BIANCA EXKLUSIV Band 0174
schlafende Megan auf Danis Arm. „Ist das Olivias Kind?“ Als Dani nickte, schaute die Dame genauer hin. „Noch ziemlich klein. Und blond, nicht?“
„Wenn ihr mich bitte entschuldigen würdet“, sagte Colby brüsk, nahm Danis Arm, drängte sie auf den Weg, gab ihr die Schlüssel und sagte: „Bring Megan bitte nach Hause.“
„Jetzt?“
„Ja, sofort.“
„Und was ist mit dir?“
„Ich muss noch mit dem Beerdigungsunternehmer reden, danach nehme ich mir ein Taxi.“
„Gut, wenn es dir so wichtig ist …“
„Das ist es.“
Dani schaute ihn an, dann das alte Paar, das Colby frostig musterte. „Diese Leute scheinen dich nicht besonders zu mögen.“
„Sie können mich nicht ausstehen.“
„Und warum nicht?“
Er schaute traurig in die Ferne. „Es sind meine Eltern.“
Bei Sonnenuntergang stand Colby noch am Grab seiner Schwester und dachte nach. Obgleich sie zusammen aufgewachsen waren, waren sie sich fremd geworden. Dennoch empfand er so etwas wie Verlust. Alte Erinnerungen lebten in ihm auf.
Der neunjährige Junge sah, wie seine ältere Schwester von ein paar Rüpeln belästigt wurde. Obgleich er nicht kräftig war, versuchte er, ihr zu helfen. Aber die Jungs lachten nur. Und dann schlugen sie ihn zusammen.
Seine Schwester wischte ihm das blutige Gesicht ab, nannte ihn einen kleinen Dummkopf, weil er sich in Gefahr gebracht habe. Sie könne mit so etwas schon allein fertig werden. Aber sie hatte Tränen in den Augen und hielt die Hand ihres Bruders, als sie nach Hause gingen.
„Nein, rote Bete mag sie nicht.“ Dani nahm Colby das Glas aus der Hand und stellte es wieder ins Bord. „Grüne Bohnen, ja, oder Erbsen. Nein, die nicht, davon bekommt sie Bauchweh.“
Colby schaute auf die bunten Gläser in der Babynahrungsabteilung. „Das sieht alles gleich aus, langweiliger Brei. Man fragt sich, wie sie das überhaupt herunterbekommt.“
„Vielleicht kann sie allmählich auch Kleinkindernahrung essen. Hier, Spaghetti mit Soße oder Makkaroni mit Fleischstückchen. Sieht nicht schlecht aus, oder?“
„Kann sein.“ Er glättete Megans T-Shirt. Die Kleine saß auf dem Kindersitz des Einkaufswagens. „Lutsch nicht am Daumen“, mahnte er und zog ihn ihr aus dem Mund, „das ist eine schlechte Angewohnheit.“
Megan wollte nach einem Glas im Bord greifen, aber das war zum Glück außer Reichweite. Sie prustete und grummelte und spielte am Plastikgriff des Wagens. Gedankenverloren reichte Colby ihr einen Keks, den sie fröhlich aufaß.
So ein süßes Kind, dachte Colby, so lieb und vertrauensvoll. Und schon Waise. Eines Tages wird sie alt genug sein, um zu verstehen, was geschehen ist, wird die grausame Wirklichkeit begreifen.
Colby wusste, was es hieß, ungeliebt und ungewollt zu sein. Dieses Schicksal wollte er seiner Nichte ersparen. Aber wie?
Dani lud gerade eine Ladung Babynahrung in den Einkaufswagen. Ihr freundlicher Blick wärmte ihn. Aber gleichzeitig machte er ihn auch nervös.
Danielle McCullough schien ihn zu durchschauen. Das war er nicht gewohnt. Sie schien bis in seine Seele hineinzusehen, in die tiefsten Tiefen. Einerseits verunsicherte ihn das, andererseits gefiel es ihm aber auch.
„Windeln“, murmelte sie, „es sind fast keine mehr da.“
„Ah, ja.“ Noch ganz in Gedanken, zog er Megans klebrige Finger von seinem Schlips, schwang den Einkaufswagen herum und ging mit Dani in die entsprechende Abteilung, wo er über die Vielzahl von Windelsorten staunte.
„Brauchen wir sonst noch etwas?“, erkundigte sich Dani.
„Ich glaube nicht.“
„Übrigens: Ist Megans Vater schon ausfindig gemacht worden?“
„Nein.“
„Hat dein Rechtsanwalt keine Geburtsurkunde finden können?“
„Doch. Aber rate mal, wessen Name da nicht draufstand“, erwiderte Colby.
„Du machst Witze, oder? Vielleicht könnte man in den Krankenhäusern nachforschen.“
„Dabei ist das Gleiche herausgekommen: Da steht nur Olivias Mädchenname und dass sie in einem New Yorker Krankenhaus eine Tochter geboren hat, die sie auf den Namen Megan Louise Elizabeth getauft hat.“ Colby stellte sich in die Kassenschlange. „Mein Anwalt hat ein Dutzend Leute kontaktiert, die mit Olivia in den Monaten vor der Geburt zu tun hatten. Alle sagten nur, dass meine Schwester dauernd auf Reisen war und ein ziemlich lockeres Leben geführt hat.“
„Tut mir leid“, Dani berührte seinen Arm. „Ihre Beerdigung ist ja erst ein paar Tage her, vielleicht meldet sich noch jemand.“
Colby
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