, wo ich mich befand, aber einer möglichen Befreiung
war ich noch um nichts näher gekommen. Mit meinen gefesselten Händen konnte ich
das Fenster unter keinen Umständen einschlagen. Dennoch hielt ich noch ein
wenig am Fenstersims aus, obwohl meine Ellbogen, mit denen ich mich verkeilt
hatte, schon ziemlich schmerzten.
    Da hörte
ich das unmissverständliche Knacken eines Schlüssels im Türschloss. Überrascht
drehte ich mich zur Tür, verlor meinen Halt und fiel zu Boden. Überflüssig zu
sagen, dass ich hart aufschlug. Mit gefesselten Händen aus knapp zwei Metern zu
Boden zu fallen ist ein Heidenspaß. Zumindest für den Betonboden. Ich konnte
ihn förmlich grinsen hören, als ich meine Wange an seine kalte Oberfläche
presste. In meinen Ohren rauschte das Blut.
    Mein
Blickfeld ging weg von der Tür und hin zum Bett, wo das Wasserglas noch immer unberührt
stand. Salzig metallischer Geschmack breitete sich in meinem Mund aus. Irgendwo
hatte ich mir hineingebissen. Hoffentlich waren die Zähne heilgeblieben. Ich
bin nicht krankenversichert, und ein Zahnarztbesuch verschlingt mehrere
Monatsgehälter, weswegen ich sehr auf meine Zähne achte.
    Doch
mehr noch als um meine Zähne sorgte ich mich um meinen Stolz. Er ist so
ziemlich das Einzige, was ich habe, und er hatte sehr gelitten. So wie ein Wurm
am Boden zu liegen, wenn der Peiniger in die Zelle eintritt, das ist schon hart
für das Selbstwertgefühl.
    Ich
hörte Schritte näherkommen. Stöckelbeschuhte Schritte, um genau zu sein.
Parfumduft nahm ich keinen wahr, da meine Nase halb im Beton steckte und nur
Moder und Schimmel aufspüren konnte. Die Frau trat näher und beugte sich über
mich. Ich blickte eisern auf das Wasserglas. Hände berührten meine Schulter,
Haarspitzen kitzelten meine Wange. Nette

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