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Beziehungswaise Roman

Beziehungswaise Roman

Titel: Beziehungswaise Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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mich urteilen kannst?«
    Sie forscht in meinen Augen nach einem Zeichen, dass ich Spaß mache. Als sie nichts findet, wird ihre Miene zerknirscht. Sie öffnet den Mund, um etwas zu sagen.
    »Davon abgesehen«, komme ich ihr zuvor, »würde ich sie natürlich gerne flachlegen.«
    Sie atmet ein und starrt mich an. Einen beängstigend langen Augenblick weiß ich nicht, was sie als Nächstes tun wird. Dann lehnt sie sich zurück und lässt ihren Blick durch den Laden schweifen. Ich nippe an meiner Flasche und lasse meinen Blick durch den Laden schweifen. Es gibt keinen Flipper oder Spielautomaten oder Sonstiges, was die Lebensqualität mindern könnte, also sitzen wir einfach da und genießen es, entspannt mit einem Bier in einer guten Kneipe zu hocken, und zwar in bester Gesellschaft, der man nichts vormachen muss.
    »Guter Laden. Warst du hier schon mal?«
    »Pffft, pffft, pffft ...«, macht sie wieder, ohne mich anzuschauen.
    »Nein, schau doch nur, hier drin gibt es keine Tussen, weder männliche noch weibliche. Niemand ist auf Püppchen, Bitch, Gangsta oder MTV-Lusche zurechtgemacht.« »Pffft, pffft, pffft.«
    Ich muss lachen.
    »O.k., ich geb’s zu, ich könnte wirklich mal wieder. Ich meine, zwei Jahre kein Sex, Himmel, ich weiß wirklich nicht, ob es noch Blut ist, was in meinen Adern fließt ...« Ihre Mundwinkel zucken leicht.
    »Bleib schön auf deiner Seite, ja?«
    Ich halte ihr meine Flasche hin. Sie stößt ihre leicht dagegen. Alles wieder gut.
    »Und was ist mit dir?«, sage ich.
    »Was soll denn sein?«
    Sie tut, als wüsste sie nicht, was ich meine. Ich schaue sie bloß an, bis sie abwinkt und den Blick durch den Laden schweifenlässt. Ich nippe an der Flasche und warte, bis ihr Blick zum Tisch zurückkehrt. Sie zieht ihren Kopf zwischen ihre Schultern, als würde sie sich gegen kalten Wind schützen. »Ach, halt mich da raus. Ich mag mein Leben, so wie es ist. Es ist stressig, aber gut. Die Arbeit mit den Kids ist einfach toll. Neulich hat mir einer eine Karte aus Senegal geschrieben, der vor fünfzehn Jahren bei mir war. « Sie schaut mir in die Augen. »Vor fünfzehn Jahren, verstehst du?«
    »Das ist schön.«
    »Ja«, sagt sie und nickt mehr zu sich selbst. Dann schaut sie mich wieder an. »Und wenn ich einen Mann kennen lerne, muss ich mein Leben umstellen. Kaum habe ich es umgestellt, zieht er mit einer anderen weiter. Der Aufwand lohnt sich einfach nicht.«
    »Für den Richtigen schon.«
    Sie schnaubt.
    »Du hast die Richtige und machst trotzdem rum.«
    Ich lächele nichtssagend und senke meinen Blick. Vielleicht sollte ich es ihr einfach sagen, irgendwann kriegen sie es eh alle raus, und dann ist es besser, jemanden auf meiner Seite zu haben. Wenn doch bloß nicht alle Tess so lieben würden. Ich erinnere mich an Frauen, denen sie keine Träne nachweinten. Einmal stand Far sogar auf und applaudierte, als ich ihm unter Tränen mitteilte, dass ich verlassen worden war.
    »Dieses ganze Theater ...«
    Ich hebe meinen Blick und warte, dass sie weiterspricht, aber sie schüttelt nur den Kopf und trinkt einen Schluck. Die Kellnerin schaut fragend rüber. Ich nicke ihr ein klares Ja rüber, auch wenn es sich nur um zwei neue Bier handeln sollte.
    »Wenn sich jeder mit derselben Energie in die Beziehung wie ins Nachtleben stürzen würde, statt nach dem ersten Problemchen schreiend das Weite zu suchen ...«
    Sie verstummt wieder. Ich zucke die Schultern.
    »So sind die Zeiten eben. Jeder will sich selbst verwirklichen.«
    »Selbstverwirklichung ...«, sagt sie und zieht eine Grimasse. »Egozentrik und Psychose, wenn du mich fragst.« »Nenn es, wie du willst, scheinbar ist es wichtig, sonst würden nicht so viele danach streben.«
    Sie beginnt, nachdenklich an dem Flaschenetikett zu pulen.
    »Wenn ich einen Mann treffen sollte, der mich respektiert, obwohl ich keinen Konzern leite oder magersüchtig bin, wie erkläre ich ihm dann, dass ich eine normale Beziehung haben will? Ich koche, er repariert Dinge, ich mache den Haushalt, er seinen Job, und am Wochenende fahren wir zusammen ins Sommerhaus.«
    Ich lächele.
    »Du willst eigentlich mit Far zusammen sein.«
    Sie stöhnt. Meine Kellnerin bringt zwei neue Bier, dabei lächelt sie zuerst Sune an, die aber damit beschäftigt ist, das Flaschenetikett in Streifen abzureißen. Als sie mir mein Bier hinstellt, lächelt sie mich kurz an. Ich lächele zurück. Sie wirft einen Blick zu Sune, die aber voll konzentriert das Etikett zu einer Kugel zusammenrollt.

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