BIANCA EXKLUSIV Band 0174
großziehen wollten, fand sie verständlich. Und da Colby bei seinem anstrengenden Job kaum allein dazu imstande war, erschien ihr die Übertragung des Sorgerechts eigentlich sinnvoll. Aber da hatte sie noch nicht den Zorn in Colbys Blick gesehen. Sie strengte sich an zu verstehen, was er sagte.
„Ja, gut.“ Er klang erschöpft. „Ist mir egal, Jack, nimm die Sache in die Hand.“
Colby stellte das Handy aus und legte es auf den Schreibtisch. Er war außer sich und dachte an seine Kindheit, in der die Geschwister total vernachlässigt und nur von Bediensteten großgezogen worden waren.
Und nun wollten seine Eltern auch noch Megan, dieses fröhliche kleine Geschöpf, derselben kalten Umgebung aussetzen, die Colby unfähig gemacht hatte, seine Gefühle zu äußern, und die seine Schwester zur Verzweiflung und in zahllose Affären getrieben hatte, in denen sie nach Liebe suchte.
Das durften sie Megan nicht antun! Eher würde er in der Hölle schmoren!
Dani räusperte sich. Sie stand in der Tür.
„Du hast Probleme.“
„Ja.“
„Tut mir leid.“ Sie kam näher. „Kann ich irgendetwas für dich tun?“
„Ja, das kannst du tatsächlich.“ Er sah sie einen langen Moment an. „Du kannst mich heiraten!“
6. KAPITEL
Als Dani begriff, dass Colby keine Witze machte, war sie schockiert. „Meinst du das ernst?“
„Allerdings.“ Er beugte sich vor. „Laut Anwalt haben alleinstehende Personen kaum eine Chance.“
„Du meinst, das Sorgerecht könnte deinen Eltern zugesprochen werden?“
„Genau.“ Er rieb sich erschöpft die Augen. „Und das werde ich nicht zulassen.“
„Colby, diese Uneinigkeit zwischen deinen Eltern und dir ist wirklich traurig. Aber vor allem wäre ein Kampf ums Sorgerecht für Megan äußerst negativ. Vielleicht kann man einen Kompromiss …“
„Ganz unmöglich“, unterbrach Colby sie. Er stand auf, seine grauen Augen wirkten kalt. „Meine Schwester und ich standen uns nicht sehr nahe, aber sie wusste, dass sie im Notfall auf mich zählen konnte und dass ich dafür sorgen würde, dass ihr Kind nicht dem Feind in die Hände fällt.“
„Dem Feind? Meine Güte, Colby, wir sprechen gerade von deinen Eltern! Was haben sie nur getan, um solchen Hass zu verdienen?“
„Ich habe nie behauptet, dass ich sie hasse.“
Dani versuchte, diesen Widerspruch zu begreifen. Sobald es um seine Eltern ging, stand Colby deutlich in einem Konflikt. Vielleicht konnte man den lösen, konnte die Sinclair-Familie wieder miteinander versöhnen. Für Megans seelische Entwicklung wäre das äußerst wichtig.
Inzwischen hatte Colby wieder das maskenhafte Gesicht, das er als Geschäftsmann aufzusetzen pflegte. „Unsere Abmachung bringt uns beiden nur Vorteile“, erklärte er. „Du brauchst Arbeit und eine Wohnung, ich brauche eine Frau. Wir werden alles schriftlich festhalten, und die Übereinkunft ist von dem Augenblick an hinfällig, wo das Sorgerecht bestimmt ist. Mein Anwalt wird einen Vertrag aufsetzen, aber du solltest dir ebenfalls einen Rechtsberater nehmen.“
Das ist doch absurd, dachte Dani. Nur Colbys feierliche Art hielt sie davon ab, laut loszulachen.
Gerade wollte sie sein Angebot ausschlagen, da entfuhr ihr plötzlich die Frage: „Und wo stellen wir mein Sofa hin?“
Colby zeigte keine Regung. „In unserer neuen Unterkunft gibt es genug Platz für deine Habseligkeiten, und natürlich hast du dort auch deinen Privatbereich.“
„Neue Unterkunft?“
„Wir können natürlich nicht hierbleiben. Selbst wenn die Verwaltung wegen des Kindes eine Ausnahme machen würde, wäre die Wohnung für drei Personen zu klein.“
„Stimmt“, sagte Dani, die allmählich begann, dem Gedanken etwas abzugewinnen.
„Außerdem haben meine Eltern ein großes Haus mit Garten, das das Vormundschaftsgericht sicher als Pluspunkt werten würde …“ Er verdrängte die Gedanken an sein ehemaliges Zuhause und räumte die Papiere zusammen. „Ich habe schon einen Immobilienmakler angerufen. Es scheint etliche Angebote zu geben, die genau unserem Zweck entsprechen. Alle Häuser haben große Gärten und sind in guten Schulbezirken gelegen.“
„Du denkst schon jetzt an Schulen?“
„Natürlich. Eine gute Ausbildung ist wesentlich für ein Kind, meinst du nicht?“
„Ja, doch. Aber Megan ist noch nicht mal aus dem Windelalter heraus.“
„Kinder wachsen schnell“, meinte er, „und ich habe nicht die Absicht, die Kleine in ihren wichtigsten Jahren aus der gewohnten Umgebung
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