Bianca Arztroman Band 0031
schneller er ins Krankenhaus kommt, desto besser.”
Er blickte zu den Männern am Rand des Felsspalts. “Und jetzt die Frau.”
Lafe rannte bereits zurück zu den anderen.
Im Gegensatz zu den eisigen Verhältnissen oben war es in der Felsspalte geradezu warm. Während sich Suzannah in den Sicherheitsgurt zwängte, den man ihr hinuntergeworfen hatte, spürte sie einen seltsamen Widerwillen, nach oben zurückzukehren. Hier im Inneren des Berges musste sie niemandem Rede und Antwort stehen, außer sich selbst. Die Beziehung zwischen ihr und Lafe war zu Eis gefroren. Und mit eigenartiger Schläfrigkeit dachte sie, dass sie nicht noch einmal hinaufwollte, um erneut zu Eis zu werden.
“Sind Sie soweit, Ma’am?”, hörte sie eine Stimme, deren Echo in der Tiefe des Berges schaurig klang. “Dann geben Sie dem Seil einen Ruck.”
Du kannst nicht hier unten bleiben, dachte sie bei sich. Du hast dich lange genug versteckt. Also gab sie das Zeichen, um sich hochziehen zu lassen.
In dem Moment, als sie nach oben sah, kam ihr ein großes Stück Fels entgegen. Sie schaffte es noch, den Kopf zur Seite zu wenden, aber es schlug gegen ihre Schläfe.
“Zieht sie rauf!”, brüllte Lafe, der vollkommen außer sich war. Sie brauchte seine Hilfe, und er war nicht in der Lage, zu ihr zu gelangen. Er befand sich mitten in einem Albtraum. Wenn ihr etwas zustieß, bevor er ihr sagen konnte … Denk nicht daran, wies er sich zurecht. Über die Zukunft konnte er noch nachdenken, wenn sie außer Gefahr war.
Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis Suzannahs schlaffer Körper hinaufgezogen war und auf dem Schnee lag. Lafes Herz klang wie Donner in seinen Ohren. “Macht Platz, solange ich Dr. Harding untersuche”, ordnete er an.
Er hob ihr Augenlid und leuchtete mit der kleinen Lampe in die Pupille und fühlte dann nach ihrem Kopf. Ihre Wange blutete und das weiche Fleisch an der Schläfe schwoll an. Es war klar, dass sie Suzannah schnell ins Krankenhaus bringen mussten.
Verzweifelt sah er sich um. Nach nicht allzu langer Zeit hörte man erneut das Schlagen des Propellers. Wenn Suzannah Blutungen im Schädel hatte, dann durften sie keine Sekunde verlieren.
Nun, da er gerade gelernt hatte, mit dem Tod seiner Schwester umzugehen, stand er kurz davor, einen zweiten, herzzerbrechenden Verlust zu erleiden.
Der leblose Körper wurde auf die Trage gelegt und in den Helikopter gebracht.
Bitte lass Suzannah nicht sterben! flehte er eine unsichtbare göttliche Kraft an. Aber die einzige Antwort, die er erhielt, war das Stimmengewirr der Rettungssanitäter, bereit zum Abflug.
Da im Helikopter kein Platz mehr war, machte sich Lafe ohne zu diskutieren auf den Weg. “Vergewissert euch, dass das Team auf der anderen Seite darüber informiert ist, dass Hirnblutungen möglich sind”, sagte er noch, bevor er Suzannah den Rettungssanitätern überließ. Es war eine lange Autofahrt nach Port aux Basques. Und je eher er sich auf den Weg machte, desto schneller war er bei ihr.
Als der Helikopter sich seinen Weg durch die Nacht bahnte, kam Suzannah wieder zu Bewusstsein. Ein junger Sanitäter beugte sich über sie. Und als sie seinen besorgten Blick sah, fragte sie schwach: “Lafe? Wo ist er?”
“Der andere Arzt?”, fragte er. Als sie mit Schmerzen nickte, antwortete er: “Er ist noch in den Bergen, und Sie sind auf dem Weg nach Port aux Basques. Sie waren sehr mutig, Lady. Der Junge ist bereits auf der Intensivstation. Und es wird sich sofort jemand um Ihren Kopf kümmern, wenn wir ankommen.”
Suzannah hob ihre Hand und fasste sich an die Schläfe. Da war die Wölbung, die weiche Masse, die auf Furchtbares hindeutete.
Sie schloss die Augen, um ihre Tränen zu verbergen. Wenn er so besorgt um sie war, warum war Lafe dann nicht hier?
Eine Computertomografie bestätigte den Verdacht und Suzannah stellte sich bereits seelisch auf die Operation, die notwendig war, ein.
Es mussten kleine Löcher in ihren Schädel gebohrt werden, um das sich ansammelnde Blut abfließen zu lassen.
Wenn nur Lafe mit seinem kühlen Vertrauen und seiner ruhigen Kraft hier wäre, dachte sie traurig. Aber er hatte seine Pflicht erfüllt. Außerdem musste er selber eine Klinik führen.
Suzannah fühlte sich furchtbar einsam, als die Türen zum Operationssaal aufschwangen. John und Debbie wären sicherlich bei ihr, wenn sie davon gewusst hätten. Und sicherlich hätte sich Shirley sofort auf den Weg zu ihr gemacht. Aber die einzige Person, die sie an ihrer Seite
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