Bezwinger meines Herzens - Kennedy, K: Bezwinger meines Herzens - The Irish Warrior
zu König Edward.« Andächtig betrachtete sie die Buchseiten und strich mit dem Finger sanft darüber. »Ruft Eure Leute zurück, und ich werde bei Euch bleiben. Freiwillig.«
Rardove kniff die Augen zusammen. »Warum?« Man konnte glauben, dass die pure Boshaftigkeit in ihm steckte. Aber es war mehr als nur das: Es war die pure durchtriebene Boshaftigkeit. Längst hatte sein Wahnsinn die Führung übernommen. Wahnsinn oder Leidenschaft. »Ihr wollt doch gar nicht, dass ich diese Farben besitze.«
Senna musste einen Weg finden, dass er sich mehr an sie gebunden fühlte als an seinen König. Mehr als an seinen Hass. Sie folgte ihrer Intuition, als sie den Schritt in das Dunkel wagte.
»Aber das ist es doch, was das Schicksal für die Frauen meiner Familie bereithält, nicht wahr?«, murmelte sie. »Wenn es beginnt, sind wir de Valerys, aber es endet bei Euch. Ich weiß, dass meine Mutter hier war, mit Euch.« Verlangen breitete sich auf seinem Gesicht aus und ließ seine Kiefer schlaff werden. Er nickte wie in Trance. »Und jetzt bin ich hier bei Euch.«
»Ihr gehört mir«, stieß er aus, fuhr mit der Hand durch ihr Haar und riss ihren Kopf zurück. »Eure Mutter ist tot.«
»Ich weiß.« Senna unterdrückte den Impuls, ihn zu schlagen, ihm das Gesicht zu zerkratzen. Vor zehn Jahren war es ihr schon einmal so ergangen, und damals hatte sie nicht gewusst, wie sie sich verteidigen sollte. Dass in ihrer Hochzeitsnacht das Messer neben dem Bett gelegen hatte, war ein glücklicher Zufall gewesen. Und inzwischen wusste sie sehr genau, wie sie sich selbst verteidigen konnte. Durfte es jetzt aber nicht.
Denn wenn sie Rardove tötete, wenn die Nachricht sich verbreitete, dass er tot war, würden König Edwards Männer über die Festung herfallen wie Flöhe über eine Strohmatratze, und sie würden die fehlenden Seiten finden. Die Männer würden sie finden. Und mit der Zeit würden sie auch jemanden finden, der die todbringende Rezeptur entziffern konnte. Und dann würde Irland fallen. Schottland würde fallen, und Finian würde man Stricke um Hände und Füße binden.
Rardoves widerwärtige Lippen befanden sich dicht an ihrem Ohr. Sein Atem stieß in ihr Haar. »Ich schwöre Euch, Senna, ich werde Euch ebenfalls töten, falls es Euch nicht gelingt, die Wishmé-Farben für mich herzustellen.«
Sie sammelte jedes Fünkchen Sinn und Verstand zusammen, das sie in ihrem wie versteinerten Bewusstsein finden konnte, und richtete auf. »Ich werde die ganze Nacht daran arbeiten«, sagte sie und legte die Hand auf seine Brust. »Kommt morgen früh zu mir.«
Im Morgengrauen würde sie ihn töten.
Oder er sie.
Aber so wie jetzt konnte es nicht weitergehen.
Das Dämmerlicht ergoss sich durch die hohen, schmalen Fenster in die leere große Halle. Der Feuerschein mischte sich mit dem blassvioletten Licht, das die wirbelnden, tanzenden Staubkörner in ein unwirkliches Glühen tauchte. Blauschwarz. Es war dem der Wishmés sehr ähnlich.
Pentony musste es wissen. Er hatte die Farbe schließlich gesehen. Nicht den Stofffetzen, der schon hunderte Jahre alt war. Er war Zeuge der Wiederentdeckung der Farbe gewesen, erschaffen von Sennas Mutter.
Die Wahrheit war, dass er sogar geholfen hatte, die Schalen der Tiere aufzubrechen, an jenem Nachmittag, als der Baron zur Jagd ausgeritten war und Pentony sich noch nicht ganz an das stöhnende Schweigen in der Festung gewöhnt hatte.
Als Elisabeth de Valery vor zwanzig Jahren auf die Burg gekommen war, hatte so etwas wie ein frischer Wind durch das finstere Gemäuer zu wehen begonnen. In ihrem reizenden, unvergleichlichen Dialekt – eine Mischung aus Schottisch und mittelenglischem Französisch – hatte sie geplaudert und gescherzt. Ihr Haar hatte so rot wie Feuer geglüht. Dass sie weder Rardoves Zorn noch die düsteren irischen Winter fürchtete, hatte vermutlich den Ausschlag gegeben, dass er den Mörser, den sie ihm reichte, ergriffen hatte. Und begonnen hatte, die Schalen darin zu zerstampfen.
Und es war wohl auch der Grund, warum er ihr zur Flucht verholfen hatte, als es ein Jahr später notwendig geworden war.
Und ganz gewiss war es der Grund dafür, dass er ihrem Wunsch entsprochen hatte, als sie ihm das letzte Exemplar des Färber-Buches anvertraut hatte.
Zusammen mit einem kleinen Muster gefärbten Stoffes hatte er es an ihren Ehemann de Valery geschickt. »Entweder bekommt er mich oder die Geheimnisse«, hatte sie lächelnd zu ihm gesagt. Pentony wusste, was er gewählt
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