Bianca Exklusiv Band 0088
sehr traditionell ausgesehen. Doch als Nikki es anzog, fühlte sie sich wie eine Märchenprinzessin. Das Kleid war viel prächtiger, als sie gedacht hatte. Die langen, aus Spitze und Satin gefertigten Ärmel und die lange Schleppe waren dicht mit Perlen bestickt. Der Schleier, der mit einer Perlenkrone befestigt wurde, unterstrich den dramatischen Schnitt des Kleides.
Nikki fragte sich, was Gil wohl denken würde, wenn er sie sah. Er war vor einer Stunde von Liveringhouse geweckt und in einen anderen Raum geführt worden.
In wenigen Minuten würde das Orchester den Hochzeitsmarsch spielen. Nikki wusste, dass Gil in diesem Moment bereits unter dem weißen Hochzeitsbogen stand, neben ihm Liveringhouse, der einen der Trauzeugen spielte. Eine hübsche, aber stille junge Frau mit ausdruckslosen Augen mimte Nikkis Brautjungfer. Ihr Name war Loretta. Sie war Caressas Cousine.
“Ich kenne sie kaum”, hatte Loretta über Caressa gesagt. “Zu ihrer echten Hochzeit hätte sie mich nie eingeladen. Aber sie bezahlt mich dafür, und ich kann das Kleid behalten.”
Roach, der einen dunklen Anzug mit einer schwarzen Krawatte trug, übernahm die Rolle des Brautvaters.
Als die ersten Takte des Hochzeitsmarsches erklangen, erstarrte Nikki. “Machen Sie sich bereit”, sagte Roach. “Und verhalten Sie sich natürlich. Konzentrieren Sie sich auf die Trauung.”
Jemand öffnete von außen die Türen zum Schlafzimmer. Nikki bekam auf einmal weiche Knie. Dann nahm Roach ihren Arm.
“Die Show beginnt”, sagte Roach leise. “Und Sie …” Kühl sah er Nikki an. “Sie lächeln gefälligst.”
Nikki lächelte wie befohlen, doch ihre Knie waren immer noch weich wie Butter. Loretta ging schon voraus zum Hochzeitsbogen. Der Weg war mit gelben und rosa Rosenblättern bestreut.
Ein Junge und ein Mädchen, Zwillinge, trugen Nikkis Schleppe. Roach hatte Nikki erzählt, es wären Caressas Stiefnichte und Stiefneffe, deren Eltern ebenfalls zur Hochzeit eingeladen waren.
Alle Gäste waren entweder Schauspieler oder entfernte Verwandte von Caressa, und alle wurden bezahlt. Das wusste Nikki. Wie sie hatten sich alle vertraglich zu Stillschweigen verpflichtet. Die Hälfte des Lohns wurde fünf Tage zurückbehalten, damit sie ihr Versprechen auch hielten.
Weiße Blumentöpfe mit gelben und pinkfarbenen Rosenbüschen säumten den Weg zum Hochzeitsbogen, der mit Rosen und Orchideen sowie weißen und silbernen Schleifen geschmückt war. Durch ihren Schleier hindurch konnte Nikki Gil sehen. Er hatte einen feierlichen Ausdruck im Gesicht. Neben ihm stand Liveringhouse.
Während Roach langsam weiterging, bemerkte Nikki, dass in der Lagune mehr Schwäne schwammen als sonst und dass man mindestens ein Dutzend weitere Pfauen auf die Veranda gebracht hatte. Das Knattern der Hubschrauber machte die Vögel nervös. Drohend schlugen sie ihr wunderschönes Rad.
Ein Hubschrauber ging etwas tiefer, damit der Fotograf eine bessere Aufnahme machen konnte.
“Wie viele Hubschrauber sind da oben?”, fragte Nikki ängstlich.
“Sechs”, antwortete Roach leise. “Caressa wird sauer sein. Bei der letzten Hochzeit von Liz Taylor waren es siebzehn.”
Siebzehn Hubschrauber, dachte Nikki entsetzt und betrachtete die Rosenblätter auf dem Weg. Das ist Wahnsinn.
Roach stieß ihr heimlich den Ellenbogen in die Seite. “Sie sollen nicht den Boden anlächeln, sondern ihn, verdammt. Der Schleier ist wie eine Spinnwebe, man kann hindurchsehen.”
Nikki hob den Kopf, blickte Gil aber nicht an. Stattdessen sah sie verstohlen zum Silverado hinüber. Wie viele Reporter und Fotografen waren wohl da drüben?
Sie wurde ganz mutlos bei dem Gedanken, wie viele Augen sie beobachteten.
Trotzdem lächelte sie tapfer weiter. Dann traf ihr Blick wieder auf Gil, und ihr Lächeln verschwand.
Er stand da mit Liveringhouse zu seiner Rechten und dem Pfarrer zu seiner Linken. Seine Jacke und sein Hemd waren schneeweiß und betonten sein dunkles Haar und seine sonnengebräunte Haut. Liveringhouse, der einen schwarzen Anzug trug, faltete nervös die Hände.
Wie Nikki wusste, war der Priester eigentlich ein Friedensrichter aus Reno. Ihm wurde eine stattliche Summe dafür gezahlt, dass er mitmachte und schwieg. Er trug ein Priestergewand und hatte einen frommen Ausdruck auf dem Gesicht.
Doch es war Gil, der ihre Aufmerksamkeit fesselte. Sein Ausdruck war immer noch so ernst, dass sie ihren Blumenstrauß unwillkürlich fester umklammerte. Was ging wohl in ihm vor?
Ungefähr
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