Beziehungswaise Roman
Kronen in die Hand. Für eine Brause. Wir knutschen sie lachend ab. Manche Dinge ändern sich nie. Gott sei Dank.
Kapitel 13
Die Bar ist halb leer und viertel dunkel. Meine Augen sind nicht mehr das, was sie mal waren, aber nicht mal sie können die Kellnerin übersehen. Eine klassische Skandinavierin: selbstbewusst, sportlich, blond und ein breiter Mund, der schnell für ein Lächeln zu haben ist. Wir rutschen hinter einen freien Ecktisch, und Sune zieht sofort eine Grimasse.
»Mach das nicht vor meinen Augen.«
»Was denn?«
»Ja, was denn«, sagt sie und wirft einen Blick zu der Kellnerin rüber.
»Die ist doch klasse.«
»Das ist Tess auch«, sagt sie.
Aber hallo. Doch Tess ist nicht mehr zuständig. Schon lange nicht. Und ich habe mich nach meiner Erfahrung mit BH in eine so asexuelle Wellnessdecke eingerollt, dass nicht mal Michelle Pfeiffer mir noch ein Zucken entlocken könnte. Gott, was passiert wohl, wenn ich nach zwei Jahren zum ersten Mal wieder Sex habe? Werde ich das Bewusstsein verlieren? Sollte ich den Akt besser unter ärztlicher Aufsicht vollführen? Frauke hat unrecht: Man vergisst nicht, wie schön Sex ist, wenn man lange ohne lebt. Leider.
Sune beugt sich etwas vor.
»Hör auf«, sagt sie leise, aber bestimmt.
Ich löse meinen Blick von der Kellnerin und mustere stattdessen meine prüde Schwester.
»Stell dich nicht so an, ich guck doch nur.«
Sie spitzt die Lippen und mustert mich bitter.
»Ich stell mich bestimmt nicht an! Es sind schließlich die Männer, die immer rumbumsen!«
Alle paar Jahre Sex würde ich auch nicht zwingend als Rumbumsen definieren, aber Sune ist in dem Punkt sensibilisiert. Fast alle ihre Expartner haben sie betrogen, und jetzt ist jeder Anflug von Promiskuität in ihren Augen verachtenswert. Manchmal mache ich mir einen Spaß, ihr Tierarten aufzuzählen, bei denen Rumbumsen Voraussetzung fürs Überleben ist, aber da das Thema Fortpflanzung ebenfalls heikel ist, zucke ich die Schultern.
»Ich hatte heute Nacht Spaß und bin eben noch etwas angefixt.«
Ihre Miene schlägt um und wird fast hoffnungsfroh. »Ihr schlaft wieder miteinander?«
»Nein, sie waren schwul.«
Sie lacht nicht und mustert mich. Ich weiß nicht, was ihr mehr Sorgen macht, das Geschlecht oder der Plural. Mal wieder frage ich mich, wie sie es schafft, bei Fars Dauerbeschuss so humorlos zu sein. Ein großes, ungelöstes Rätsel der Menschheit.
»Keine Sorge, es ist nichts passiert, und wenn, wäre es nur ein Karnevalsmalörche gewesen«, lege ich nach.
Sie runzelt die Stirn.
»Ein was?«
»Das bedeutet, dass es nicht so schlimm ist.«
»Sieht Tess das auch so?«
Ich nicke.
»Für sie wäre es nicht schlimm, weil sie es nicht wüsste. Entspann dich, ich bin aus Versehen auf einer Schwulenparty gelandet, aber außer mieser Musik ist mir nichts zugestoßen.«
Sie schüttelt den Kopf, lehnt sich zurück und zieht beideHände in ihren Schoß. Sie hätte mich lieber erzmonogam, verheiratet, mit Kindern gesegnet und, seit eben, auch hetero.
Die Kellnerin kommt zum Tisch, grüßt und fragt nach der Bestellung. Sie sieht nicht nur klasse aus, sie spricht auch noch breitestes Kopenhagenerisch. Ich bestelle zwei Tuborg. Sie lächelt zurück. Sune mustert uns argwöhnisch. Die Kellnerin wirft ihr einen entwaffnenden Blick zu und geht zur Theke zurück. Ich schaue ihr nach. Gott, jetzt reagiere ich schon auf Kellnerlinguistik.
»Ich meine es ernst. Hör auf damit. Ich will nicht, dass mein Bruder auch so eine Luftpumpe ist.«
Luftpumpe.
Ich verkneife mir den Kommentar, weil die Kellnerin uns das Bier bringt. Ich muss mich zwingen, ihr nicht auf den Mund zu schauen, kann aber ein weiteres Lächeln nicht vermeiden. Sie wirft ein schöneres in die Runde und zieht weiter.
»Pffft, pffft, pffft ...«, macht Sune.
Ich schaue sie an.
»Was hast du bloß für ein Problem? Wenn sie ein Mann wäre, wäre es dir schnurzegal, ob ich sie anlächele. Aber weil sie eine Frau ist, drehst du gleich am Rad.«
Sie zielt mit ihrer Flasche auf mich.
»Du lächelst ja auch nur, weil sie eine Frau ist.«
»Nein, ich lächele, weil sie klasse ist.«
Sie winkt ab.
»Ach, ich kenne dich doch. Prost.«
Sie hält mir ihre Flasche entgegen, doch statt meine dagegenzustoßen, schaue ich sie ernst an.
»Falsch«, sage ich, »du kennst deine Extypen und schließt von denen auf mich, und das ist nicht fair. So siehst du mich? Als notgeilen Schürzenjäger? Sehen wir uns wirklich oft genug, dass du so über
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