Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition)
natürlich von Lord Rothewell. Sie würde wirklich froh sein, ihn gehen zu sehen. Seine grauen funkelnden Augen, sein aufbrausendes Temperament und seine prüfenden Fragen, machten den Mann sicherlich bei niemandem beliebt.
Sie schaute auf ihren Schoß und bemerkte, dass sie wieder die Fäuste geballt hatte. Mit gut geübtem Willen zwang Camille sich zu entspannen. Die Dinge könnten schlimmer sein. In Rothewell könnte es vielleicht sogar einen Funken von Freundlichkeit geben. Natürlich könnte sie sich genauso gut irren. Es war ein Risiko, das sie abgewogen hatte, bevor sie sich darauf eingelassen hatte.
Der andere Mann – Lord Enders -, oh, seinen Typ kannte sie gut. Er war nichts anderes als ein brünstiges Schwein – und ein verdorbenes dazu. In dieser Hinsicht hatte sie Lord Rothewells Rat nicht gebraucht, dazu hatte sie zu viel Zeit in Paris verbracht, immer umgeben von der Clique ihrer Mutter aus verzweifelten, grell geschminkten Frauen und den débauchés, die um sie herumscharwenzelt waren.
In diesem Moment hörte sie, dass Emily im Bett hinter ihr sich regte. Sie wandte sich um und sah, wie das Mädchen eine Hand vor die Augen legte, um sich vor den Strahlen der frühen Morgensonne zu schützen, und sich dann aufsetzte. »Verzeihung, Miss«, brachte sie heraus. »Ich hatte nicht vor, so lange zu schlafen.«
»Das ist in Ordnung, Emily«, entgegnete Camille und wandte sich wieder dem Fenster zu. »Sie hatten letzte Nacht keinen Schlaf.«
»Sie auch nicht, Miss«, entgegnete sie.
Camille lauschte auf die Geräusche des Mädchens, als es sich hinter ihr ankleidete. Emily fragte sich zweifellos, was nun aus ihnen werden sollte, und Camille hatte keine schönen Antworten parat. Schließlich jedoch wandte sie sich um und sah ihre Zofe an. »Ich bin sicher, es wird sich alles finden.«
»Ja, Miss.« Emily hatte begonnen, ihre Nachtwäsche zusammenzufalten. »Ich bin sicher, Sie wissen, was das Beste ist.«
Camille unterdrückte ein hysterisches Lachen. »Das müssen wir hoffen«, entgegnete sie. »Natürlich würde ich Sie gern behalten, Emily, ob ich nun heiraten werde oder nicht.«
Aber sie musste heiraten. Sie musste.
Der Tod hatte sie letztendlich von der Last befreit, die die lange Krankheit ihrer Mutter ihr in diesen letzten Jahren auferlegt hatte, und sie hatte das Gefühl gehabt, aus einem düsteren Traum zu erwachen -aber nur, um zu erkennen, dass ihr Leben leer war. Die schreckliche Wahrheit war, dass sie sich nach viel mehr sehnte als nach finanzieller Unabhängigkeit. Sie sehnte sich nach einem Kind in ihren Armen – es war eine Sehnsucht, die sie mit jedem Jahr, das vergangen war, nur noch stärker gequält hatte, bis sie dem Schmerz einer Messerklinge glich, die ihr ins Herz stach.
Und als sie nicht mehr an eine Erlösung geglaubt hatte, da hatte sie den Brief ihres Großvaters gefunden. Seine exzentrische Bedingung hatte ihr einen Weg eröffnet – aber jetzt begriff sie, dass das eine Ehe mit Lord Rothewell bedeutete – oder mit einem Mann wie ihm.
Oh, sie konnte natürlich mit eingezogenem Schwanz nach Limousin zurückkehren und verkaufen, was vom Schmuck ihrer Mutter noch übrig war. Vielleicht könnte sie mit Hilfe des Erlöses einige Zeit überleben. Aber sie war fast achtundzwanzig Jahre alt und nicht länger mit dem bloßen Überleben zufrieden. Und zurückzukehren nach Frankreich, in ihr altes Leben als arme Verwandte, die sich an die zerschlissenen Rockschöße einer schändlichen Familie klammerte? Nein. Es war nicht zu ertragen, daran auch nur zu denken. Diese Gelegenheit, die sich ihr jetzt bot, hatte sie mit ihren bloßen Händen ergriffen, und das Einzige, was sie noch tun konnte, war, ihre Fingernägel fest in sie hineinzugraben.
Bei diesem Gedanken stieß Camille einen zittrig klingenden Seufzer aus. Ihre Hände begannen wieder, sich zu Fäusten zu ballen, und das Gefühl der Hoffnungslosigkeit, das ihr von Paris nach London gefolgt war, begann wieder stärker zu werden. Lord Rothewell war wirklich ihre letzte Hoffnung. Trotz ihrer frechen Drohung letzte Nacht war Camille von Lord Enders entsetzt gewesen. Deshalb hatte sie auf diesen winzigen Funken von Anständigkeit gesetzt, den sie in Rothewells Augen gesehen zu haben glaubte.
Aber vielleicht war sie die Angeschmierte. Vielleicht war Rothewell noch schlimmer. Den Mann umgab eine Aura der Düsternis, wie es ihr noch nie begegnet war. Nichts Böses. Nicht einfach Dekadenz. Nein, es war eine Düsternis der Seele,
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