BIANCA EXKLUSIV Band 0173
gesprochen hatte, hatte die Entlassungsprognose der Krankenschwester bestätigt. Sie war schon zwei Mal in der Klinik gewesen, ein Mal hatte Owen sie abgesetzt, und das zweite Mal war sie mit ihrer Mutter gefahren. Dieses Mal war sie nicht nur gekommen, um ihren Sohn zu sehen, sondern auch dessen „Onkel“. Sofern Adair sich an diesem Abend überhaupt blicken ließ.
Sie zweifelte immer noch daran.
Ihre Zweifel verschwanden allerdings, als sie aus dem Fahrstuhl trat und in Richtung Neugeborenenstation ging. Im dämmrigen Licht des Korridors konnte sie einen großen Mann erkennen.
Adair.
Verdammt, dachte sie, das macht keinen Sinn. Den Gerüchten nach zu urteilen war er rund um die Uhr beschäftigt und musste praktisch jeden Atemzug im Voraus planen. Was hatte er hier zu suchen?
Sie sprach die Frage laut aus, als sie sich ihm näherte. „Was machen Sie hier?“
Er schaute in ihre Richtung, als ob er sie erwartet hatte. „Ms. Campbell, soweit ich weiß, leben wir in einem freien Land. Und ich bin älter als achtzehn.“ Er drehte sich weg und betrachtete die Babys in ihren Betten. „Solange ich nicht gegen das Gesetz verstoße, bin ich niemandem Rechenschaft schuldig.“ Sein Blick fiel wieder auf Sherry. „Auch nicht einer Frau, die so wundervoll ist wie Sie.“
„Mag sein, dass Sie mir keine Rechenschaft schulden“, entgegnete sie und verschränkte die Arme vor der Brust. „Aber ein paar Erklärungen wären vielleicht ganz angebracht.“
„Ich …“
„Zum Beispiel würde ich gern wissen, warum Sie meine Krankenhausrechnung bezahlt haben.“
Unschlüssig zuckte er mit den Schultern. „Ich wollte großzügig sein.“
Er hatte das falsche Register gezogen. Sie kniff die Augenbrauen zusammen. „Auf Ihre Großzügigkeit kann ich gut verzichten.“
„Vielleicht wollte ich einfach nur freundlich sein.“ Er fixierte sie mit dem Blick und fragte sich langsam, was das eigentlich für eine Frau war, die es gewagt hatte, ihn in seiner Berghütte aufzusuchen. „Wollen Sie mir jetzt weismachen, dass Sie auch auf Freundlichkeit gut verzichten können?“
„Wie Sie?“
Er verzog die Lippen zu einem Lächeln. Warum habe ich nie bemerkt, wie sinnlich seine Lippen sind? fragte sie sich.
„Ich bin kein Durchschnittsmensch“, erwiderte er.
Sherry zwang sich, an ihren Rechercheauftrag zu denken. Ans Geschäft. Das war das ganze Geheimnis dieses Mannes. Er hatte nur Geschäfte im Kopf. „Sie behaupten, dass Sie gegen Freundlichkeit nichts einzuwenden haben. Aber vielleicht spekulieren Sie darauf, dass Sie sich von mir loskaufen können, wenn Sie meine Krankenhausrechnung und die meines Sohnes bezahlen?“
Plötzlich war sein Lächeln wie weggeblasen. „Ich bin es nicht gewohnt, Erklärungen abzugeben. Und ich bin es ebenso wenig gewohnt, mich von Leuten freizukaufen.“
„Sehr tiefsinnig“, erwiderte sie und neigte den Kopf zur Seite. Als sie wieder aufschaute, taxierte sie ihn mit ihrem Blick, sodass er sich förmlich gegen die Scheibe gedrängt fühlte. „Warum haben Sie meine Rechnung beglichen?“
Es hatte ihn überfallen wie eine Laune. Das war alles. Eine bessere Erklärung hatte er nicht anzubieten. Aber die Öffentlichkeit sollte nicht erfahren, dass er sich manchmal zu solchen Launen hinreißen ließ. Es würde sein Image als eiskalt kalkulierender Geschäftsmann zerstören.
„Ihr Sohn ist eben meine erste Entbindung. Da wollte ich halt großzügig sein.“ Die meisten Frauen würden es dabei bewenden lassen. „Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul, Ms. Campbell.“
Sie mochte es nicht, wenn man sie herablassend behandelte. „Die alten Griechen haben auch darauf verzichtet und sich eine Menge Ärger damit eingehandelt.“
Unwillkürlich musste er lächeln. „Sie sind aber keine Griechin.“
„Aber ich bin auch nicht naiv, Mr. Adair.“ Sherry wusste zwar nicht viel über ihn, aber sie wusste, dass er sich niemals grundlos zu etwas hinreißen ließ. „Nichts ist umsonst. Und jetzt erzählen Sie mir endlich, was Sie dafür verlangen, dass Sie mir die Rechnung bezahlt haben.“
„Sie fragen nach meinen Idealen?“, erwiderte er sarkastisch. „Frieden auf der Welt.“ Er hatte ihr bereits einen Grund genannt, obwohl er noch nicht mal wusste, ob er überhaupt einen gehabt hatte. „Und wenn es keinen Frieden geben kann, dann möchte ich solche Artikel nicht mehr lesen müssen.“ Er zog ein zusammengefaltetes Blatt Papier aus der Jackentasche und reichte es ihr.
Sie
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