Bianca Exklusiv Band 0088
gegeben, dass sie allein bleiben wollte.
Nun spürte Tara, dass sie aufmerksam gemustert wurde, aber sie ließ sich nichts anmerken und schaute weiter auf die Seiten. Dann hörte sie ein Lachen, schaute auf und sah einen großen grauhaarigen Mann mit lebhaft blickenden braunen Augen in der Nähe ihres Liegestuhls stehen.
“Sehr schön”, meinte der Fremde. “Diese Vorstellung ist einer Greta Garbo wert. Die ganze Haltung sagt ‚Lassen Sie mich, ich möchte allein sein‘. Habe ich recht?”, spottete er.
Einen Moment lang saß Tara wie versteinert da, ehe sie den Mann erkannte. Freudig sprang sie auf und lief auf ihn zu.
“Daddy!”, rief sie.
Er streckte die Arme nach ihr aus, und sie schmiegte sich an ihn, lachte und schluchzte gleichzeitig. Sie brachte kein Wort heraus, doch Worte waren gar nicht nötig. Deutlich spürte Tara, dass ihr Vater sie liebte, so wie sie ihn. Erst jetzt erkannte sie, was sie in all den Jahren vermisst hatte. Die Liebe ihres Vaters hatte ihr Geborgenheit gegeben, und nachdem sie von ihm getrennt worden war, hatten sie Selbstzweifel und Ängste befallen.
Tränen schimmerten in Taras Augen, als sie sich sanft von ihrem Vater losmachte, einige Schritte zurücktrat und ihn prüfend betrachtete. “Geht es dir gut, Daddy? Bist du wieder ganz gesund?”, fragte sie besorgt.
“Mir geht es ‚sehr fein‘, wie du als Kind sagtest, wenn ich dich fragte”, antwortete er und lächelte zärtlich.
“Wunderbar. Aber weshalb bist du hier? Ist Serena auch da?”
“Nein, Kleines. Ich bin gekommen, um meine Tochter zu mir nach Hause zu holen. Aber zuerst möchte ich deine restlichen Urlaubstage mit dir zusammen verbringen, damit wir Gelegenheit haben, uns nach all den Jahren wieder kennenzulernen.”
“Oh Daddy!” war alles, was Tara herausbrachte, bevor die lang zurückgehaltenen Tränen ihr übers Gesicht liefen. Ihr Vater reichte ihr ein Taschentuch und nahm sie fest in die Arme, bis sie sich wieder beruhigt hatte.
Dann setzten sie sich auf eine schattige Bank, um in Ruhe zu plaudern.
“Wie habe ich mir gewünscht, dass du da gewesen wärst, als ich in Hongkong ankam”, sagte Tara und schluchzte ein letztes Mal auf.
“Ja, es war Pech, dass ich ausgerechnet damals fortmusste. Aber um ein altbekanntes Klischee zu zitieren: ‚Ende gut, alles gut.‘”
Tara konnte ihm nur beipflichten. Allerdings war für sie noch nicht alles gut. Wenn sie nur wüsste, was Ryan tat und dachte, hätte sie aus tiefstem Herzen zustimmen können …
Unwillkürlich seufzte sie auf. Ihr Vater hatte Ryan nicht einmal erwähnt. Gleich darauf spürte sie Schuldgefühle, dass sie in dem Moment, wo sie endlich mit ihrem Vater wieder vereint war, an einen anderen Mann dachte, und umarmte ihren Vater stürmisch.
“Hast du ein Zimmer in der Nähe von meinem im Hotel bekommen?”, erkundigte sie sich.
“Nicht ganz so nahe, wie es zuerst aussah. Es schien nämlich, als müssten wir uns ein Zimmer teilen”, antwortete er und schmunzelte. “Schade, dass Mr. Chu keine bessere Unterkunft für dich finden konnte.”
“Ich finde es großartig, dass er überhaupt daran gedacht hat, mich hier herzuschicken”, verteidigte Tara den alten Chauffeur. “Andernfalls säße ich jetzt nämlich wieder in London.”
“Das stimmt”, gab ihr Vater zu. “Übrigens hat Mr. Chu eine angemessene Belohnung für seine Rolle in dem Drama erhalten.” Er lächelte sie an. “Sag einmal, wenn mich mein erster Eindruck von deinem Verhalten nicht täuscht, ist es ganz gut, dass ich hier aufgekreuzt bin. Hattest du viel Ärger mit den männlichen Gästen?”
“Nicht unbedingt. Ich werde mit den meisten Situationen ganz gut fertig.”
“Das habe ich bemerkt.” Sebastian Halliday lachte anerkennend. “Dennoch bin ich froh, dass du jetzt nicht mehr in einer so peinlichen Situation bist.”
“Die Leute werden sicher glauben, dass ich deine Geliebte bin, was auch peinlich sein kann”, neckte Tara.
“Unsinn! Außerdem würden wir ihnen solche Gedanken schnell austreiben. Kommst du mit hinein? Ich möchte mich gern umziehen, denn ein grauer Anzug ist nicht sehr ferienmäßig. Allerdings muss ich erst meinen Koffer auspacken.”
“Das erledige ich für dich”, versprach Tara, hängte sich bei ihm ein und ging langsam mit ihm zum Hotel zurück.
“Darauf habe ich gehofft”, erwiderte er und lächelte sie an. “Seit ich mit Serena verheiratet bin, werde ich vollkommen verwöhnt. Mir geht es fast zu gut.” Er klopfte
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