BIANCA EXKLUSIV Band 0174
sein mochte.
Anne hatte gedarbt, um ihre Agentur aufzubauen, und sich stets bemüht, anderen zu helfen. Auch wenn sie es selbst nicht wusste, war kaum jemand amerikanischer als sie.
Gloria reichte John den Kaffee und fragte voller Mitgefühl: „Die letzten Wochen sind ganz schön verrückt gewesen, nicht wahr?“
John nickte. Und einsam, dachte er. Ganz gleich, wie beschäftigt und erschöpft er war, Anne fehlte ihm entsetzlich. Und allmählich begriff er, dass es immer so sein würde.
Gloria, die seine bedrückte Miene falsch deutete, setzte hinzu: „Es tut mir leid, dass du Lily entlassen musstest.“
„Nicht ich habe sie entlassen. Sie hat gekündigt.“ Lily hatte ihm gesagt, dass sie ihn zu sehr liebte, um weiter für ihn arbeiten zu können. Sie wisse ja, dass er diese Liebe nicht erwiderte.
Gloria musterte ihn und erkannte viel mehr, als ihm behagte. „Du vermisst Anne anscheinend sehr.“
„Sieht man mir das denn so deutlich an?“
„Ja. Aber stell dich den Tatsachen, John. Sie ist ganz anders als wir und wäre sicherlich nicht die passende Frau für einen hochkarätigen Politiker.“
Das hatte John seit der Trennung schon oft genug gehört. Langsam legte er den Stift aus der Hand. „Erstens: Ich wollte mit Anne nicht zusammen sein, weil ich dachte, sie könne mir politisch helfen, oder weil den Wählern ein verheirateter Mann lieber ist. Ich wollte sie zur Frau, weil ich sie liebe und mich bei ihr wohl fühle. Zweitens: In diesem Land hat jeder die Freiheit, anders zu sein. Anne ist durchaus berechtigt, ihre Ansichten zu äußern und für das zu kämpfen, woran sie glaubt – ebenso wie du und ich.“
„Doch ihr stammt aus völlig unterschiedlichen Verhältnissen und …“
John unterbrach Gloria. „Hier drinnen sind wir gleich“, sagte er ernst und legte die Hand aufs Herz. „Nur das zählt.“
Glorias Augen schimmerten verdächtig. Erst jetzt begriff er, dass sie ihn nur dazu gebracht hatte, seine wahren Gefühle endlich einmal auszusprechen. „Dann solltest du sie das alles wissen lassen“, erwiderte sie weich.
„Ich habe es versucht, Gloria. Aber sie ist so verdammt dickköpfig.“
„Ach, und du etwa nicht?“, bemerkte Gloria trocken.
„Hör mal, ich habe sie zu unserem Fest eingeladen und sie sogar gebeten, ihre Familie mitzubringen.“
„Und?“
„Anne lehnte eiskalt ab und sagte, es sei sinnlos.“ Das konnte er ihr kaum verübeln, denn er war daran schuld, dass sie sich jetzt in dieser Situation befand. Er hatte Anne um sich haben wollen und sie deshalb überredet, für ihn zu arbeiten. Und was war letztlich daraus entstanden? Peinlichkeiten und Leid für Anne. Selbst wenn sie ihm jemals verzeihen würde, was hätte er denn zu bieten? Mit einem Politiker verheiratet zu sein bedeutete viele einsame Stunden und sehr viele Verpflichtungen. Er musste sein Privatleben den Anforderungen seines Berufs unterordnen, und das erwartete man auch von seiner Frau.
Aber Anne brauchte ständige liebevolle Zuwendung. Auch wenn er sich noch so sehr bemühte, würde es ihm nicht gelingen, ihr das ruhige, gesicherte Leben zu geben, das sie verdiente. Ihm machte es nichts aus, im Rampenlicht zu stehen, wohingegen Anne lieber im Hintergrund blieb. Dennoch wollte er sie unbedingt haben. Ohne sie konnte er nicht glücklich sein. Vielleicht sollte er sie bitten, ihn zu heiraten, und ihr dann nicht all das aufbürden, was man gewöhnlich von einer Politikerfrau verlangte?
Ich bin ja schließlich bis jetzt ganz gut ohne eine Frau zurechtgekommen, sagte sich John. Warum sollte ihm das nicht weiterhin gelingen? Anne brauchte nur seine Ehefrau zu sein und ihn zu lieben. Von ihm aus konnte sie mit ihrer Agentur weitermachen. Er würde sie sogar mit allen Kräften in ihrer Arbeit unterstützen.
„Du bist nie über sie hinweggekommen, nicht wahr?“, fragte Gloria in seine Gedanken hinein.
„Nein, niemals.“ Vielleicht war es höchste Zeit, in dieser Angelegenheit etwas zu unternehmen!
Sehr früh wachte Anne auf und erinnerte sich, dass es ein Feiertag war. Doch sie freute sich gar nicht darüber. Ständig musste sie an ihre Eltern denken, von denen sie sich entfremdet hatte und ohne die sie nicht glücklich sein konnte. Sie dachte auch daran, dass sich ihr langgehegter Traum nicht erfüllen würde, denn Robert Ryan wollte immer noch nichts mit ihr zu tun haben. Also sollte sie sich – genau wie Tim – mit den Tatsachen abfinden und dankbar für das sein, was sie hatte. Hastig stand sie
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