BIANCA EXKLUSIV Band 0171
tat ihre Idee als vollkommen absurd ab. „Er hat ein Motorrad, eine italienische Maschine. Wir sind damit durch ganz Paris gefahren.“
„Ein Motorrad?“, wiederholte Eve entsetzt. „Was haben Sie sich bloß dabei gedacht? Sie hätten verunglücken können. Motorräder sind sehr gefährlich. Wirklich, Miss Carlisle, Sie sollten vorsichtiger sein. Zumal in dieser Situation … Nun ja, Sie wissen schon, der Carlisle-Fluch und das alles. Passen Sie besser auf sich auf. Wenigstens bis zu Ihrem Geburtstag.“
Die letzte Carlisle wird am Vorabend ihres siebenundzwanzigsten Geburtstags sterben. So lautete der Fluch. Oder? Monty konnte sich beim besten Willen nicht erinnern, ob sie am Tag vor dem Geburtstag oder am Geburtstag selbst sterben sollte. Selbst jetzt, nach allem, was geschehen war, fiel es ihr schwer, den Fluch ernst zu nehmen. „Wenn ich eine Geburtstagstorte mit siebenundzwanzig gefährlich aussehenden Kerzen sehe, renne ich um mein Leben.“
„Scherzen Sie nicht. Die meisten Unfälle passieren aus heiterem Himmel.“
Das wusste Monty aus eigener Erfahrung. Aber sie wusste auch, dass sie nicht für den Rest ihres Lebens Angst vor urplötzlich heranrasenden Autos haben wollte. Natürlich würde sie in Zukunft besser aufpassen, wenn sie die Straße überquerte. Doch sie hatte nicht vor, zum Opfer ihrer eigenen Ängste zu werden.
„Wir sehen uns morgen“, sagte sie zu Eve. „Machen Sie sich einen netten Abend in dem alten Schloss. Lesen Sie eine Gruselgeschichte oder einen Krimi. Und machen Sie sich um mich keine Sorgen.“
„Ich werde dafür bezahlt, mir Sorgen zu machen.“
„Heute Abend haben Sie frei. Bis morgen.“
Eve seufzte lang und gedehnt. „Sie sind also im Ritz und bleiben bis morgen dort. Ich wünschte wirklich, Sie würden es sich anders überlegen, Miss Carlisle.“
„Unmöglich. Ich bin in Paris, der Stadt, in der es kein Zurück gibt. Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht, und vergessen Sie nicht, Sorgen sind reine Zeitverschwendung.“ Monty legte auf, bevor Eve protestieren konnte. Als Seb hereinkam, drehte sie sich zu ihm um, und ihr wurde bewusst, dass sie ebenso nackt war wie er. „Sie macht sich zu viele Sorgen.“
Er zog den Korken aus einer Flasche Wein. „Manche Menschen neigen dazu.“
„Seb?“ Monty legte den Kopf auf die Seite. „Haben Sie einen Wagen?“
„Ja.“ Überrascht zog er die Augenbrauen hoch und holte zwei Gläser aus dem Schrank. „Er steht in der Schlossgarage.“
Sie wollte ihn fragen, ob es eine dunkelgraue Limousine mit getönten Scheiben war. Und ob diese Limousine seit heute Nachmittag eine Beule in der Motorhaube aufwies. Aber der Wagen, der auf sie zugerast war, konnte unmöglich ihm gehören. Und selbst wenn, Sebastian war bei ihr gewesen.
Natürlich konnte Louis den Wagen gefahren haben. Zwischen dem Unfall und ihrem Telefonat mit Eve war genug Zeit gewesen, zum Schloss zurückzukehren. Aber Louis kannte sie nicht. Woher hätte er wissen sollen, wo er sie in Paris finden sollte, um sie auf der Straße zu …
Charlotte war anwesend gewesen, als sie mit Eve die Liste der Besorgungen durchgegangen war. Vielleicht hatte sie Louis informiert und dabei auch Shakespeare & Company erwähnt. Charlotte war Louis’ Frau. Hatte sie ihm gesagt, wo er zuschlagen sollte?
Zuschlagen?
Monty rieb sich die Stirn. Offenbar litt sie langsam unter Verfolgungswahn. Es war ein Unfall gewesen, sonst nichts. Ein Wagen war zu schnell gefahren und hatte einem anderen, der auf seine Fahrbahn geraten war, ausweichen müssen. Das war eine vernünftige Erklärung. Eve hatte sie mit ihrer übertriebenen Angst angesteckt, und jetzt sah auch sie Gefahren, wo gar keine lauerten.
„Möchtest du ein Glas Wein, bevor ich mit der nächsten Verführung beginne?“, fragte Seb mit einem ebenso hinreißenden wie herausfordernden Lächeln.
Er hielt ihr die Flasche Burgunder hin, und Monty wurde klar, dass nicht nur Autos, Statuen und Treppen gefährlich sein konnten. In diesem Moment verspürte sie den starken Wunsch, sich einer Gefahr namens Sebastian de Vergille auszuliefern.
„Ich möchte Wein“, sagte sie. „Ein Glas nach jeder Verführung.“
Er überlegte kurz. „Das klingt fair.“ Dann goss er den Wein ein.
Der Plan funktionierte nicht.
Montgomery Carlisle hätte längst tot sein müssen. Es wäre ideal gewesen. Ein tragischer Unfall auf einer vielbefahrenen Straße in Paris. Eine Fahrerflucht. Aber sie hatte wieder Glück gehabt und war dem Tod knapp
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