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Beziehungswaise Roman

Beziehungswaise Roman

Titel: Beziehungswaise Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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und ein Klettergerüst. Alles aus Holz. Über dem Gebäude hängt ein handgemaltes Schild: Vandpytten. Die Pfütze. Sune erklärt, dass die Kinder sich den Namen ausgesucht haben. Mein Mund verzieht sich zu einem Grinsen. Kids. Sie können eine Pfütze so toll finden, dass sie ein Haus danach benennen. Als wir auf den Hauseingang zugehen, werden wir entdeckt, und schon fallen dick eingepackte Schreihälse über uns her. Ein paar hängen sich an unsere Arme, ein paar setzen sich auf unsere Füße und klammern sich an unsere Beine und rufen Los! Los! Na klar doch, gleich kippe ich um.
    Irgendwie schaffen wir es in die Pfütze, ohne jemanden totzutrampeln. Schon kommt Sunes Kollegin um eine Ecke gesaust, um zu sehen, was hierfür ein verfluchter Krach ist ! Sune stellt mich vor. Sisse, Lasse, Lasse, Sisse. Ein niedlicher Name für einen Berg von Frau. Mit ihrer massigen Gestalt und der Stimme eines Kutschers prädestiniert für den Job als Gefängniswärterin. Arme Kids. Oder auch nicht, denn sie hat ein Baby auf dem Arm und einen etwadreijährigen Jungen auf dem rechten Fuß und geht mit beiden um, als wären sie angewachsen. Doch jetzt hat sie erst mal keine Augen für die Kinder, denn, ein Mann, im Kindergarten ... Sune schickt mir ein sadistisches Grinsen rüber und verschwindet, um das Frühstück vorzubereiten. Sisse unterbricht ihr Gebalze, um einen Luke anzubrüllen, er solle gefälligst Claras Haare loslassen! Der Junge purzelt vor Schreck auf den Hosenboden und schaut sie unsicher an. Sisse richtet einen Finger auf ihn und macht ein schmatzendes Geräusch mit dem Mund. Seine unsichere Miene verwandelt sich sofort in Gewissheit. Er lacht ein helles Kinderlachen und läuft los, um irgendwo irgendetwas anderes anzustellen. Sisse nimmt den Faden wieder auf, ein Mann, im Kindergarten ... dabei wiegt sie das Baby und zuckt mit dem Fuß, dass der Dreijährige sich mit aller Kraft an ihr Schienbein klammern muss, um nicht herunterzufallen. Sie bietet mir gerade eine Führung durch die anderen Räume an, als Sune sie ruft: Tamina kotzt wieder. Sisse drückt mir das Baby in die Arme und eilt los. Den Jungen auf ihrem Fuß hat sie scheinbar vergessen. Er wird kräftig durchgeschüttelt und klammert sich mit der konzentrierten Miene eines Kindes, das die Welt retten will, an ihr Bein. Als sie um die Ecke biegt, ist es um ihn geschehen. Er purzelt herunter. Für einen Augenblick wirbeln Empfindungen über sein Gesicht, Schmerz, Enttäuschung, Angst. Da ertönt das schmatzende Geräusch wieder, und sofort schlägt seine Miene in Freude um. Er kämpft sich auf die Beine und stürmt hinter Sisse her.
    Für einen Augenblick sinkt die Geräuschkulisse unter Flughafenniveau. Das Baby schlägt die Augen auf und schaut mich verkniffen an. Irgendwo habe ich mal gelesen, dass Babys in den ersten Monaten alles auf dem Kopf sehen, und zwar ohne Farbe. Da ich weiß, wie ich reagieren würde, wenn ich aufwachte und in ein auf dem Kopf stehendesGesicht eines Fremden schauen würde, wappne ich mich, doch der Kleine guckt mich nur aus großen Augen an, stöhnt mehrmals angestrengt, wird rosa im Gesicht, dann riecht man das Ergebnis.
    »Angeschissen«, sage ich.
    Abrupt lächelt er ein zahnloses Lächeln. Mein Herz fliegt ihm zu. Ich sage ihm, wie toll er das gemacht hat, er es aber nicht zu wiederholen braucht, bevor ich weg bin, und beginne ihn zu wiegen. Schon bald schläft er wieder. Ich denke über Babys nach und wieso wir sie so viel loben und wieso wir damit aufhören, wenn sie älter werden. Wir bestrafen das Erwachsenwerden. Manche müssen auf eine Bühne gehen, um das zu kompensieren und noch mal die Anerkennung zu erfahren, die sie als kleine Kinder gewöhnt waren. Manche finden sie noch nicht mal da, ja, ja. Und was dann? Unseren Partner verdonnern, diesen Part zu übernehmen? Und wenn er das nicht schafft, verlassen wir ihn dann? Und ist das schlau? Und ist es nicht ein bisschen spät, darüber nachzudenken?
    Ich mustere das kleine Gesicht auf meinem Arm.
    »Du kannst ja später in der Werbung arbeiten, dann wirst du weiterhin für Scheiße gelobt.«
    »Mit wem redest du?«, fragt Sune und kommt in den Raum gehastet. Statt Mantel und Pulli trägt sie jetzt ein Shirt, das so viele Flecken hat, dass es aussieht wie ein LSD-Bergtrikot. Als sie mich mit dem Kleinen dastehen sieht, lächelt sie, nimmt mir das Baby ab und schnuppert an ihm, wie ein Fünfsternekoch an einem Marktfisch. »Bis eben hatte er Verstopfung ...«
    Sie nennt

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