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Beziehungswaise Roman

Beziehungswaise Roman

Titel: Beziehungswaise Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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Reißverschluss. Und schon tritt sie ihre Stiefel ab. Und schon zerre ich ihre Hose runter. Und schon reißt sie mich an den Haaren wieder hoch und presst ihre Zunge in meinen Mund. Und schon gleitet meine Hand in ihren Slip. Und schon macht sie wieder diese Geräusche. Und schon finden meine Finger Heißes, Nasses. Und schon reibt sie meine Hose. Und schon taumeln wir in Richtung Bett. Und schon lassen wir uns fallen. Und schon ...
    Im Nachhinein kann man immer alles hineininterpretieren, doch es gibt einfach Augenblicke, die sind nicht von hier. Manche nennen es Fügung. Manche nennen es Zufall. Ich weiß nicht, wie ich es nennen soll, aber als wir auf dem Bett landen, passiert es. Eben, im Stehen, waren wir Frau und Mann, erhitzt, erregt, willig. Auf dem Bett landen wir als Freunde. Für ein paar Augenblicke machen wir noch weiter, weil Hände und Münder sich weigern, es einzusehen, doch meine Erektion stirbt schneller als Menschenrechte im Krieg.
    Wir liegen still. Nach einem Moment öffnet Tess ihre Augen und mustert mich. Dann dreht sie den Kopf zur Seite, um ihre Enttäuschung zu verbergen. Ich streichele entschuldigend über ihre Brüste, die ich eben noch so rau angefasst habe, dann wird sogar das zu intim, und ich ziehe ihr Shirt ein Stückchen runter.
    Die Zimmertür öffnet sich. Frauke steckt den Kopf herein. »Sagt mal, habt ihr ...«
    Sie sieht uns auf dem Bett und verstummt. Dann beginnt sie von einem Ohr zum anderen zu grinsen. Nach einem Moment zieht sie den Kopf wieder ein und schließt die Tür leise. Ich schaue Tess an, die ihren Kopf noch immer abgewendet hat. Dann richte ich mich etwas auf.
    »Tess . «
    Sie liegt noch einen Augenblick mit abgewandtem Gesichtda, dann wendet sie es mir zu und schaut mich an. Zu meiner Überraschung stehen ihr keine Tränen in den Augen, sondern Erleichterung. Ich zwinkere ein paarmal. Ja. Eindeutig Erleichterung.
    »Weißt du, wenn ...«, beginnt sie. Sie räuspert sich und setzt noch mal an. »Also, wenn ich das vorher gewusst hätte, hätte ich dir viel früher ein Handy gekauft.«
    Ich brauche ein paar Momente, um zu verstehen, dass sie meine eigene Taktik anwendet. Und sie funktioniert, ich muss lachen, und schon verändert sich die Atmosphäre im Zimmer. Einfach so.
    Sie drückt mir einen Kuss auf die Wange und schiebt mich von sich herunter. Mit einer schüchtern wirkenden Bewegung zieht sie sich das Shirt zurecht. Sie stemmt die Fersen gegen die Matratze, hebt ihr Becken an und zieht sich die Hose hoch. Als sie den Reißverschluss hochzieht, erinnert mich das Geräusch an den Sound, mit dem sie in Filmen die Leichensäcke zuziehen. Passt. Hinter diesem Reißverschluss liegt die Leiche eines Sexuallebens. Todeszeitpunkt: vor zwei Jahren. Todesursache: unbekannt. Obduktion: nicht mehr notwendig. Ruhe in Frieden. Amen.
    Tess rutscht neben mich auf die Bettkante und wackelt mit ihrem Fuß.
    »Wäre der teuerste Sex der Geschichte geworden.«
    Ich knie mich vors Bett, nehme ihren rechten Fuß in meinen Schoß und greife mir einen ihrer Stiefel.
    »Warum?«
    »Wegen der Konventionalstrafe.«
    Ich streife ihr den Stiefel über den Fuß und schaue sie fragend an. Konventional... Mein Gehirn braucht einen Augenblick, doch dann stellt es Zusammenhänge her, und ich verharre.
    »Du hast die Verträge unterschrieben?«
    Sie schüttelt den Kopf.
    »Noch nicht. Ich habe sie mitgebracht. Ich will sie unterschreiben, während du dabei bist.«
    Ich schaue sie überrascht an.
    »Wieso?«
    »Weil ich das möchte.«
    »Ach so.«
    Wir mustern uns. Sie legt mir den anderen Fuß in den Schoß. Ich streife ihr den zweiten Stiefel über. Sie setzt beide Füße auf den Boden und stampft ein paarmal.
    »Und wieso Konventionalstrafe?«
    »Weil ich nicht weiß, was ich getan hätte, wenn wir miteinander geschlafen hätten«, sagt sie, ohne mich anzuschauen.
    Ich setze mich neben sie auf die Bettkante und versuche mein dummes Herz zu ignorieren.
    »Was glaubst du denn, was du getan hättest?«
    »Es noch mal. Und noch mal«, sagt sie und versucht ein Lächeln. Als ich nicht einsteige, zuckt sie die Schultern. » Das Problem ist ...«, sie zögert, »es ist gerade so schön mit dir.« Sie schaut immer noch nach vorne. »Mehr als schön.«
    »Finde ich auch.«
    »Du wirst mir sehr fehlen.«
    »Du mir auch «, sage ich und kämpfe gegen das Gefühl der Enttäuschung an, das sich in mir ausbreitet. Herrje, diese dämliche Hoffnung. Ist ihr eigentlich scheißegal, worauf sie hofft? »Das

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