Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition)
Geschenk. Solch ein Kind würde unbezahlbar für sie sein. Sie war kratzbürstig und verbittert – vielleicht hatte das Leben sie so werden lassen, oder vielleicht entsprach es einfach ihrer Natur – aber sie war auch eine Frau. Und sie fühlte die Sehnsüchte einer Frau.
Camille schloss die Augen und spürte, wie die winzigen Finger des Babys ihren Daumen umschlossen. Sie betete zu Gott, dass sie nicht zu lange gewartet hatte. Sicherlich, hätte sie es angestrengter versucht, hätte sie schon längst einen Ehemann finden können, oder nicht? Sicherlich hätte es gar nicht so weit kommen müssen. Eine Heirat mit einem Mann, den sie nicht kannte. Mit einem Mann, der sie des Geldes wegen heiratete, ohne auch nur eine Spur von Zuneigung vorzutäuschen.
Aber gut. Rührselige Gedanken brachten einem nichts. Camille zog ihren Daumen zurück und strich die Decke des Kindes glatt, um dessen in Wollstrümpfen steckende Füße zu bedecken. Eine Ehe . Ein Kind . Vielleicht würde sie bald beides haben.
Camille dachte an das Theater ihrer Mutter, als sie ihr, im Alter von siebzehn Jahren, verkündet hatte, mit dem Sohn des Gärtners durchbrennen zu wollen. Hartshorne war fortgeschickt worden, und Lady Halburne hatte sich für eine Woche ins Bett gelegt.
Der Grund war nicht gewesen, dass ihre Mutter Camille für zu jung gehalten hatte – und wahrscheinlich auch nicht der, dass sie den Gärtnerjungen für unter ihrem Stand gehalten hatte. Genau genommen hatte Lady Halburne nur sehr selten an Camille gedacht, bevor diese ihre Absicht fortzugehen verkündet hatte. Und dann waren die Krankheit und die Verdrießlichkeit gekommen. Die Ohnmachtsanfälle. Die Kälte. Das Siechtum, von dem sie geschworen hatte, es würde ihre Schönheit zerstören und sie mit nichts zurücklassen als mit der Liebe und der Gesellschaft ihrer kostbaren Tochter.
Es war leicht, von solchem Unsinn beeinflusst zu werden, wenn man jung war und sich nach der Zuneigung der Mutter sehnte – oder nach irgendjemandes Zuneigung, um genau zu sein. Zumindest zu jener Zeit war Camille zur wichtigsten Bezugsperson ihrer Mutter geworden. Ihr größter Schatz. Bis der nächste gut aussehende Gentleman des Weges kam oder ihre Mutter genug Geld zusammengekratzt hatte, um für ein paar Monate des Vergnügens nach Paris zu gehen.
Und so waren Camilles Träume vom Sohn des Gärtners den Weg alles Irdischen gegangen – ebenso wie der von einem ortsansässigen Squire mit einigem Vermögen, einem hohlgesichtigen Witwer mit vier Kindern und von einem angehenden Priester, der urplötzlich in eine Glaubenkrise geriet, nachdem er Camilles Knöchel erblickt hatte, als sie über eine Pfütze gesprungen war. Keiner dieser Männer war für sie bestimmt gewesen – aber jeder von ihnen wäre besser gewesen als der Wüstling, bei dem sie gelandet war. Jeder von ihnen hätte ihr das Kind machen können, nach dem sie sich sehnte. Und doch hatte sie die Uhr weiterticken lassen.
Lord Rothewell dachte sicherlich, dass sie aus finanziellen Überlegungen ein Kind wollte – wenn er denn überhaupt an sie dachte. Wenn er so war wie Valigny, was man annehmen konnte, dachte er nur an das Geld, das sie ihm einbringen würde, und an die Vergnügungen, mit denen er es verschwenden konnte.
Ihre düsteren Gedanken wurden vom Knarren der Tür unterbrochen. Sie schaute auf und sah Lady Sharpe das Zimmer betreten. »Rothewell ist zu Besuch gekommen«, sagte sie ernst. »Er wünscht, mit Ihnen einen Spaziergang durch den Garten zu machen.«
Camille fühlte eine plötzliche Panik. »Aber das Baby …«
Die Countess hob die Hand. »Nein, fort mit Ihnen, meine Liebe«, sagte sie. »Und nehmen Sie Ihr Umhangtuch mit. Ich werde hierbleiben, bis Thornton zurückkommt.«
Camille stand auf. Lady Sharpe drückte ihr aufmunternd die Hand. »Sie müssen ihn nicht heiraten, Camille«, sagte sie ruhig. »Niemand wird Ihnen einen Vorwurf machen, wenn Sie es nicht tun. Aber Sie müssen offen mit ihm reden.«
Sie straffte die Schultern. »Ich habe keine Angst vor ihm, Madame«, sagte sie. »Vielleicht bellt er nur ein bisschen laut? Aber ich kann auch beißen.«
Die Countess lächelte. »Oje, oje«, murmelte sie, während sie auf Camilles Stuhl Platz nahm. »Ob mein lasterhafter, sturer Cousin wohl seinem weiblichen Pendant begegnet ist?«
Camille ergriff ihr Tuch und ihr Buch und ging dann die Treppe hinunter, um ihren zukünftigen Ehemann zu treffen. Sie betete zu Gott, dass der Mann ein wenig nüchterner
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