Bianca Exklusiv 0189
das Auto stehen. Sie hatte auf dem Rückweg tanken wollen, es aber einfach vergessen.
Es gab drei Möglichkeiten: den Abschleppservice anrufen, per Anhalter fahren oder zu Fuß gehen. Sie sah auf die Uhr und stellte fest, dass sie nicht rechtzeitig nach Hause kommen würde, um Harry abzuholen. Dem Himmel sei Dank, sie hatte ihr Handy dabei!
Sie schaltete es ein und rief bei der Schule an.
Die Sekretärin war unfreundlich zu Esme und bestand darauf, sie zur Rektorin Mrs. Leadbetter durchzustellen. Die sagte dann zu Esme, Harry sei bereits von ihrem Freund abgeholt worden.
„Wie hieß er denn?“ Esme versuchte, ruhig zu bleiben.
„Das weiß ich nicht genau“, gestand Mrs. Leadbetter. „Er hat sich nicht richtig vorgestellt.“
„Wie hat er denn ausgesehen?“
„Groß, dunkelhaarig.“ Sie schwieg kurz. „Ziemlich attraktiv“, fuhr sie dann fort. „Ihr Sohn schien ihn gut zu kennen, Mrs. Hamilton. Und er kam ja auch auf unseren Anruf hin.“
„Auf Ihren Anruf hin?“
„Ja. Es gab heute Probleme in der Schule“, erklärte die Rektorin. „Wir meinten, es wäre besser, wenn Harry früher nach Hause ginge.“
„Probleme?“
„Eine Rauferei zwischen Harry und einem anderen Jungen. Es war nicht so schlimm. Ihr Sohn hat angefangen, Mrs. Hamilton. Als er die Schuld nicht eingestehen und auch nicht ins Klassenzimmer zurückgehen wollte, blieb uns keine Wahl. Wir mussten ihn nach Hause schicken.“
Esme weigerte sich, diese Geschichte zu glauben. „Harry war bisher noch nie in eine Schlägerei verwickelt. Wissen Sie eigentlich, dass er von einigen Jungen tyrannisiert wird?“
„Ja, wir sind uns dessen bewusst, dass die Situation etwas komplexer ist. Könnten Sie vielleicht morgen einmal herkommen?“
„Ich werde sehen, was sich machen lässt.“ Esme wollte zunächst mit Harry reden, bevor sie zusagte. „Ich muss jetzt gehen“, fügte sie hinzu und beendete das Telefonat.
Dann wählte sie die Nummer der Mobilbox. Zwei Anrufer hatten auf Band gesprochen. Erstens die Schulsekretärin, Esme möge bitte zurückrufen.
Der zweite Anrufer war Jack: „Jemand aus Harrys Schule hat angerufen. Harry ist okay, aber es gibt erzieherische Probleme. Ich fahre hin und hole ihn ab. Er wird dann zu Hause sein. Keine Panik!“
Keine Panik! Sie blickte wütend das Handy an. Dann versuchte sie, die Situation einzuschätzen. Harry ging es gut, das war die Hauptsache. Das Problem mit der Schule würde sich schon lösen lasen. Jetzt musste sie nur irgendwie nach Hause kommen.
Noch einmal versuchte sie, den Motor zu starten – ohne Erfolg. Danach rief sie den Abschleppservice an. Man versprach ihr, vor Einbruch der Dunkelheit da zu sein. Da es bis dahin noch sechs Stunden waren, entschloss sie sich, nicht zu warten.
Sie ging am Straßenrand entlang. Nach einigen hundert Metern hielt ein Auto an. Ein älteres, vertrauenswürdig aussehendes Ehepaar saß darin und fragte, ob sie mitfahren wolle. Esme nahm dankend an.
In Highfield angekommen, ging Esme geradewegs zum Gutshaus hinauf. Als sie in der Eingangshalle stand, hörte sie Stimmen im Salon. Sie klopfte an und trat ein. Jack und der Mann, der beim Kricketspiel dabei gewesen war, saßen dort. Von Harry keine Spur.
„Wo ist er?“, fragte sie ohne Umschweife.
„Oben in der Mansarde.“ Jack und der andere standen auf.
„Er spielt mit Eliot, Sams Sohn.“
„Schön.“ Esme ermahnte sich, ruhig zu bleiben, bis sie die ganze Geschichte gehört hatte.
„Das hier ist Sam“, stellte Jack jetzt den Mann vor. „Er ist mit Rebecca verheiratet, die du ja bereits kennengelernt hast. Sam, das ist Esme, Harrys Mutter.“
„Freut mich, Sie kennenzulernen.“ Sam ging mit ausgestreckter Hand auf Esme zu.
„Hallo“, erwiderte sie und schüttelte ihm kurz die Hand.
„Sie haben einen sehr netten Sohn“, sagte er lächelnd.
„Danke“, erwiderte sie etwas förmlich.
Da meinte Sam: „Ich glaube, ich sehe mal nach, was die Burschen da oben treiben.“
Jack nickte und wartete, bis sein Freund den Raum verlassen hatte. Dann sagte er: „Ich kann mir vorstellen, dass du ziemlich wütend bist. Wir wollen uns aber wenigstens hinsetzen und vernünftig miteinander reden.“
Sie setzten sich.
„Mein Sohn ist von der Schulleitung nach Hause geschickt worden. Sie haben ihn mit einem unbefugten Fremden gehen lassen“, begann sie zornig. „Aber was soll’s? Das ist wohl nicht so wichtig, wie?“
„Okay, okay.“ Er hob beschwichtigend die Hände. „Vielleicht
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