Bianca Arztroman Band 0031
befindest dich in Neufundland, und hier begegnet man dem Wetter mit Respekt. Man kann sehr leicht Körperteile durch Erfrierungen verlieren.”
“Und? Einmal ist immer das erste Mal. Ich gehe mit, egal, was du sagst. Mein Herz habe ich ja schon verloren”, sagte sie, sollte er über diese Bemerkung denken, was er wollte.
“Das ist wohl nicht der richtige Zeitpunkt, um das zu besprechen. Also los.”
Der Sprecher der Gruppe, die sich in der Halle gebildet hatte, ergriff erneut das Wort. “Es wird dauern, bis der Suchtrupp hier angekommen ist. Wir gehen alleine los, denn vom Reden werden die Jungs nicht wiederkommen. Wir treffen uns in einer halben Stunde hier, fertig angezogen und bereit zum Abmarsch.”
Wenn Lafe nicht so grimmig über die Störung gewesen wäre, dann hätte er bei diesem Anblick geschmunzelt. Die glamouröse Verführerin von vorhin hatte sich in ein Paket aus wetterfester Kleidung verwandelt. Mit einer Wollmütze, die sie bis über die Ohren gezogen hatte, einer schweren Wachsjacke, einer warmen Hose und mit festen Schneestiefeln stand sie vor ihm.
“Hier, nimm den Rucksack”, sagte er. “Es ist eine Notausrüstung darin. Der Rest ist in diesem hier. Ich habe noch nichts gefunden, um ein verlorenes Herz zu ersetzen, aber darüber denke ich bei nächster Gelegenheit nach.”
“Da es sich bei dem gesuchten Gegenstand um den meinigen handelt, kümmere ich mich darum, es aus dem großen Nichts zu erretten. Trotzdem vielen Dank”, sagte sie steif und empfand dieses Katz-und-Maus-Spiel, das sie betrieben, plötzlich lächerlich.
“Vielleicht”, entgegnete er, während sie zum Auto gingen. “Wir diskutieren das später, ja? Diese Jungs draußen in den Bergen haben zur Zeit Vorrang.”
Sie nickte. Zurück beim Motel angekommen, trafen sie auf eine Gruppe ernst aussehender Männer, die bereit waren, in das unwirtliche Wetter hinauszugehen.
“Wenn es wieder etwas weniger stürmisch ist, senden sie auch einen Helikopter aus. Aber noch kann man es nicht riskieren”, sagte einer der Männer. “Seid Ihr ausgerüstet?”
Die beiden Ärzte nickten. “Wir gehen mit unserer Ausrüstung am Schluss”, sagte Lafe. In wenigen Minuten waren sie auf dem Weg. Lafe konnte es nicht fassen, dass er Suzannah hatte mitkommen lassen.
Wenn sie hier oben in den Bergen sterben mussten, dann hatte er ihr nie erzählt, dass das Einzige, was für ihn zählte, ihr Glück und Wohlbefinden war.
Was für ein schlechter Scherz! Sie war weder in Sicherheit noch glücklich. Wenn er in ihrer Situation gewesen wäre, hätte er ihr dann freiwillig von dem Tod einer Patientin berichtet?
Er hatte ihr zwar von dem Tod seiner Schwester erzählt, aber da war sein Schuldgefühl aus übergroßer Trauer hervorgegangen und nicht aus einer verpassten Gelegenheit. Und er machte es nicht gerade leichter für sie … Nein, wirklich nicht!
Sie sah ihn fragend an. “Wenn wir ihnen nicht bald folgen, verlieren wir den Anschluss.”
Er nickte grimmig. Sie hatte Recht. Das war der absolut falsche Zeitpunkt, um Selbstanalyse zu betreiben.
10. KAPITEL
Je höher sie kletterten, desto kälter wurde es. Und während sie über die möglichen Konsequenzen der Expedition nachdachten, kämpften sich Suzannah und Lafe schweigend und mit ernster Miene voran.
Die Männer, die vorausgingen, riefen unermüdlich nach den Vermissten, aber sie erhielten keine Antwort. Ihre Lampen reichten nur wenige Meter weit.
Plötzlich schrie jemand ‘Halt!’. Die Männer ganz vorne zeigten auf einen Felsspalt dicht neben ihnen.
“Einer von ihnen ist dort unten!”, schrie einer der Männer. “Seine dunkle Jacke hebt sich deutlich gegen den Schnee ab.”
Als sie die Felsspalte hinunterspähten, sagte Suzannah zu Lafe: “Er bewegt sich nicht. Glaubst du, dass er bewusstlos ist?”
“Ich habe keine Ahnung”, sagte er angespannt. “Und da die Spalte zu schmal für uns ist, werden wir es auch nicht herausfinden.”
“Für mich nicht”, sagte sie augenblicklich. “Ich bin schmal genug, um durchzupassen.”
“Auf keinen Fall!”, fuhr er sie an. “Es macht mich schon ganz verrückt, dass du bei diesen Wetterverhältnissen überhaupt hier bist. Ich werde nicht zulassen, dass du dich noch mehr in Gefahr begibst.”
“Ich gehöre dir nicht!”, fauchte sie zurück. “Hör endlich auf, mir zu sagen, was ich tun darf und was nicht.”
“Still!”, brüllte Lafe. “Ich habe ihn gehört.”
Er hatte Recht. Ein leiser Hilferuf war zu
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