Bianca Exklusiv 0189
Harry ein bestürztes Gesicht machte, fügte sie hinzu: „Ich weiß, dass du das nicht möchtest. Aber es hilft alles nichts, ich muss es tun.“
Harry schüttelte heftig den Kopf. „Jack sagt, dass es besser wird. Außerdem sind bald Ferien, und die meisten Raufbolde gehen danach auf die Highschool.“
7. KAPITEL
Die Woche verstrich ohne besondere Ereignisse. Harry behauptete, die schlimmen Jungen in der Schule hätten das Interesse an ihm verloren.
Es schien zu schön, um wahr zu sein. Doch Esme hatte noch andere Sorgen. Am Stadtrand von Southbury hatte sie eine Wohnung zu einer akzeptablen Miete gefunden. Nur brauchte sie jetzt Geld für die Kaution. Am nächsten Montag wollte sie ihre Kunden um eine Anzahlung bitten. Harry wollte sie vorerst nichts von der Wohnung erzählen.
Und Jack? Sie hatte zwar ab und zu an ihn gedacht, ihn aber nicht gesehen. Vermutlich war er noch im Ausland.
Während eines Spaziergangs im Wald war Harry dann auf einmal verschwunden. Instinktiv ging sie zum Gutshaus hinüber, wo sie ihn auch fand, auf dem Feld bei den Ställen. Dort wurde mit einem alten Holzstock und einem Tennisball Kricket gespielt.
Esme blieb am Ende des Stallgebäudes stehen. Schweren Herzens beobachtete sie ihre beiden Männer. Jack gab Tipps, bevor er den Ball warf. Wenn Harry ihn traf, lobte Jack ihn. Es war noch ein zweiter Mann dabei, wahrscheinlich Jacks Partner. Jetzt lachten Jack und Harry und neigten dabei den Kopf auf die gleiche Art. Sie sehen sich sehr ähnlich, dachte Esme.
Zehn Jahre lang war sie überzeugt gewesen, sie könnte alles für Harry sein. Doch sie hatte niemals Kricket mit ihm gespielt oder eine andere Sportart zusammen mit ihm ausgeübt Und so herzhaft gelacht wie jetzt hatte Harry auch selten.
Dann überlegte sie, was passieren mochte, wenn sie Harry sagte, dass Jack sein Vater war. Und wie würde Jack reagieren? Gedankenverloren ging sie wenig später zum Cottage zurück, setzte sich an den Küchentisch und dachte nach.
Irgendwann kam Harry nach Hause. „Entschuldige, dass ich so spät komme.“ Er wirkte immer noch freudig erregt.
„Ist schon in Ordnung.“ Esme ging zum Kühlschrank und nahm den Salat heraus, den sie zubereitet hatte.
Harry warf ihr einen flüchtigen Blick zu, während er sich an den Tisch setzte. Einige Minuten dauerte es, bis sein schlechtes Gewissen dann doch die Oberhand gewann. „Ich bin den Weg hinaufgegangen, um zu sehen, ob die Asphaltdecke fertig ist.“
„Und? Ist sie?“, fragte Esme, obwohl sie beide genau wussten, dass der Weg zum Westtor längst fertiggestellt war.
„Ja“, antwortete er. Dann gestand er: „Mr. Doyle war auf dem Hof. Er ist zurück aus Japan.“
„Ach ja?“
„Sein Freund Sam war auch da. Der hat einen Sohn, ungefähr in meinem Alter. Wir haben ein bisschen Kricket gespielt.“
„Ich habe nicht …“ Esme unterbrach sich schnell. Sie konnte ja nicht sagen, dass sie keinen anderen Jungen gesehen hatte.
„Was hast du nicht, Mom?“
„Ach, nichts“, sagte sie schnell und rang sich ein Lächeln ab.
„Du hast doch nichts dagegen, Mom?“
„Nein“, antwortete sie, was nicht ganz der Wahrheit entsprach. Sie wollte aber keine Spielverderberin sein.
„Gut.“ Harry strahlte. „Jack hat nämlich gemeint, ich müsse dich erst fragen, wenn ich nach dem Essen Eliot besuchen will.“
Immerhin hielt Jack sich an gewisse Spielregeln. „Wenn du willst, kannst du gehen“, sagte sie schließlich ruhig.
„Cool.“ Dann aß er in Rekordzeit den Salat auf und war auch schon wieder auf und davon.
Später beschäftigte sie sich mit der Arbeitsmappe, die sie am folgenden Tag den Claremonts präsentieren sollte.
Danach ging sie daran, das kleine Gästezimmer aufzuräumen, das als Abstellkammer benutzt wurde. Sie sortierte überflüssige Sachen aus. Da musste sie jetzt ganz rigoros sein, weil sie ja bald in eine kleinere Wohnung umziehen würden.
Irgendwann kam dann Harry zurück und wollte wissen, was sie da mache. Sie sagte ihm, sie mache Frühjahrsputz, was er ihr natürlich nicht glaubte, da bereits Sommer war.
„Willst du immer noch ausziehen?“, fragte er missmutig.
Nach kurzem Überlegen antwortete sie: „Vielleicht“, um einen Streit zu verhindern.
Als sie schließlich beim Tee saßen, beschloss Esme, ihn nicht nach seinem Nachmittag zu fragen. Sie wollte den Namen Jack nicht hören.
Leider sah ihr Sohn das ganz anders. „Er ist noch gar nicht richtig eingezogen“, begann Harry zu erzählen. „Es
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