Bianca Exklusiv Band 0088
einzige Möglichkeit gewesen waren, überhaupt etwas über ihren Vater zu erfahren.
Nun fragte sie sich, ob die Firma ihre Bedeutung Ryans dynamischer Persönlichkeit verdankte. Wahrscheinlich ja, sagte sich Tara voll Unbehagen. Sie machte sich nichts darüber vor, warum Ryan sich so viel Mühe gegeben hatte, sie am ersten Abend auszuführen. Sein Interesse galt nicht ihr als Frau, sondern ihr als Firmenteilhaberin. Ihr Aktienanteil würde darüber entscheiden, wer die Kontrolle über die Hall Bay Company ausübte. Entweder versuchte Ryan herauszufinden, ob Tara vorhatte, ihre Aktien einem Fremden zu verkaufen, oder er wollte sie so für sich einnehmen, dass sie ihm ihren Anteil veräußerte.
Der Abend mit Ryan erschien Tara nun wie die erste Runde in einem Boxkampf, in der die Gegner sich vorsichtig umkreisten, um die Stärken und Schwächen des anderen herauszufinden.
Das Klingeln des Telefons riss Tara aus ihren Überlegungen. Widerstrebend hob sie ab. Wer – außer Ryan – wusste, dass sie hier war?
“Hallo? Tara, bist du’s?”
“Ja?”
“Hallo, Liebes. Du hast uns mit deinem Besuch ganz schön überrascht. Schade, dass ich nach Los Angeles musste. Ich hätte dich so gern zu Hause willkommen geheißen.”
“Daddy!” Tara brach beim Klang der vertrauten Stimme, die sie seit Jahren nicht gehört hatte, fast in Tränen aus. “Ich hätte dich rechtzeitig über meine Pläne benachrichtigen sollen, aber ich hatte keine Zeit mehr.”
“Das macht nichts. Hauptsache, du reist nicht wieder ab, bevor ich zurück bin …”
“Auf keinen Fall!”, unterbrach sie ihn. “Wann kommst du nach Hause?”
“Das weiß ich nicht genau. Aber ich versuche, die geschäftlichen Angelegenheiten schnell zu erledigen. Sag mal, gönnst du dir einen ausgedehnten Urlaub?”
“Nein, nicht direkt. Ich hatte gehofft, hier in Hongkong einen Job zu finden.”
Einen Moment lang schwieg ihr Vater. “Heißt das, dass du dein Zuhause verlassen hast?”
“Ich hoffe, es ist genau umgekehrt – dass ich endlich nach Hause gekommen bin”, sagte sie leise.
Tara war sich nicht sicher, ob ihr Vater erleichtert war, doch seine Stimme klang danach.
“Wie wunderbar, Liebling. Ich war mir etwas im Zweifel darüber, ob du nach der langen Zeit noch etwas mit deinem alten Vater zu tun haben willst. In zwölf Jahren kann sich so viel ändern.”
Sie schluchzte leise auf und wischte sich eine Träne von der Wange.
Auch ihr Vater klang gerührt, als er fortfuhr: “Wie gern wäre ich jetzt bei dir, um deine Heimkehr zu feiern. Aber leider muss ich hier in Los Angeles bleiben, bis ich ein wichtiges Geschäft abgeschlossen habe. Sonst würde ich mit dem nächsten Flugzeug zurückfliegen. Das weißt du hoffentlich.”
“Natürlich, Daddy”, antwortete sie, schon viel ruhiger. “Mach dir keine Sorgen. Ich muss dir noch schnell sagen, warum ich hier bin. Man hat mir ein Angebot für meine Firmenaktien gemacht.”
“Du hast doch nicht etwa verkauft?”, fragte Sebastian Halliday besorgt.
“Das hätte ich nie getan, ohne vorher mit dir darüber zu reden”, beruhigte sie ihn.
“Gott sei Dank”, rief er erleichtert. “Ich wollte dich an deinem Geburtstag anrufen, aber es hieß, du bist nicht da.”
“Das klingt ganz nach Mummy. Sie ist ziemlich böse, dass ich abgereist bin.”
“Das tut mir leid, Kleines. Ich hatte gehofft, dass sie im Lauf der Jahre milder über mich urteilt. Vor allem, da sie ja wieder glücklich verheiratet ist.”
“Sie hat sich trotzdem kein bisschen geändert”, entgegnete Tara.
“Heißt das, du hast alle Brücken hinter dir abgebrochen?”
“Mehr oder weniger. Aber keine Angst, Daddy, ich werde dir nicht zur Last fallen. Ich wäre schon eher nach Hongkong gekommen, aber ich hielt es für vernünftiger, zuerst mein Diplom zu machen, damit ich unabhängig sein kann.”
“Mir scheint, ich kann auf meine Tochter wirklich stolz sein”, sagte Mr. Halliday erfreut. “Da muss ich mich wohl anstrengen, um mit dir mithalten zu können.”
Tara lachte glücklich. “Ich freue mich so, wieder hier zu sein. Du weißt gar nicht, wie schrecklich ich dich vermisst habe.”
“Sicher nicht so wie ich dich”, sagte er leise. “Ich habe mehrfach versucht, dich zu treffen, wenn ich in London war, aber es war nie möglich. Gut, man sollte Vergangenes ruhen lassen, aber ich habe oft bitter bereut, deiner Mutter das alleinige Sorgerecht überlassen zu haben. Damals schien es das einzig Richtige zu sein. Ich
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