Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beziehungswaise Roman

Beziehungswaise Roman

Titel: Beziehungswaise Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
Vom Netzwerk:
kaufen, aber so ist sie: Wenn sie dich ins Herz geschlossen hat, musst du schon auf sie schießen, bevor sie dich wieder rausschmeißt.
    Sie erkennt endlich die Uhrzeit, hebt den Blick wieder und schaut mich an.
    »Wie lange bleibst du?«
    »Bis morgen.«
    »Gut«, sagt sie und kuschelt sich an mich. »Ich muss noch mal in den Kindergarten, aber ich komme nachher rüber und bleibe über Nacht. Versuch herauszubekommen, was los ist, und lass dich nicht einlullen – irgendwas ist mit ihm, verstehst du?«
    Sie forscht in meinen Augen. Ich drücke ihr einen Kuss auf die Stirn.
    »Ja, ich denke schon, dass ich verstehe, und wenn nicht, erklärst du es mir sicher noch mal.«
    »Ja«, sagt sie, absolut frei von Ironie.
    Ich lächele. Die Tür zur Außenwelt öffnet sich automatisch. Wir treten hinaus in den Winter und atmen erleichtert die eiskalte, klare Luft ein. Noch mal davongekommen.

 
Kapitel 12
    Die Wohnung sieht aus wie immer. Ebba und Far haben sie vor dreißig Jahren bezogen und zahlen wahrscheinlich weniger Miete, als ich gestern versoffen habe. Kein Vermieter hat hier in den letzten Jahrzehnten Zwischenwände rausgerissen, und so hat die Wohnung noch den alten Schnitt aus glorreichen Tagen, als es noch Familien gab und man viele Räume brauchte. Es gibt keine Badewanne, dafür ist das Badezimmer rundherum gekachelt. Wenn man duschen will, wirft man den Vorleger raus, und schon wird das Badezimmer zu einer Duschkabine, auf die sogar Amis neidisch wären. Danach geht man mit einem Scheibenwischer über die Kacheln, legt den Vorleger wieder ein und schwupps – Badezimmer. Das und die selbst gebaute blaue Küche, die frische Luft im Schlafzimmer, die Süßigkeiten im Wohnzimmer, die Bücherwand im Esszimmer liebe ich, aber mein Favorit ist die Fotowand von den Kindern, die die beiden gesittet haben. Eine Wand voll lachender Gesichter, die nach unten hin immer älter werden. Wie viele Stunden saß ich hier schon und hörte zu, wie Far und Ebba Anekdoten zu den verschiedenen Kids auspackten. Wenn jemand mal hier einbricht und etwas klaut, obwohl er diese Wand sieht, würde ich ihm die Haftstrafe verdoppeln.
    Nachdem ich meinen Rundgang beendet habe, ist bereits gedeckt und serviert. Wir setzen uns ins Esszimmer, trinken Käffchen und knabbern Süßigkeiten. An der Wand istseit meinem letzten Besuch kein Bild hinzugekommen. Die zweite Generation ist erwachsen. Jetzt wird sehnsüchtig auf die dritte gewartet.
    Ich nehme einen Schluck aus der kleinen Porzellantasse, nicke Ebba anerkennend zu und schaue Far an.
    »Du bist also umgekippt.«
    Er schüttelt sofort den Kopf.
    »Ich bin nicht umgekippt, ich hab im Keller gearbeitet, dann wurde mir ein bisschen schlecht.«
    »Und dann ist er umgekippt«, fügt Ebba hinzu.
    »Hab was Falsches gegessen«, sagt er. »Passiert hier schon mal.«
    Er fängt sich einen Klaps von Ebba ein.
    »Da siehst du es, kein Wunder, dass ich umfalle«, jammert er. »Wenn keiner da ist, schlägt sie mich richtig zusammen.«
    Er ruckt den Kopf hin und her und zieht Grimassen, als würde er linke und rechte Haken einstecken. Ich schaue Ebba an.
    »Was genau wurde im Krankenhaus gemacht?«
    »Sie haben ihm Blut abgenommen und ihn untersucht.« »Hoffentlich finden sie nicht heraus, was ich neulich über die Königin gedacht habe«, kichert er und steckt sich Lakritze in den Mund. »Freut mich übrigens mit Tess.«
    Mein Herz stolpert. Ich schaue ihn an. Er breitet die Hände aus.
    »Na, dass sie nicht mitgekommen ist. Du willst sie in der Schwangerschaft nicht fliegen lassen, das ist sehr vernünftig.«
    Ebba lächelt mich an.
    »Tess ist schwanger?«
    »Nicht das ich wüsste«, sage ich.
    Sie wirft Far einen Blick zu. Er runzelt die Stirn.
    »Also werde ich wieder nicht Opa?«
    »Falls du mir nicht ein paar Geschwister verschwiegen hast ...«
    Er seufzt und wirft Ebba einen dramatischen Blick zu. »Ist das mein Junge?«
    »Weiß man’s?«, sagt Ebba. »Ich werde mal mit dem Kochen anfangen.«
    Sie steht mühsam auf. Far seufzt kopfschüttelnd.
    »Ich komme gerade aus dem Krankenhaus, und sie versucht es schon wieder ...« Er starrt sie anklagend an. »Hast dir wohl einen anderen angelacht, während ich drin war, ja? Wer ist es, Olsen aus dem vierten Stock? Hat er schon dein Essen probiert?«
    Ebba küsst ihn auf die Wange und geht in die Küche. Far reibt sich die Wange und macht Oooohh, aber er sieht wirklich müde aus. Er beugt sich etwas vor und schaut mich verschwörerisch an.
    »Lust auf

Weitere Kostenlose Bücher