Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition)
dummer Handel mit Valigny erledigt. Sie war überrascht von der Welle der Erleichterung, die diese Gewissheit in ihr auslöste. Jetzt hatte Lord Rothewell sie bereits zum zweiten Mal gerettet.
Nein. Camille riss sich energisch zusammen. So durfte sie das nicht sehen. Dieser Mann war kein Held, sie sollte die Situation auf gar keinen Fall romantisieren. Rothewell war, wenn auch nicht der Freund ihres Vaters, so doch sicherlich sein Kumpan. Sie waren aus demselben Holz geschnitzt, frönten den gleichen Lastern. Hatten dieselben Opfer. Und Rothewell hatte einen guten Grund, sie zu heiraten, denn sie hatte ihm die eine Tatsache anvertraut, die sie vor Valigny geheim gehalten hatte – den wahren Umfang ihres Erbes. Vielleicht war das dumm von ihr gewesen.
Der Weg wurde schmaler, als sie sich dem Ende des Gartens näherten. Lord Rothewell ging jetzt dicht neben ihr. Er war ihr so nah, dass sie den Duft seines Eau de Colognes wahrnehmen konnte; es roch unverwechselbar nach Sandelholz und Zitrone. Es war ein ungeheuer männlicher Duft, einer, an den sie sich aus jener schicksalhaften Nacht bei Valigny gut erinnerte.
In diesem Moment streifte sein Arm sie, und ihr Herz machte wieder einen dieser seltsamen kleinen Hüpfer. Plötzlich wurde Camille von dem Gedanken gepackt zu fliehen.
Aber wohin? Sie hatte kaum Geld. Keine nennenswerte Erziehung und keine eigene Familie, es sei denn, man zählte Valignys Verwandtschaft dazu, die sie zwar nicht auf die Straße gesetzt, ihre Existenz aber so gut wie ignoriert hatte.
Rothewell musste ihre Gedanken gelesen haben. Er blieb auf dem Weg stehen und wandte sich ihr zu. Als er sprach, änderte sich die Stimmung, die sie umgab, plötzlich auf eine Art, die Camille unerklärlicherweise nervös machte.
»Mademoiselle Marchand, Pamelas Verzögerung hat mir Zeit zum Nachdenken gelassen«, sagte er und legte seine warmen, kräftigen Hände auf ihre Schultern. »Sie müssen mich nicht heiraten. Dieses Geschäft war Valignys Sache, nicht Ihre. Fühlen Sie sich frei zu gehen, wenn Sie das möchten.«
» Oui , aber wohin, Monsieur?«, fragte sie schlicht. »Und womit?«
»Sie haben doch einen Cousin, oder nicht? Den, der den Titel Ihres Großvaters geerbt hat? Vielleicht hat er die Beziehungen, eine Heirat für Sie zu arrangieren?«
Sie lachte bitter. »Ich kenne nicht einmal seinen Namen, und ich bin sicher, dass er nicht wünscht, meinen zu kennen«, erwiderte sie. »Denken Sie nach, Monsieur. Ich bin die illegitime Tochter der Frau, die seiner Familie Schande gemacht hat, n’est-ce pas? Und wenn ich nie heiraten würde, nie ein Kind bekäme, dann wird er vermutlich alles erben – und nicht nur einen langen Titel und ein großes Haus. Nein, er wird mir nicht dankbar sein, würde ich vor seiner Tür stehen.«
Rothewell zuckte zusammen. »Ich fürchte, Sie beurteilen die menschliche Natur sehr gut. Vielleicht könnte eine andere Lösung für Sie gefunden werden?«
»Eine Arbeit, oui? «, entgegnete sie. »Als eine Gesellschafterin oder eine – eine gouvernante? «
»Eine Gouvernante, ja. Aber das verdammt Sie zu einem Leben in Armut, fürchte ich.«
»Ich habe keine Angst vor harter Arbeit, Monsieur. Ich würde auch Erfolg damit haben. Meinen Verstand benutzen zu dürfen – oui , das wäre wie ein Traum. Aber die Dinge, die ich am besten könnte, sind einer Frau nicht gestattet. Und die Dinge, die die Gesellschaft einer Frau zu tun erlaubt – nein, für die Tochter des unehrenhaften Comte de Valigny wird das niemals möglich sein.«
Seine silbergrauen Augen glitten für einen Moment über ihr Gesicht, als suchte er nach etwas. »Pamela sagte mir, dass Sie Kinder sehr mögen. Ist das richtig, Camille?«
» Oui, wer tut das nicht? Aber niemand wird Valignys Bastard engagieren und ihm seine Kinder anvertrauen.«
»Nein, vermutlich nicht.« Er lächelte leicht. »Aber wünschen Sie sich eigene Kinder? Den letzten Willen Ihres Großvaters einmal außer Acht gelassen.«
»Ich denke schon«, entgegnete sie. Aber sie log, und sie fragte sich, ob er es wusste. Ein Kind, das sie lieben konnte – oh, das war ihr allergrößter Wunsch. Ihre einzige Hoffnung, schien es oft.
Einen Augenblick verfingen sich ihre Blicke, und wieder hatte Camille das Gefühl, dass er nach etwas suchte, sich mit einem Gedanken herumschlug, den sie nicht nachvollziehen konnte. Sie begann zu denken, dass sie ihn besser verstand, wenn er der betrunkene Lebemann war, nicht dieser starke, ernste Mann, der so
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