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Beziehungswaise Roman

Beziehungswaise Roman

Titel: Beziehungswaise Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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mich an. So kann er es noch ein paar Wochen durchziehen, also wende ich meinen Blick wieder Frauke zu, die ihr Gesicht in ihren Händen versteckt und zwischen den Fingern schnieft. Sie hat so die Schnauze voll. Alle lügen sie an. Ihr Chef. Ihre Klienten. Alle. Sie will keine Lügen mehr. Tess und Nina flüstern ihr zu, dass alles gut wird, und ich muss an Sune denken. Wie sie mit dem Jungen umging, der hingefallen war. Während Nina und Tess weitertrösten, stehe ich auf, dimme das Licht, lege Prince auf und lasse ihn Fraukes Frage stellen: What’s Wrong with the World Today? Dann gehe ich zu ihr zurück und halte ihr meine Hand hin.
    »Darf ich bitten?«
    Sie blinzelt mich erst aus nassen Augen verständnislos an und schüttelt dann den Kopf.
    »Jetzt sei kein Schlaffi«, schiebe ich nach, schnappe mir ihre Hand und ziehe sie auf die Beine. Die anderen schauen mich böse an, aber Frauke folgt in die Hallenmitte, lehnt sichgegen mich, und dann beginne ich, uns zu bewegen. Schon bald legt sie ihren Kopf auf meine Schulter. Nach Prince übernimmt Les McCann mit seiner unglaublichen Seelenstimme. Go on and Cry . Frauke macht das Gegenteil. Ihr Kopf ruht auf meiner Schulter. Ihr kräftiger Körper bewegt sich immer mehr zu der Musik. Tanzen ist auch Gott.
    Nachdem Teddy Pendergrass uns anschließend seinen technischen K.o. erklärt hat, ist es Zeit für Stufe 2. Ich flüstere Frauke was von Zusammenreißen und Verantwortung ins Ohr, sie könne nicht den ganzen Abend flennen, wenn unsere Freunde in Not seien und uns bräuchten. Sie hat natürlich keine Ahnung, wovon ich rede. Ich erkläre es ihr. Sie wirft einen Blick zu der Couch, auf der Arne und Nina nebeneinandersitzen, als hätte man sie aufgepfählt. Wenn eine Frau etwas von Arne will, muss sie den ersten Schritt tun. Aber wer traut sich das schon. Da muss man nachhelfen.
    Frauke nickt, und in ihre Augen kehrt wieder ein wenig Leben zurück. Seltsam, wie einfach das ist. Scheinbar brauchen wir nur eine klare Aufgabe. Als Teddy an Lenny Kravitz’ I Belong to You weiterreicht, gehen wir zu den anderen. Tess richtet sich etwas auf und schaut dann ein bisschen seltsam, als ich an ihr vorbeigehe und Nina auffordere. Nina nimmt meine Hand. Arne braucht etwas länger, nimmt aber dann doch Fraukes Hand, weil ihn alle anstarren. Dann ziehen Frauke und ich unseren Fang zur Tanzfläche zurück.
    Wir tanzen. Oder so. Nina bewegt sich linkisch in meinen Armen. Neben uns massakriert Arne Fraukes Zehen. Ich habe ihn noch nie etwas anderes als Pogo tanzen sehen und hüte mich, ihn zu lange anzuschauen. Tess hat verstanden und wirft mir eine Kusshand zu. Ich küsse zurück, tausche einen Blick mit Frauke, und als Kravitz an Costello weiterreicht, lassen wir unseren Tanzpartner los, schnappenunsere Hände und tanzen los. Arne und Nina stehen da wie begossene Pudel. Sie wirft ihm einen Blick zu. Er macht einen unsicheren Schritt auf sie zu und bleibt dann wieder stehen, bis sie seine Hände nimmt. Und dann, Herr im Himmel, tanzen sie.
    Frauke starrt sie an.
    »Nicht zu fassen. Arne tanzt.«
    Sie grinst ganz offen rüber. Verdammte Kiffer!
    »Sag’s ein bisschen lauter, grins ein bisschen mehr, und man wird nie deine Leiche finden. Maden werden deine Gebeine abnagen, Klienten werden dich missen, Cannabisfelder werden verrotten ...«
    »Schon gut«, kichert sie und schmiert sich endlich das Grinsen aus dem Gesicht, bevor Arne es sieht und uns alle exekutiert. Allerdings ist ihr Pokergesicht auch nicht viel besser, da in allen Ecken ein bekifftes Grinsen hervorlugt. Gott, wie schaffen Kiffer es bloß, so selten was aufs Maul zu bekommen? Dass sie sich nicht selbst prügeln, o.k., dazu sind sie vielleicht zu entspannt, aber wenn sie auf Leute treffen, die sich nicht gerne auslachen lassen, müssten sie eigentlich mit einem Bein im Grab stehen.
    »Hör mal, wegen dem Arschloch ... Ich denke, es ist der richtige Zeitpunkt, ihn abzuservieren.«
    Sie löst ihren auffällig unauffälligen Blick von den beiden und schaut mich merkwürdig an.
    »Nenn ihn nicht so. Und ich will auch nicht darüber reden.«
    »Toll.«
    Ihr Blick wird trotzig.
    »Ist meine Sache, oder? Und bei euch? Alles in Ordnung? Hat sie herausgefunden, dass du rumbumst?«
    Ich werfe einen schnellen Blick zu Tess rüber.
    »Nein, wie sollte sie?« Ich starre Frauke an. «Ist dir zufällig etwas rausgerutscht?«
    Sie schüttelt den Kopf.
    »Nein, aber ihr wirkt so ...«, sie sucht nach Worten, »verliebt. Wie frisch

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