Beziehungswaise Roman
gegangen. Prima.
Ich werfe den Napf über die Mauer, packe den Champagner und gehe wieder rein. Als ich die Flasche öffne, kneift Frauke die Augen zusammen und mustert mich durch eine Rauchwolke. Während ich in den USA war, muss sie die ganze Bude vergeblich nach dem restlichen Champagner durchwühlt haben, und jetzt ziehe ich ständig neue Flaschen hervor. Ich reiche jedem ein Glas, nur ihr nicht. Sie nennt mich einen Gauner. Ich drohe ihr mit einer zivilrechtlichen Klage. Sie sagt, Fakten könnten keine Beleidigungen sein. Sie fragt, was ich plötzlich gegen sie habe. Ich sage, sie solle aufhören, die verdammte Katze zu füttern. Sie sagt, sie sei einsam. Ich gebe zurück, ich wisse nicht, ob sie sich oder die Katze meine, aber beides sei noch lange kein Grund, in den Hof zu pissen. Sie lacht nicht, senkt den Blick und wirkt so zerknirscht, dass ich ihr sofort ein Glas in die Hand drücke.
Wir prosten auf meinen Auftritt und das Leben an sich, und bevor mich jemand fragen kann, wie es in Dänemark war, quetsche ich mich neben Arne, schnappe mir den anderen Controller und nehme den Kampf auf. Man kann übers Zocken sagen, was man will, und viele tun das ja auch, aber es ist nicht ganz so schlimm. Klar, es ist eine Schande, dass so viele Jugendliche Jahre ihres Lebens vor der Mattscheibe verballern. Aber. Gemeinsam Ballern macht Spaß und ist sozialinformativ, denn man lernt seine Freunde besser kennen. Ich zum Beispiel bin ein schlechter Verlierer. Das hat den Vorteil, dass ich mich anstrenge, um nicht zu verlieren. Dadurch verliere ich seltener. Was Spaß macht. Arne dagegen ist es am wichtigsten, sich nichtsanmerken zu lassen. Dadurch verliert er manchmal, weil er lieber taktisch cool bleibt, statt schreiend und fluchend auf Dauerfeuer zu stellen und einfach draufzuhalten, was bei vielen Ballerspielen eine dezidierte Möglichkeit darstellt, seine Überlebenschancen zu potenzieren. Arne stirbt lieber, als Emotionen zu zeigen. Er ist der kühle Stratege, ich der impulsive Unternehmer. Während er noch die Lage sondiert, sitze ich längst in der Patsche, und er muss mich retten, weil wir ja ein Team sind. Diese Aliens sind schnell, tödlich und können im Dunkeln sehen. Das gleichen wir durch die Kombination unserer Charaktereigenschaften aus: Ich renne schreiend voraus, ballere auf alles, was zuckt, locke die Biester aus der Deckung, und wenn sie über mich herfallen, ploppt Arne sie eiskalt aus dem Hintergrund weg. Mann, macht das Spaß. Irgendwann hören sogar die Frauen auf zu reden und schreien Achtung! Da! Links! LINKS!! Durch diese eklatante Links-rechts-Schwäche, von der erstaunlich viele Frauen betroffen sind, kommen wir schwer unter Druck. Es ist wie ein neues Schwierigkeitslevel. Frauen. Sie wollen nur helfen, und plötzlich sind alle tot. Natürlich sind wir schuld, weil wir nicht auf sie gehört haben. Klar. Es artet etwas aus, und plötzlich haben wir hier einen Mann-Frau-Konflikt, was echt super ist, wenn man in der Unterzahl ist und fünfzig Prozent der eigenen Mannschaft nichts sagt.
Um heute noch aus der Nummer wieder herauszukommen, verteile ich den restlichen Flascheninhalt auf die Gläser und erkläre Frauke dabei noch einmal, dass ich eine Katzenhaarallergie habe und auch sonst kein Freund von Katzenurin bin. Sie schaut mich mit großen Augen an, senkt den Blick, schlägt die Hände vors Gesicht und beginnt zu weinen. Alle schauen mich böse an. Was habe ich jetzt wieder angestellt?
Alle versammeln sich um Frauke, streicheln und trösten,und schließlich rückt sie mit der Sprache raus: Das Arschloch hat seine Frau geschwängert. Soll ein Unfall gewesen sein. Klar. So wie es ein Unfall ist, wenn jemand stirbt, auf den man zweihundertmal schießt. Auch dieser Spruch bringt mir böse Blicke ein, also beschließe ich ab jetzt, die Klappe zu halten. Ich habe es eh nie verstanden, dass Frauen keine Ratschläge haben wollen, sondern Trost. Welchen Sinn macht es, jemanden zu trösten, der seine Fehler ständig wiederholt? Aber vielleicht muss ja nicht alles immer Sinn machen. Aber warum eigentlich nicht? Ohne Sinn ist doch alles sinnlos. Hallooo! Da sitzt Frauke und weint! Vielleicht verschiebst du deine Hirnakrobatik aufspäter und kümmerst dich mal! Ja. O.k. Aber wie? Wie hilft man einer Frau, die beschlossen hat, ein Arschloch zu lieben und keinerlei Kritik an ihm zu dulden? Hm.
Arne merkt, dass ich ihn anschaue. Er dreht den Kopf ein wenig und mustert mich. Ich schaue ihn an. Er schaut
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