Beziehungsregeln - die ultimativen Tipps für alle, die Partnerschaftskrisen satt haben
viel von sich selbst aufzugeben. Schließlich war sie dem Rat ihrer Freundin gefolgt, und der hatte alles nur noch schlimmer gemacht.
War die Lösung mit der Wohltätigkeitsorganisation »falsch«? Nicht unbedingt. Für ihre beste Freundin wäre sie vielleicht richtig gewesen, aber nicht für Brenda. Hätte Brenda sich die Zeit genommen, in sich hineinzuhören, wäre sie vielleicht auf eine Lösung entsprechend ihrer Persönlichkeit und ihren Werten und nicht denen ihrer Freundin gestoßen. Vielleicht hätte sie einen Studenten engagiert, ihr dabei zu helfen, die Kisten ins Arbeitszimmer ihres Mannes oder auf den Speicher zu bringen.
Brenda hätte natürlich auch zu dem Schluss gelangen können, dass sie nicht bereit wäre, irgendetwas wegen der Kisten zu unternehmen. Wenn wir in einer Sache einen festen Standpunkt einnehmen, zieht dies unweigerlich andere Dinge nach sich. Vielleicht fühlte Brenda sich noch nicht in der Lage, das zentrale Problem in ihrer Ehe anzugehen, das nichts mit Kisten zu tun hatte. Vielmehr ging es darum, dass ihr Mann gern ihre berechtigten Bitten und Beschwerden ignorierte. Dadurch fühlte sie sich in der Beziehung allein gelassen.
Wenn wir die Beziehung anderer Paare betrachten, mag uns der »richtige« Standpunkt klar auf der Hand liegen. Doch in unserer eigenen Beziehung Grenzen zu ziehen, kann zutiefst verwirrend sein. Vielleicht sind Sie sich zunächst völlig im Klaren darüber, was Sie wollen, nur um dann festzustellen, dass sich Ihr Denken vernebelt, wenn Ihr Partner nicht so reagiert, wie Sie sich dies wünschen. Manchmal ist es schon ein Akt der Klarheit und Selbstdefinition, sich seine Verwirrung einzugestehen und die Entscheidung zu fällen, dass man nicht bereit ist, sich mit einem Problem in der Beziehung auseinanderzusetzen.
Regel Nr. 84 – Seien Sie standfest wie eine Eiche und biegsam wie ein Grashalm
Ein Grundsatz muss nicht in Stein gemeißelt sein. Sie können ihn immer wieder neu bewerten, wenn neue Gesichtspunkte auftauchen. »Es ernst zu meinen« heißt nicht, dass Sie Ihre Meinung nicht ändern können.
Als Annette und Elena zu mir zur Paartherapie kamen, hielt Annette nur noch halbherzig an der dreijährigen Beziehung fest. Sie konnte es einfach nicht länger ertragen, dass Elena ihren Eltern nicht die Wahrheit gesagt hatte – dass sie immer noch vorgab, Annette sei ihre beste Freundin und Mitbewohnerin statt ihre Lebensgefährtin.
»Es ernst zu meinen« heißt nicht, dass Sie Ihre Meinung nicht ändern können.
»Ich kann nicht damit leben, dass Elena unsere Beziehung wie ein Geheimnis behandelt, für das man sich schämen muss«, erklärte sie mir in unserer ersten Sitzung. Ihre ursprüngliche Haltung gegenüber Elena war folgende: »Wenn du es ihnen bis Thanksgiving nicht sagst, bin ich weg!« Nachdem Sie sich ein wenig beruhigt hatte, formulierte sie ihren Standpunkt neu: »Ich gehe erst wieder zu deinen Eltern nach Hause, nachdem du es ihnen gesagt hast.« Und dann, halb im Scherz: »Vielleicht gehe ich an Thanksgiving hin und verkünde es ihnen beim Essen selbst.«
Als ich für jede der beiden Frauen ein Genogramm (Familiendiagramm) erstellte, wurde ein auffälliger Unterschied in den Familienmustern deutlich. In Annettes Familie war Blut dicker als Wasser. Was zählte, war die Zusammengehörigkeit der Familie. Auch wenn Onkel Charlie sich einer sonderbaren religiösen Sekte angeschlossen hatte, gehörte er nach wie vor zur Familie und wurde immer zu Familienfeiern eingeladen.
Im Gegensatz dazu wurde in Elenas Familie Anderssein nicht toleriert. Wenn man sich mit einem Familienmitglied stritt, konnte es passieren, dass der Betreffende einem nie vergab oder nie wieder mit einem sprach. Elenas Mutter hatte zum Beispiel seit dem Tod ihrer Mutter vor acht Jahren kein Wort mehr mit ihrer älteren Schwester gewechselt. Sie hatte es ihrer Schwester nie verziehen, dass sie allein die Entscheidungen über die Pflege der Mutter getroffen hatte.
Elenas Vater wiederum hatte die Beziehung zu sämtlichen Geschwistern abgebrochen, als er sich um seinen rechtmäßigen Platz im Familienunternehmen betrogen fühlte. Er hatte auch keinen Kontakt mehr zu seinem erwachsenen Sohn aus einer früheren Ehe. Dieses Muster, Kontakte abzubrechen, ließ sich bei der Familie von Elenas Mutter wie auch der ihres Vaters mindestens drei Generationen lang zurückverfolgen.
Während der Therapie entwickelte Annette nach und nach mehr Mitgefühl für Elenas Dilemma. Sie verstand,
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