Bianca Arztroman Band 0031
hören.
“Ich gehe zu ihm hinunter”, erklärte sie entschlossen. “Und während ich unten bin, könnt Ihr nach den anderen suchen.”
Mit gesenkter Stimme, sodass die anderen ihn nicht hören konnten, sagte er: “Bist du lebensmüde, Suzannah?”
“Möglich.” Und ohne ihm Gelegenheit zu geben, weiter darauf einzugehen, wandte sie sich an die anderen. “Ich steige hinab. Befestigt mich an einem Seil.”
Für einen Moment herrschte Schweigen, bis die Worte in die Köpfen eingedrungen waren. Dann begannen die Männer zu tun, was sie gesagt hatte. Lafe stand wie versteinert daneben.
Jemand warf ihr eine Taschenlampe zu, ein anderer eine Decke. Suzannah warf Lafe einen letzten Blick zu, als sie an der Kante der Felsspalte stand.
Sie wollte ihm sagen, dass sie ihn liebte … so sehr. Dass er alles für sie war, und wenn sie hier nicht lebend wieder hinaufkam …
Stattdessen schrie sie: “Wirf mir den Rucksack nach, wenn ich am Boden angelangt bin.”
Er nickte grimmig, und verzweifelt dachte sie, dass es ganz egal war, was sie tat. Für ihn war es niemals richtig. Sollte sie den Jungen dort unter vielleicht alleine lassen?
Als man sie hinunterließ, war Lafes Gesicht das Letzte, was sie sah. Und es war nichts Aufmunterndes oder Tröstendes darin zu sehen. Sie konnte ihn ein wenig verstehen. Normalerweise war er derjenige, der sich in riskante Situationen begab. Nun stand er an der Seite, und sie spielte Superwoman.
Aber trotzdem! Er hätte ihr wenigstens ein paar gute Wünsche mit auf den Weg geben können. Stattdessen tat er so, als würde sie ihn absichtlich ärgern wollen.
Lafe hatte sich immer für einen vernünftigen Mann gehalten, aber als er sah, wie Suzannah in der Tiefe verschwand, konnte er sich kaum beherrschen. Der Gedanke daran, dass ihr etwas zustoßen konnte, ließ sein Blut gefrieren.
“Haltet das Seil straff”, sagte er eindringlich, als sich Suzannah mit ihren Beinen an den Wänden abstützte. “Wenn es zu sehr durchhängt, wird Dr. Harding gegen die Seiten schwingen und sich verletzen.”
Wo bleiben um Himmels willen die Suchtrupps und der Helikopter? dachte Lafe verzweifelt. In dem Augenblick rief einer der Suchenden aus: “Seht! Hier sind die anderen Kinder!”
Lafe blickte auf und sah eine Gruppe erschöpfter Jugendlicher mit schleppenden Bewegungen auf sie zukommen. Ein paar der Anwohner liefen ihnen entgegen. Lafe betete, dass Suzannah und der Junge unten in der Felsspalte ebenso viel Glück hatten.
Es ging tiefer hinab, als Suzannah vermutet hatte. Als sie endlich am Grund angelangt war, hatte sie überall Kratzer und Quetschungen.
Es war so eng, dass sie kaum auftreten konnte, ohne auf dem Jungen zu stehen. Er antwortete nicht, als sie ihn ansprach. Aus der Wollmütze quoll Blut hervor, und das eine Bein lag in abnormer Position. Dies waren nur die sichtbaren Verletzungen. Auf diesem begrenzten Raum konnte sie nur wenig für ihn tun.
Sie sah nach oben und konnte die Gesichter der anderen als helle Flecke ausmachen. “Ich brauche eine Bahre. Ist der Helikopter schon in Sicht? Es tritt Blut aus dem Kopf … und außerdem splittern immer mehr Felsstücke herunter.”
Lafe schauderte. Genau das fehlte noch, ein Steinschlag! Es hatte aufgehört zu schneien, und wie durch ein Wunder war der Wind abgeflaut.
Vielleicht war der Helikopter jetzt auf dem Weg. Sehen konnte man ihn jedenfalls noch nicht. Einige der Männer halfen den erschöpften Jugendlichen beim Abstieg. Es blieb an Lafe und den restlichen der Suchenden, bei der Felsöffnung zu stehen und mit angespannten Sinnen auf das Hubschraubergeräusch zu warten.
Endlich — das Schlagen des Propellers, und binnen weniger Sekunden landete ein Helikopter auf einer kleinen Plattform in der Nähe.
“Meine Kollegin benötigt eine Bahre”, sagte Lafe mit rauer Dringlichkeit, als die Rettungssanitäter ausstiegen. “Dort unten ist ein verletzter Junge. Sobald sie ihn daraufgelegt hat, können wir ihn hochziehen und sie auch.”
“Sie!”, rief der Verantwortliche aus. “Es ist eine Frau da unten? Du lieber Himmel!”
“Eben”, knirschte der blonde Arzt. “Also, lassen Sie uns schnell machen.”
Der Junge war oben. Lafe untersuchte ihn. Glücklicherweise trug er eine sehr dicke Jacke, sodass wenigstens der Oberkörper von den schlimmsten Prellungen verschont geblieben war. Aber sein Anblick war furchtbar.
“Er hat Kopfverletzungen und möglicherweise Frakturen”, informierte Lafe die Sanitäter. “Je
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