BIANCA EXKLUSIV Band 0174
mir verzeihen.“
Er sah sie an. Sein Magen verkrampfte sich. Er merkte, dass sie ihn liebte oder es zumindest glaubte. Und nun klammerte sie sich wie ein Kind an sein Hemd und brachte schluchzend heraus: „Ich wollte Ihnen nicht schaden oder Sie verletzen, weder politisch noch persönlich.“
Davon war John überzeugt. Leider verringerte sich dadurch nicht das Leid, das sie durch ihr kindisches Handeln verursacht hatte.
In der letzten Juniwoche fuhr John zu Anne. „Du bist mir ausgewichen“, stellte er fest. Er war allerdings auch nicht leicht zu erreichen und ständig beschäftigt gewesen. Seine neue Assistentin hatte für ihn alle möglichen Veranstaltungen in Concorde und anderen Städten gebucht.
Anne tippte an dem Brief für einen ihrer Kunden weiter. Als sie fertig war, zog sie das Blatt heraus und legte es auf den Schreibtisch. „Da du laut der letzten Wahlanalyse bereits einige Punkte eingebüßt hast, hielt ich es für besser, dass wir uns weder sehen noch miteinander sprechen.“
Ihm fiel auf, dass sie an Gewicht verloren hatte, und sie schien auch ebenso wenig geschlafen zu haben wie er. Das tat ihm leid, und er zog die widerstrebende Anne mit sich aufs Sofa. Aber sie setzte sich so weit wie möglich von ihm entfernt ans andere Ende.
„Anne, ich möchte dir einiges berichten. Du bist hereingelegt worden.“ John erzählte ihr, dass Lily die Scherzmitteilung unter die richtigen gemischt hatte.
Den Tränen nahe erwiderte Anne: „Ich bin nicht sorgfältig gewesen, John. Ich hätte jedes Blatt überprüfen müssen, bevor ich es in den Umschlag steckte.“
John nahm ihre Hand zwischen seine beiden. „Hinterher ist man immer klüger, Anne. Du musst aufhören, dich damit herumzuquälen.“
Sie zog die Hand weg und sah nicht aus, als ob sie seinen Rat befolgen würde.
Angestrengt überlegte John, wie er sie beruhigen konnte. „Bis zur Wahl bleiben uns noch fünf Monate. Also genügend Zeit für mich, den Punktverlust aufzuholen.“
„Vorausgesetzt, es passieren keine Fehler mehr“, bemerkte sie ernst.
„Auch wenn es die geben sollte, was macht das schon?“ Er hielt inne und fügte mit heiserer Stimme hinzu: „Ich vermisse dich so sehr, Anne.“
„Ich dich auch“, gestand sie und schloss die Augen. Erneut wurde sie von dem Gedanken gequält, nicht mehr Teil von Johns Leben zu sein. „Trotzdem kann ich nicht tun, was du möchtest.“
„Vergiss, dass ich dich darum bat, als Gastgeberin am Vierten Juli aufzutreten. Mir ist klargeworden, dass ich zu viel von dir verlangt habe, und ich …“
„Darum geht es gar nicht“, fiel sie ihm ins Wort. „Wir beide wissen, was für eine Frau du brauchst und dass ich nicht die richtige bin. Das Geringste ist noch, dass ich eine völlig andere Herkunft habe. Am schlimmsten ist, dass ich mich bei deinen Verwandten nicht wohl fühle. Ich liebe dich, und das wird sich nie ändern, doch wir müssen vernünftig sein. Du und ich zusammen – das kann nicht funktionieren.“
Dass Anne so empfand, bedrückte John zutiefst. Aber so schnell gab er nicht auf. Er zog eine Einladung heraus, die er Anne reichte. „Ich möchte noch immer, dass du an unserem Fest teilnimmst. Mit dieser Einladung kommst du an den Sicherheitsbeamten am vorderen Tor vorbei. Meine ganze Familie wird anwesend sein.“
„Auch Tim?“, fragte Anne gespannt.
„Nein. Er ist noch in Kanada. Gloria hat ihn natürlich eingeladen. Aber er ist trotzig und verletzt, und er fühlt sich betrogen. Ich glaube, es dauert noch einige Zeit, bis er alles verkraftet hat.“
Anne schwieg. Trotz Johns Bitten, es zu unterlassen, hatte sie für Tim nachgeforscht. Wenn sie auf John gehört hätte … Zu spät. Nun konnte man nichts mehr ändern.
„Du darfst ruhig deine Familie mitbringen“, versuchte John sie zu überreden.
Sie stand vom Sofa auf und senkte den Kopf. „Es ist vorbei, John.“
„Das muss nicht sein, wirklich nicht“, widersprach er.
„Doch“, erwiderte sie hart, „das muss es.“
Er seufzte. Wie gern hätte er Anne in die Arme genommen und ihr alle Ängste und Befürchtungen weggeküsst. Aber er wusste, dass es keine Lösung wäre. Sie beide konnten sich nicht nur körperlich weiterlieben, ohne einander auch seelisch und gefühlsmäßig zu gehören.
Vielleicht ähnelte Anne seiner Ex-Frau viel mehr, als ihm bewusst war. Jemanden ganz zu lieben setzte Mut voraus. Den hatte Anne offenbar nicht. Und John konnte ihn ihr nicht geben. Sie musste ihn schon selbst
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