Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition)
fragte er. »Dafür lieben sie alle den Klatsch viel zu sehr, meine Liebe.«
»Ja, vermutlich hast du recht.« Sie hatte einen Finger ans Gesicht gelegt und klopfte damit nachdenklich an ihre Wange. »Und diese Kartenspiel-Sache, Kieran. Also wirklich, das ist ganz und gar inakzeptabel.«
Er spannte das Kinn an. »Denkst du, das weiß ich nicht, Pamela? Bei Tageslicht besehen, ja, da bereue ich es. Falls ich noch einmal von vorn anfangen könnte, würde ich die ganze Sache stoppen.«
Lady Sharpes Lächeln wirkte gedämpft. »Nun, auf gewisse Weise hast du das getan«, bemerkte sie. »Du hast das arme Mädchen von ihm weggeholt, zumindest das. Aber diese entsetzliche Kartenspiel-Geschichte darf nie wieder zur Sprache kommen, mein Lieber. Das Mädchen würde absolut erledigt sein.«
Rothewell ballte die Hände zu Fäusten und öffnete sie wieder. Er schämte sich mehr als nur ein wenig über seine Rolle bei der Sache. »Sieh, Pamela«, sagte er unbeholfen. »Das war ein dummer Einfall. Ich hätte sie nicht hierher bringen dürfen.«
Lady Sharpe hob die Hand, um ihm zu schweigen zu gebieten. Sie begann wieder hin und her zu gehen, mit feinen blonden zusammengezogenen Augenbrauen. Rothewell senkte den Blick und starrte in die ernüchternde Schwärze seines Kaffees.
Was um alles in der Welt hatte ihn geritten, Mademoiselle Marchand mitten in der Nacht in seine Kutsche zu verfrachten? Warum hatte er sich auf ihren verrückten Plan eingelassen? Er hatte lediglich gedacht, der Frau einen Gefallen zu tun, mit so wenig Unbequemlichkeiten für ihn wie möglich. Aber das Leben war nie so einfach, wie man dachte. Das war eine Lektion, die er schon beim ersten Mal gelernt haben sollte, als er eine Frau gebeten hatte, ihr Schicksal mit seinem zu verbinden.
Er schaute auf und sah, dass Pamela vor ihm stehen geblieben war. »Lass mich das Mädchen erst einmal kennenlernen«, sagte sie. »Ich werde mir etwas sehr Kluges ausdenken, Kieran, das versichere ich dir. Etwas, was erklärt, warum sie hier bei mir ist. Aber was, bitte, hast du auf längere Sicht gesehen mit dem Mädchen vor?«
»Nun, was das betrifft …« Rothewell schwieg und sah sie über den Rand seiner Kaffeetasse an. »Nun, was das betrifft, Pamela, so befürchte ich sehr, dass ich wirklich vorhabe, sie zu heiraten.«
Lady Sharpe erstarrte. Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie ganz und gar sprachlos.
Rothewell nutzte diesen Moment. Als die Fragen seiner Cousine auf ihn herabzuprasseln begannen, antwortete er so vage wie möglich, dankte ihr noch einmal und stürzte zur Tür.
Es ist Zeit, nach Hause zu gehen, dachte er, während er die Stufen hinuntereilte. Zeit, nach Hause zu gehen und dem Comte de Valigny einen Bankwechsel über dessen fünfundzwanzigtausend Pfund auszustellen. Dann wäre zumindest ein Teil dieser Farce beendet. Der Dreckskerl würde sein Geld haben – und was immer auch danach noch geschehen würde, ging ihn dann verdammt noch mal nichts mehr an.
Camille saß vollkommen reglos auf einem Stuhl am Fenster und schaute auf den morgendlichen Straßenverkehr Mayfairs hinaus. Sie war schon sehr früh aufgestanden, um sich das Gesicht zu waschen und das Haar aufzustecken, denn an Schlaf war nicht zu denken. Nun harrte sie auf ihr Schicksal; eine Fremde in einem fremden Haus, vielleicht von allen vergessen. Aber was zählten schon ein paar Stunden oder ein paar Monate mehr? Hatte sie nicht ihr ganzes Leben damit verbracht, auf die Annehmlichkeiten eines anderen Lebens zu warten?
Irgendwann, so nahm sie an, würde Lord Rothewell auftauchen. Tat er das nicht, so war Camille voll und ganz darauf vorbereitet, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Man durfte nicht zu lange auf einen Mann warten – oder von ihm abhängig sein. So viel hatte sie aus den Fehlern ihrer Mutter gelernt. Zumindest hatte Rothewell die Ehrlichkeit besessen zuzugeben, dass man ihm nicht vertrauen konnte. Das sprach vermutlich für ihn.
Sie war sich nicht ganz sicher, wie sie sich in diese Situation mit Rothewell gebracht hatte – aber sie wusste sehr genau, aus welcher Lage er sie befreit hatte. Ihr Schicksal in Lord Rothewells Händen konnte kaum schlimmer sein als die vergangenen drei Monate, die sie bei Valigny verbracht hatte. Gewiss würde diese Sache nicht von Dauer sein. Eine rasche Heirat und, mit ein klein wenig Glück, der Segen eines Kindes, das sie würde lieben können. Und dann, letzten Endes, würde sie frei sein. Frei von ihrer Mutter. Von Valigny. Und
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