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Beziehungswaise Roman

Beziehungswaise Roman

Titel: Beziehungswaise Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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wir abgeschirmt sind, und ziehe mein ganzes Geld aus der Tasche. »Ich gebe dir tausendachthundert Kronen.« Ich schaue ihn wieder an. »Und du tust mir einen Gefallen.«
    Er schaut auf das Geld. Dann suchen seine Augen in meinen. Scheinbar findet er dort etwas, was er versteht, denn er schaut sich um.
    »Name?«
    Ich buchstabiere und drücke ihm das Geld in die Hand. Er nimmt es an sich und steckt es schnell ein.
    »Warte hier.«
    Er geht los. Ich schaue ihm mit dem unbestimmten Gefühl nach, etwas Falsches getan zu haben. Ich habe noch nie jemanden bestochen. Eigentlich nicht schlimm. Eigentlich ein Scheißgefühl. Die Zeit vergeht. Wenn Pfleger Betten an mir vorbeirollen, wende ich den Blick ab. Ich versuche ihn irgendwo zu parken, wo er in Sicherheit ist, aber ich finde keinen Ort. Bis ich die Augen schließe. Dunkel. Ich muss an den alten Witz denken: Eines Tages wird das alles mir gehören. Herrje...
    Ich öffne die Augen. Immer noch niemand zu sehen. Ich will mich gerade von der Wand abstoßen, als er aus einem Zimmer herauskommt und auf mich zusteuert. Schon von Weitem wirkt er unwillig. Er bleibt vor mir stehen, schautsich um und streckt mir seine Hand mit dem Geld entgegen.
    »Tut mir leid.«
    Mein Magen krampft sich zusammen.
    »Wie meinst du das?«
    Er wedelt mit der Hand, die das Geld hält.
    »Ich bin kein Arzt.«
    Ich nicke und versuche verständnisvoll zu wirken.
    »Wenn ich keine Informationen habe, kann ich bei der Visite keine Fragen stellen.«
    Er schaut an mir vorbei, bekommt einen steifen Blick, drückt mir das Geld in die Hand und wendet sich ab.
    »Tut mir leid«, sagt er und eilt los. Es wirkt wie eine Flucht.
     
    Als ich zurückkomme, tigert Sune vor dem Zimmer auf und ab. Es war immer noch kein Arzt da. Mittlerweile ist es halb acht, und Sune nähert sich dem kritischen Punkt. »Hast du jemanden erwischt?«
    »Nein«, sage ich und werfe einen Blick auf die leere Besucherecke. »Wo ist Ebba?«
    Sie nickt den Gang hinunter.
    »Auf der Toilette.«
    Sie schaut den Gang runter, dreht dann den Kopf und schaut in die andere Richtung. Dann schüttelt sie ihn und heftet ihren Blick auf mich.
    »Hauen wir ab.«
    »Und die Visite?«
    Sie spreizt die Hände.
    »Siehst du eine?«
    Ein Stück den Gang runter öffnet sich eine Tür, und Ebba kommt heraus.
    »Wir können nicht gehen, ohne irgendwas in Erfahrung gebracht zu haben.«
    »Wir können auch nicht den ganzen Tag hier herumhängen. Ebba schafft das nicht.«
    Ebba kommt näher und bleibt vor uns stehen. Sie sieht müde aus.
    »Gibt es was Neues?«
    Sune nickt.
    »Ja, wir gehen.«
    Ebba schaut sie an, dann mich. Ich schaue Ebba an. Sie schaut Sune wieder an.
    »Und Far?«
    »Nehmen wir mit.«
    »Und die Visite?«
    »Die können uns mal«, faucht sie.
    Ebba schaut den Gang rauf, dann den Gang runter.
    Als wir ins Zimmer kommen, sind die anderen Patienten wach, doch zwei davon wirken, als wären sie es nicht gern. Einer mustert einen stummen Bildschirm, der andere die Decke. Der dritte hört Musik von einem Walkman. Far starrt aus dem Fenster. Ohne sein Hörgerät bemerkt er uns erst, als wir neben dem Bett stehen.
    »Da seid ihr ja«, sagt er erleichtert.
    Ebba setzt sich neben das Bett und nimmt seine Hand. »Wie fühlst du dich, Schatz?«
    »Ich will nach Hause.«
    »Ja«, sagt sie.
    Sune beginnt seine Kleider aus dem Schrank zu holen. Er schaut sie an, dann schaut er Ebba an, und in seinen Augen liegt Hoffnung.
    »Gehen wir?«
    Ebba nickt, und in seinem Gesicht breitet sich die Freude aus wie Wellen über eine Wasseroberfläche. Ich schaue aus dem Fenster, bis meine Augen aufhören zu brennen.

 
Kapitel 24
    Am frühen Nachmittag kommen wir endlich in der Wohnung an. Kaum hatten wir Far aus dem Bett und wollten das Zimmer verlassen, kam eine Schwester angelaufen. Keine Ahnung, ob sie uns des Rentnernappings verdächtigte, jedenfalls versprach sie tatsächlich, einen Arzt herbeizuschaffen, falls wir kurz warten könnten. Wir machten es uns noch mal in der Sitzecke unbequem und warteten. Nach einer kleinen halben Stunde kam tatsächlich ein Arzt. Leider war er nicht zuständig und schlug vor, die Visite abzuwarten. Sune war kurz davor, mit ihm den Boden aufzuwischen, also gaben sie Far schließlich her. Auf eigene Gefahr. Doch das war der Aufenthalt wohl auch. Übermorgen haben wir einen Termin, um mit dem zuständigen Arzt zu sprechen. Hoffentlich findet er zwei Sekunden Zeit.
    Wir brauchen ewig die Treppe hoch. Far scherzt über seine Schwäche,

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