BIANCA EXKLUSIV Band 0171
ich würde mich viel sicherer fühlen, wenn ich die Laterne tragen könnte.“
„Ich kann die Stufen kaum erkennen.“
„Dann warten Sie hier. Ich hole die Laterne und komme wieder.“
Eve riss erschreckt die Augen auf. „Das kann ich nicht zulassen. Sie könnten sich verletzen.“
„Ich habe nicht vor, die Nacht in dieser Halle zu verbringen, Eve.“ Sie starrte dorthin, wo sich die Konturen der Treppe in der Dunkelheit aufhoben. „Charlotte!“
Wie von Geisterhand tauchte die Laterne am Ende der Treppe auf. „Folgen Sie mir!“, rief Charlotte.
Monty gefiel der Befehlston nicht, doch das Licht entfernte sich bereits wieder. „Kommen Sie, Eve.“ Sie eilte die Stufen hinauf, doch als sie oben ankam, bog Charlotte schon um eine Ecke des langen Korridors.
„Charlotte!“, rief Monty. „Charlotte, warten Sie auf uns!“
„Hier entlang“, kam es ungeduldig zurück.
Eve tastete nach Montys Arm. „Es ist so dunkel“, flüsterte sie. „Wo ist sie?“
„Vielleicht liegen unsere Zimmer an diesem Korridor.“ Von der Laterne war nichts zu sehen. Ein Blitz zuckte über den Himmel und tauchte den Korridor und die wie Engel aussehenden Statuen an den Wänden in kaltes Licht. Dann wurde es wieder dunkel. Monty ging entschlossen weiter und zog Eve mit sich.
„Ich kann nichts sehen“, flüsterte Eve verängstigt. „Sollten wir nicht lieber auf sie warten? Wir wissen doch gar nicht, wo wir sind.“
„Wir sind in der Halle der Engel.“
„Engel? Sind Sie sicher?“
Monty blieb vor einer Nische stehen und sah hinein, um nach einer Tür zu suchen. „Nun ja, vielleicht sind es auch Heilige … Nein, sie haben Flügel. Es sind Engel, kein Zweifel.“
Ein dumpfes Grollen ertönte.
„Was war das?“ Eve blieb wie angewurzelt stehen.
„Donner.“
„Es klang nicht wie Donner.“
„Vielleicht schleift Sebastian gerade unser Gepäck über die Zugbrücke, um es in den Wassergraben zu werfen.“
„Es gibt gar keine Zugbrücke … und keinen Wassergraben.“
Monty ging langsam weiter und blieb unter den ausgebreiteten Flügeln eines Engels stehen. „Charlotte?“, rief sie verärgert. „Wo sind Sie? Wir brauchen die Laterne.“
„Charlotte?“, wiederholte Eve zaghaft. „Charlotte?“
„Hier entlang.“ Die Stimme kam aus der Dunkelheit, etwa drei Engel entfernt. Die Laterne leuchtete kurz auf und verschwand wieder.
„Da ist sie“, sagte Eve und seufzte erleichtert.
Regen prasselte gegen die Fenster, und Monty sah hinaus. Edwin hätte ihr wenigstens eine Taschenlampe mitgeben können. Ohne ihn und diese unglückliche Sache mit dem Rubin wäre sie gar nicht hier …
Ein Blitz zuckte durch die Nacht, und es donnerte lauter als zuvor. Die Luft schien sich elektrisch aufzuladen. Monty kam es vor wie eine Warnung. Sie drehte sich um, hörte ein kratzendes Geräusch, spürte die Gefahr, blieb jedoch direkt unter der Statue stehen, die auf ihrem Sockel zu schwanken begann und langsam nach vorn kippte …
Jemand packte Montys Arm und riss sie aus der Bahn des umstürzenden Engels. Er presste sie an seinen kräftigen Körper. Montys Herz schlug wie wild. Ihr Retter duftete nach Sturm und Regen, und es dauerte eine Weile, bis ihr bewusst wurde, wie fest sie sich an ihn klammerte. Aber sie brachte es nicht fertig, ihn loszulassen und ihm zu danken. Entsetzt starrte sie auf den zerbrochenen Engel zu ihren Füßen.
Eve schrie auf. „Was, zum Teufel, war das?“, ertönte Charlottes strenge Stimme.
Eve eilte zu ihr. Derjenige, der Monty gehalten hatte, war fort, und sie fröstelte in der kalten Luft.
Charlotte hob die Laterne und ließ das Licht über die entstellte Statue wandern. „Wie haben Sie das denn gemacht?“
Monty sehnte sich nach der tröstenden Umarmung ihres Retters.
„O nein“, flüsterte Eve voller Entsetzen. „Du hättest getötet werden können. Wir hätten nicht herkommen sollen. Es ist der Fluch, nicht wahr?“
Der Carlisle-Fluch … Die letzte Erbin … Monty dachte an Tante Josephines oft wiederholte Warnung.
„Unsinn“, sagte sie scharf. „Ich war nicht in Gefahr. Wahrscheinlich bin ich gegen den Sockel gekommen und habe das Ding umgestoßen. Es wäre nicht passiert, wenn Sie uns nicht in der Dunkelheit zurückgelassen hätten, Charlotte.“
„Ich dachte, Sie wären hinter mir.“
Unten in der großen Halle knarrte die Tür. Das Prasseln des Regens drang ins Haus, gefolgt von einem kühlen Luftschwall. Ein Koffer wurde mit dumpfem Geräusch abgestellt. Schwere
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