Bianca Arztroman Band 0026
Himmelsgeschenk”, meinte er lakonisch. “Ich weiß, ich tue dir damit weh, aber du bist jung und gesund, und es gibt keinen Grund, warum du nicht Kinder haben kannst, wenn die Zeit gekommen ist. Aber diese Zeit ist nicht jetzt, Olivia.”
Natürlich nicht — zumindest nicht für jemanden, der sich heimlich für eine Stelle in einem Luftrettungsteam in den Northern Territories beworben hatte. Und der, wenn er angenommen wurde, mindestens die Hälfte des Jahres von zu Haus fort sein würde. Aber einen solchen Mann hatte sie geheiratet. Einen Mann, der viel zu sehr mit seinen Wünschen und Bedürfnissen beschäftigt war, um sich einen Deut um die anderer Menschen zu kümmern. Am allerwenigsten um die seiner Frau, die zu einem Mühlstein um seinen Hals geworden war.
Doch inzwischen war sie nicht mehr nur Sam Whitfields Tochter oder Dr. Madisons Frau, sondern eine selbstbewusste Frau, die eigenständige Entscheidungen traf und den Respekt verdiente, den man ihr entgegenbrachte. Dazu gehörte auch, dass sie sich dem Tratsch und Klatsch in Springdale hoch erhobenen Hauptes stellte.
Sie bürstete sich ein Sandkörnchen vom Jackenärmel, erhob sich von der Bank, verließ den Park entschlossenen Schritts durch das Tor und überquerte die Straße. Gegenüber lag der Haupteingang des Krankenhauses.
Jeden Morgen um diese Zeit war die Eingangshalle mit Besuchern, Mitarbeitern und Technikern gefüllt. Mehr als nur ein neugieriger Blick folgte ihr auf dem Weg zum Fahrstuhl. Olivia wusste, der Tratsch beschränkte sich nicht mehr nur auf Ingrids Laden. Falls sie noch den leisesten Zweifel daran gehabt hatte, verging er schlagartig, als sie den Sitzungsraum betrat.
“Dann hast du dich also doch nicht in deinem kleinen Häuschen verkrochen”, wurde sie von Daphne Jerome, der Vorsitzenden des Sozialausschusses, gleich begrüßt. “Meine Liebe, ich muss sagen, ich bewundere deinen Mut!”
Da Daphne ausschließlich sich selbst bewunderte, war ihre Bemerkung nur als schamloser Versuch zu werten, einen Bericht über die Ereignisse am Samstag aus erster Hand zu bekommen.
Olivia tat überrascht. “Ich weiß gar nicht, wovon du redest, Daphne.”
“Nun, natürlich von dem Wiederauftauchen deines Exmannes! Allen Quellen nach hat er Justin Greer auf dessen Hochzeitsfeier die Schau gestohlen — und du sollst auch nicht schlecht gewesen sein. Wie war es, ihn nach so langer Zeit plötzlich wieder zu sehen?”
“Nicht sonderlich aufregend. Wir sind schon so lange geschieden, dass es fast so war, als sei ich einem Fremden begegnet.”
“Wirklich? Na, mir läuft es kalt den Rücken hinunter, wenn ich mir vorstelle, wie du dann einen Freund begrüßt!”
Olivia entschied sich für Rückzugsgefechte. “Eine Frau deines Alters sollte eigentlich wissen, wie viel auf solche Tratschgeschichten zu geben ist. Und ich habe wirklich nicht die Zeit, dir alles genauestens zu erzählen. Wo ist Dr. Harte? Ich dachte, als Chefarzt der Kardiologie würde er heute anwesend sein wollen.”
“Hast du es nicht mitbekommen? Er ist heute nicht in der Stadt. Und da sein Stellvertreter Dr. Greer sich auf Hochzeitsreise befindet, bleibt nur dessen Stellvertreter, und …” Sie lächelte schelmisch. “Also, Liebes, deinem Gesicht sehe ich an, du begreifst allmählich — und gerade noch zur rechten Zeit, denn da kommt er ja schon, in Fleisch und Blut.”
Das kurze Schweigen, das ihren Worten folgte, dauerte nicht länger als ein Herzschlag. Aber Olivia kam es vor, als sei die Welt auf Zeitlupentempo umgestellt worden.
Grant schloss die Tür hinter sich und blickte in Gesichter, die sich ihm erwartungsvoll zuwandten. Er nickte kurz, lächelte ebenso kurz und professionell, um die gemurmelten Grüße zu erwidern. Olivia wurde bevorzugt mit einem “Morgen, Olivia”, behandelt, als er den Stuhl nahm, auf den Daphne deutete.
Olivia war sich nicht sicher, wie sie ihren Platz fand, aber sie war froh zu sitzen. Ihren Beinen traute sie in diesem Moment nicht.
Wie nur hatte es ihr unmöglicher und schamloser Tanzpartner vom Samstag geschafft, sich in diesen weiß gekleideten Fremden mit kühlen blauen Augen und der Ausstrahlung distinguierter Respektabilität zu verwandeln? Was war aus dem Rebellen in Bluejeans geworden, der damals durch die Flure des Springdale General gestreift und die Nase über die Autoritäten gerümpft hatte, die seiner Ansicht nach samt und sonders Dummköpfe waren — allen voran ihr Vater?
Blindlings griff sie nach den
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