Bianca Exklusiv Band 0088
mache.”
“Werden Sie für ihn arbeiten?”
“Nun, ich weiß nicht, ob das Angebot noch gilt”, antwortete sie zögernd.
“Warum sollte es nicht mehr gelten?”
Sie schaute ihn verächtlich an. “Weil meine Mutter nicht besonders erfreut war über meinen Entschluss, meinen Vater hier zu besuchen”, sagte sie kühl. Und das ist die Untertreibung des Jahres, fügte sie in Gedanken hinzu, als sie sich an die turbulente Abschiedsszene mit ihrer Mutter erinnerte.
“Kommen Sie mit Ihrer Mutter gut aus?”, wollte Ryan jetzt wissen.
Tara gingen die direkten, bohrenden Fragen langsam auf die Nerven. “Wir haben verschiedene Interessen”, erwiderte sie kühl. “Wie wäre es, wenn wir zur Abwechslung über Sie reden? Warum haben Sie sich mit meinem Vater geschäftlich zusammengetan?”
“Das schien das Vernünftigste zu sein”, gab Ryan bereitwillig Auskunft. “In bestimmten Bereichen haben wir gemeinsame Interessen.” Er lächelte sie an. “Freunde waren wir schon vorher.”
“Zwischen Ihnen und meinem Vater herrscht aber doch ein beträchtlicher Altersunterschied”, meinte Tara.
“Das war nie ein Problem”, erwiderte Ryan gelassen. “Bisher war unsere Verbindung sehr erfolgreich.”
“Wie schön für Sie, Ryan”, bemerkte sie kühl. “Es muss für Sie von Vorteil gewesen sein, in eine etablierte Firma einzusteigen”, fügte sie herausfordernd hinzu.
“Ach, Sie glauben, ich hätte mich ins gemachte Nest gesetzt?”, sagte er ruhig, doch seine Augen blickten kalt. “Ich kann Ihnen versichern, dass unsere Unternehmen auf einer Anteilbasis von fünfzig zu fünfzig zusammengeschlossen wurden.”
Tara hatte das unangenehme Gefühl, sich einem Panter gegenüberzubefinden, der zum Sprung auf die Beute ansetzte. Die unbändige Kraft von Ryans Persönlichkeit, die nur von seinem starken Willen unter Kontrolle gehalten wurde, erschreckte Tara mit einem Mal. Ein solcher Mann war durchaus fähig, sich allein im Dschungel des internationalen Business durchzusetzen und einen erfolgreichen Betrieb ohne fremde Unterstützung zu gründen. Widerstrebend gestand Tara sich ein, Ryan bei Weitem unterschätzt zu haben.
“Daddy hat also Glück gehabt. Es kommt nicht oft vor, dass zwei gleichermaßen erfolgreiche Firmen sich zusammenschließen”, sagte sie einlenkend und hoffte, dass Ryan ihr nicht anhörte, unter welcher inneren Anspannung sie stand. Wie lange würde sie es noch schaffen, sich kühl und höflich interessiert zu geben?
Anscheinend hatte sie sich zu viel zugetraut, als sie beschloss, Ryan unauffällig auszuhorchen, über sich selbst aber nichts zu verraten. Außerdem hätte ich damit rechnen müssen, dass ich in seiner Nähe keinen kühlen Kopf behalte, sagte sie sich. Um der verzwickten Lage wenigstens vorübergehend zu entkommen, stand sie auf.
“Würden Sie mich einen Moment entschuldigen, Ryan?”
“Natürlich.” Höflich erhob er sich ebenfalls.
Als sie hinausging, hatte sie das unangenehme Gefühl, dass er ihr spöttisch nachschaute.
Allein im Waschraum, seufzte Tara erleichtert auf. War sie eben Ryan gegenüber etwa zu weit gegangen? Nein, das konnte eigentlich nicht sein. Sie hatte ihn nur dazu veranlasst, ihr genau über seine Stellung in der Hall Bay Company Auskunft zu geben. Als völlig gleichberechtigter Partner ihres Vaters konnte er durchaus Sebastian Hallidays schärfster Rivale sein – nämlich jemand, der lieber im Alleingang alles bestimmte.
Tara seufzte auf. Die Situation war viel komplizierter als erwartet. Statt von ihrem Vater mit offenen Armen willkommen geheißen zu werden, musste sie, Tara, sich mit einem Mann wie Ryan Bay auseinandersetzen, den sie nicht richtig einordnen konnte.
Und dafür habe ich den völligen Bruch mit Mummy in Kauf genommen, dachte Tara betrübt, als sie sich an die Szene erinnerte, die sich vor der Abreise zwischen ihr und ihrer Mutter abgespielt hatte.
Taras unnachgiebige Weigerung, über den Verkauf ihres Firmenanteils auch nur nachzudenken, hatte ihre Mutter in Rage gebracht. John Chacewater, der zwischen Mutter und Tochter nicht vermitteln konnte, verließ resigniert den Raum. Daraufhin hatte Mrs. Chacewater den letzten Rest an Zurückhaltung aufgegeben.
Wiederholt warf sie Tara Dummheit, Undankbarkeit und Halsstarrigkeit vor. Sie klagte über das entsetzlich langweilige Leben, zu dem sie, Patricia Chacewater, damals in Hongkong verurteilt gewesen war. Ihren Exmann beschuldigte sie, sie stets vernachlässigt zu haben –
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