Bianca Arztroman Band 0026
gewesen, als sie sich kennenlernten. Und zu sagen, sie hätte sich in den gut aussehenden jungen Assistenzarzt verliebt, wäre eine absurde Untertreibung. Sie hatte sich kopfüber in eine heiße und intensive Affäre gestürzt, die sie beinahe umgebracht hätte.
Bei ihrer dritten Verabredung hatte Grant ein Boot gemietet, und sie hatten den Nachmittag damit verbracht, sich langsam den Fluss hinuntertreiben zu lassen. Der Hitze wegen hatte sie ihr weißes Sommerkleid angezogen, darunter nichts als einen Baumwollslip. Grant hatte eine ausgeblichene abgeschnittene Jeans und ein blaues Poloshirt an. Sie hatte sich gegen den Bootsrand gelehnt und die Finger ins Wasser hängen lassen, den Kopf gegen einen erhobenen Arm gelehnt. Die ganze Zeit über hatte sie Grant aus halb geschlossenen Augen beobachtet, das Spiel der Muskeln unter der gebräunten glatten Haut seiner Arme und Beine bewundert. Und ihr war bewusst gewesen, dass er sie ebenfalls beobachtete.
Ein paar Meilen außerhalb der Stadt hatte er das Boot in einen stillen Seitenarm gesteuert, am Ufer vertäut und war mit ihr an Land gegangen, hinauf zu einer riesigen uralten Weide. Sie hatte sein Verlangen gespürt, die leidenschaftliche Glut in seinen Augen gesehen. Als er sie dann in das duftende Gras gezogen hatte, wusste sie, es würde nicht nur bei einem oder zwei Küssen bleiben.
Selbst jetzt noch, nach so vielen Jahren, errötete sie bei der Erinnerung daran. Schamlos hatte sie sich von ihm Lust verschaffen lassen, tief aufgestöhnt, als er seine Lippen über ihre Schultern gleiten ließ, tiefer, und dann ihre jungen Knospen in den Mund nahm. Und wie vertrauensvoll hatte sie sich ihm geöffnet, hatte kaum den Schmerz gefühlt, als er zu ihr kam, bevor er von wilder Leidenschaft verdrängt wurde.
Heute schoss die Sonne silberne Blitze durch die geschlossenen Lider, aber an dem Tag war das Licht von einem diffusen, ruhigen Grün gewesen, wie unter unbewegtem Wasser. Nachdem sie sich geliebt hatten, lag sie noch lange still da, wartete darauf, dass er das richtige Wort sagte, das einzige Wort, das eine Frau hören wollte, nachdem sie sich einem Mann bedingungslos hingegeben hatte.
Stattdessen hatte sich das Schweigen hingezogen, und sie stellte sich irgendwann die Frage, ob sie für ihn eine einzige Enttäuschung gewesen war. Als sie dann endlich den Mut fand, ihn anzusehen, lag er neben ihr ausgestreckt, den Kopf in eine Hand gestützt und sah sie mit einem trägen Lächeln an. “He”, hatte er gemurmelt.
He, was? hätte sie fast geschrien. Was soll das heißen? Und was geschieht als Nächstes?
Als Nächstes stieg er wieder in seine abgeschnittene Jeans, warf einen Blick auf seine Armbanduhr und zog sie auf die Füße. “Wir fahren besser zurück”, meinte er und gab ihr einen raschen Kuss auf den Mund. “In einer Stunde muss ich im Krankenhaus sein.”
Auf ihrem Kleid waren Grasflecken gewesen, und sie hatte auf dem Rückweg nach Haus geweint. “Alle werden wissen, was wir gemacht haben”, jammerte sie.
“Wieso denn? Ich habe nicht vor, die Neuigkeit hinauszuposaunen.”
“Man braucht mich doch nur anzusehen, dann weiß man Bescheid!”
Er beugte sich über die Ruder und grinste sie auf seine unnachahmliche Art an. “Für mich siehst du nicht anders aus, Sweetheart.”
Sie war am Boden zerstört gewesen. Wie konnte er so ungerührt daherreden, nach all dem, was sie gerade miteinander geteilt hatten? Wo sie wusste, sie würde niemals wieder wie vorher sein …
Ihr Vater hatte die Veränderung an ihr auf der Stelle bemerkt, und als Grant nicht wie versprochen am nächsten Tag anrief, meinte er nur: “Das hast du nun davon, dich einem Typ wie Madison hinzugeben. Er hat dich benutzt, Olivia, und du wirst es noch bedauern, dass du ihn je kennengelernt hast.”
Und wie Recht er gehabt hat, dachte sie und zwinkerte wütend die Tränen fort, die ihr auf einmal in den Augen brannten. Und wenn sie schon so scharf darauf war, die Erinnerung wieder aufleben zu lassen, dann wäre es besser, sich an eine weniger romantische Situation zu erinnern. Zum Beispiel an den Tag, als sie Grant von ihrer Schwangerschaft erzählte. Das war im Februar. Im September hatten sie geheiratet.
“Oh, verdammt”, hatte er geseufzt, ließ sich aufs Bett sinken und stützte den Kopf in den Händen auf. “Wie zum Teufel ist das passiert?”
Als wüsste er das nicht!
Und noch besser die Erinnerung an den Tag, als er von der Fehlgeburt erfuhr.
“Ein wahres
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