Bianca Exklusiv Band 0088
doch die Balkontüren und ging hinaus. Drückende Hitze schlug ihr entgegen. Sie atmete tief durch. Die vertrauten Gerüche der Stadt weckten Erinnerungen an das große, von Bäumen umgebene Haus ganz in der Nähe, in dem sie ihre Kindheit verbracht hatte, an ihre schöne, elegante Mutter, die im Rolls-Royce zum Einkaufen fuhr … und an ihren Vater, der sie, Tara, wenn er nach Hause gekommen war, gut gelaunt hochgehoben und gefragt hatte, ob sie ein artiges Mädchen gewesen sei.
Rasch verdrängte sie die Bilder aus ihren Gedanken, um sich endlich zu entscheiden. Sollte sie den ersten Abend in Hongkong allein in dem luxuriösen, aber unbehaglichen Apartment verbringen? Oder sollte sie es doch wagen, mit dem ironischen, faszinierenden, beunruhigenden Ryan Bay auszugehen?
“Guten Abend, Tamara. Ich hoffe, Sie fühlen sich jetzt besser.” Unbemerkt war Ryan Bay ins Wohnzimmer gekommen und stand an der offenen Balkontür.
Erschrocken drehte Tara sich um. Die letzten Sonnenstrahlen ließen ihr Haar aufleuchten und verliehen ihrer Haut einen goldenen Schimmer.
“Sie sehen zumindest besser aus”, meinte Ryan anerkennend. “Jetzt sind Sie sicher hungrig.” Er wartete nicht auf eine Antwort, sondern legte Tara sanft die Hand auf den Arm. Dass Tara dabei ein Schauer überlief, schien er nicht zu merken. “Ich dachte mir, dass Sie am ersten Abend hier in Hongkong lieber europäisch essen möchten”, fuhr er ruhig fort. “Und ich hoffe, dass Sie mit meiner Wahl einverstanden sind, denn ich habe schon einen Tisch im ‚Pierrot‘ reserviert, einem der besten französischen Restaurants in Hongkong. Es liegt im obersten Stockwerk des ‚Mandarin Hotels‘, also werden Sie Gelegenheit haben, sich anzuschauen, was sich seit Ihrer Abreise vor vielen Jahren verändert hat.”
Da Tara sich mittlerweile entschlossen hatte, seine Einladung abzulehnen, ging sie über die Bemerkungen schweigend hinweg. Sie schaute ihm in die Augen und stellte fest, dass sie dazu nicht zu ihm aufschauen musste, da er tatsächlich nur wenige Zentimeter größer war als sie selbst. Und wenn sie hochhackige Schuhe trug, würde sie ihn sogar überragen. Dieser Gedanke half ihr, das innere Gleichgewicht wiederzuerlangen, das seine sinnliche Ausstrahlung und die Berührung gestört hatte.
“Ich würde heute Abend lieber zu Hause bleiben”, erklärte Tara abweisend und zog ihren Arm unter seiner Hand weg.
Erstaunt hob er die Brauen und warf ihr einen amüsierten, wissenden Blick zu. “Ich habe übrigens gerade mit Ihrem Vater telefoniert”, teilte er ihr mir. “Er freut sich, dass Sie gut angekommen sind, und er hält es für eine gute Idee, wenn Sie und ich uns inzwischen besser kennenlernen. Ich glaube nicht, dass es ihm gefallen würde, wenn Sie den ersten Abend in Hongkong allein verbringen müssten.”
Ryan und Tara standen sich immer noch gegenüber. Sie versuchte, die Mischung aus Misstrauen und Faszination, die sie spürte, zu verbergen. Sie war sich nicht sicher, ob sie Ryan mochte. Und sie wusste, dass sie ihm keinesfalls traute … Doch er betörte ihre Sinne auf eine unbegreifliche Weise, wie es kein Mann vor ihm je getan hatte.
Er machte den Eindruck, als habe er erst vor Kurzem geduscht, denn sein Haar war noch feucht und glatt zurückgekämmt. Seine Jacke stand offen und ließ ein cremefarbenes Seidenhemd mit den eingestickten Initialen RB sehen. Ein Hauch von dezentem Rasierwasser umgab ihn.
Halb beschämt über ihre Gedanken, wandte sie sich ab. Dass Ryan sie attraktiv fand, war offensichtlich, denn er betrachtete sie mit dem typischen Blick eines Mannes, der eine Frau begehrenswert findet. Doch abgesehen davon, konnte Ryan sie vermutlich ebenso wenig leiden wie sie ihn. Vielleicht hoffte er auf ein flüchtiges Abenteuer, bei dem Zuneigung weniger wichtig war als erotische Anziehung.
“Es ist sehr nett von Ihnen, an meine Unterhaltung zu denken, aber Sie brauchen sich nicht zu bemühen, Ryan”, sagte Tara schließlich kühl. “Ich habe Freunde in Hongkong, also brauchen Sie sich um mich nicht zu sorgen. Tatsächlich würde es mir mehr Spaß machen, mich auf eigene Faust wieder in der Stadt zurechtzufinden.”
Bedauernd hob er die Schultern und lächelte charmant. “Mir würde es trotzdem viel Freude bereiten, wenn Sie mich heute Abend zum Essen begleiteten. Ihr Vater verlässt sich darauf, dass ich mich gut um Sie kümmere. Und ich möchte ihn nicht enttäuschen.” Ryan quittierte ihren misstrauischen Blick mit einem
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