Beziehungswaise Roman
eine CT gemacht?«
Ich atme durch und versuche ruhig zu bleiben.
»Das sollte eigentlich der Arzt wissen, oder?«
»Hier steht aber nichts«, sagt er und blättert vor und zurück.
»Welche Gründe kann es haben, dass er umkippt?« Er wiegt den Kopf.
»Das kann viele Gründe haben.« Er sieht meinen Blick und fügt schnell hinzu: »Das kann wirklich viele Gründe haben, und die ernsten sind sehr ernst. Mehr kann ich nicht sagen, ohne den Patienten gesehen zu haben.«
Ich schaue ihn an. Er setzt die Brille auf. Ich senke den Blick. Wie kriege ich Far zur Untersuchung? Warten, bis er wieder umkippt, und ihn einliefern, während er bewusstlos ist? Oder verrate ich ihm, dass Tess abgetrieben hat, und wenn er dann mit Herzkammerflimmern eingeliefert wird, lasse ich ihn gleich durchchecken?
»Wäre es mein Vater, würde ich ihn möglichst schnell herbringen, nur hier bekommt er die Hilfe, die er braucht.« Ich beiße die Zähne zusammen und schaue aus dem Fenster, um es nicht an ihm auszulassen. Einatmen. Ausatmen. Das Eichhörnchen ist weg. Der Himmel ist so schön. Als ich kann, bedanke ich mich für die Auskunft und gehe.
Kapitel 28
Die Maschine ist pünktlich. Sie kommt als Erste aus der Abfertigungshalle gehastet. Ohne Gepäck und nur mit einer dünnen Jacke über ihrem Kostüm sieht sie aus, als hätte sie sich im Land geirrt. Als sie mich entdeckt, verzieht sich ihr Gesicht zu einem Strahlen. Sie eilt auf mich zu, und viele Köpfe drehen sich, um zu sehen, wer dieser Glückspilz ist, der dieser Frau ein solches Lächeln entlocken kann. Ich bin es. Der Exglückspilz. Ich öffne meinen Mantel, wie ein Exhibitionist. Sie gleitet an mich heran, legt ihre Arme um mich und versenkt ihren Kopf an meinem Hals. Ich schließe den Mantel hinter ihrem Rücken. Er geht fast zu und drückt ihren warmen Körper an meinen.
»Wie lief es?«, flüstert sie an meinem Ohr.
Ich versenke meine Nase in ihren Apfelhaaren.
»Nicht gut«, flüstere ich.
»Oh«, macht sie.
Wir halten uns eine Zeit. Dann löst sie sich etwas, gleitet aus dem Mantel, legt ihren Kopf in den Nacken und forscht in meinem Gesicht. Für einen Augenblick sieht sie ängstlich aus. Dann strafft sie sich.
»Diagnose?«
Ich ziehe die Schultern hoch.
»Sie sind sich nicht sicher. Sie wollen ihn noch mal untersuchen.«
Sie mustert mich und wartet. Ich merke, dass ich die Luft anhalte, und atme aus.
»Na ja, sie ... sie vermuten, er hat Krebs.«
Ihr Blick ruht fest in meinen Augen. Ihre Hände streicheln meine Arme.
»Wie schlimm?«, fragt sie.
Ich schaue an ihr vorbei und ziehe die Schultern hoch. Sie atmet tief durch.
»Weiß er es schon?«
Ich schüttele den Kopf.
»Ich bin direkt aus dem Krankenhaus hergekommen.« »Vielleicht ist es ja nicht so schlimm.«
»Ja.«
Auf dem Rückweg hält sie meine Hand und schaut aus dem Fenster, wo Kopenhagen an uns vorüberzieht. Ich erinnere sie daran, dass auch über uns noch niemand Bescheid weiß. Sie nickt nur und streichelt meine Hand. Mit jedem Kilometer zieht sich meine Brust mehr zusammen. Wie erklärt man seinem Vater, dass er Krebs hat? Gott, wie sage ich es Ebba? Und Sune.
Kaum ist die Wohnungstür auf, fällt Tess Ebba um den Hals und verschwindet zu Far ins Schlafzimmer. Ebba setzt sich wieder in ihren Sessel, füllt meine Tasse, lehnt sich zurück und mustert mich. Ich schütte Zucker in den Kaffee, Milch, rühre um, trinke einen Schluck, fülle ein bisschen Milch nach. Sie sitzt einfach da und wartet. Na los, sag es. Sag es, sie will es wissen, und du bist es ihr schuldig. Sag es. Jetzt.
Jetzt!
...
Schließlich druckse ich herum, dass die ihn noch mal untersuchen wollen, bevor sie eine genaue Diagnose stellen können, aber sie hätten wohl einen Verdacht, Krebs. Ich schwäche ab und lasse es klingen, als sei es die unwahrscheinlichste Wahrscheinlichkeit. Sie hört es sich an, fragtnichts, nickt bloß. Ich nippe an meiner Tasse, ohne etwas zu schmecken.
Die Kanne ist fast leer, bevor Tess und Far aus dem Schlafzimmer kommen. Tess hat rosige Wangen. Scheinbar reicht ihr Dänisch immer noch aus, um Komplimente zu verstehen. Sie setzen sich zu uns an den Kaffeetisch, trinken Kaffee und plaudern. He, ein ganz normaler Tag, oder? Far fragt kein einziges Mal nach dem Krankenhaus. Ebba lässt sich nichts anmerken, und Tess ist so froh, die beiden zu sehen, dass ihre gute Laune alles überstrahlt. Erst als ich in die Küche gehe, um neues Käffchen aufzusetzen, folgt Ebba mir. Sie legt mir
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