BIANCA EXKLUSIV Band 0174
verdutzt.
„Ja.“
„Warum?“
„Warum nicht? Sie scheinen eine verantwortungsbewusste Bürgerin zu sein. Sie sind intelligent, wachsam und mitfühlend. Das erkannte ich an Ihrem Gesichtsausdruck, als ich vor den Leuten sprach. Also genau jemand, den wir brauchen, um Wohnungen für die Armen zu bauen.“
„Offenbar versuchen Sie, mich anzuwerben.“
„Dahinter steckt noch etwas mehr. Tims wegen möchte ich Sie näher kennenlernen.“ Außerdem wollte er sie auf seine Seite bringen. Nur wie er das bewerkstelligen sollte, wusste er nicht.
Auch Anne hätte gern mehr über ihn und das Geheimnis erfahren, das er verbarg. „Okay, ich komme mit. Aber nur unter der Bedingung, dass Sie meine Hilfe für Tim nicht erwähnen.“
John seufzte. „Einverstanden. Allerdings gilt das nur für morgen.“
„Ich werde meine Meinung nicht ändern“, verkündete Anne energisch.
„Warten wir ab“, erwiderte er mit dem Selbstbewusstsein eines Mannes, der gewohnt war, stets seinen Willen durchzusetzen.
3. KAPITEL
„Wie ist die Versammlung gelaufen?“, fragte Lily und setzte John eisgekühlten Tee und Erdnüsse vor.
„Nicht besonders gut. Ich versuchte nach besten Kräften, die Leute zu beruhigen und ihnen Hoffnung zu machen. Aber ich befürchte, man hat mir nicht so recht geglaubt.“
„Das wird man, wenn Sie Ihre Versprechen erfüllen, John.“
Er wünschte sich, dass er ein ebenso großes Vertrauen in seine Fähigkeit hätte, Wunder zu bewirken.
„Wie war es bei Miss Haynes? Ist sie eine Schwindlerin?“ Lily streifte die Schuhe ab und kuschelte sich auf das Sofa.
„Das weiß ich nicht.“ Er wollte Anne für ehrlich halten. Doch seine Familie hatte sich schon zu oft die Finger verbrannt. Sie waren alle reich und mächtig und standen im Rampenlicht des öffentlichen Lebens. Das machte sie zu leichten Zielscheiben. „Was haben Sie herausgefunden, Lily?“
„Die Agentur besteht seit acht Jahren. Es liegen keine Anzeichen auf Betrug vor, weder bei der Handelskammer noch bei der Staatsanwaltschaft. Natürlich kann Miss Haynes trotzdem krumme Dinge getan und Geld für nichts kassiert haben, nur sind halt keine Beschwerden eingegangen. Was halten Sie persönlich von der Dame?“
Dass sie so jung und attraktiv ist, hätte John nicht vermutet. Er war sprachlos gewesen, als er die exotische Schönheit mit dem seidenweichen, schulterlangen Haar, dem goldfarbenen Teint und dem schlanken, biegsamen Körper vor sich stehen sah. Doch es behagte ihm nicht, diese auch so willensstarke, hartnäckige Frau zur Gegnerin zu haben.
Lily wunderte sich über sein langes Schweigen. Endlich merkte er, dass sie auf seine Antwort wartete. „Nun, sie scheint in Ordnung zu sein“, sagte er.
„Und weiter?“
John zuckte die Schultern. „Nichts weiter. Sie ist mit mir zu der Versammlung gefahren, weil wir unterwegs noch einiges besprechen mussten. Ich hoffte, ihr ausreden zu können, Tim zu helfen.“
„Ist es Ihnen gelungen?“
„Nein. Aber ich gebe nicht so schnell auf.“ Widerstrebend gestand er: „Ich habe sie zu dem offiziellen Dinner eingeladen.“
Lilys Kinnlade klappte herunter. „John, halten Sie das für klug?“
„Falls sie eine Betrügerin sein sollte, werde ich sie bloßstellen“, erwiderte er lahm.
„Und wenn sie es nicht ist?“
Lily brauchte ihn nicht darauf hinzuweisen, wie gefährlich es sein konnte, sich während des Wahlkampfes mit der falschen Frau einzulassen. Doch John war seine Familie wichtiger, und er hatte Frank und auch Gloria etwas versprochen. „Wenn sie es nicht ist, werde ich sie dazu bringen, Tims Fall aufzugeben.“
„Ach ja, wegen der bevorstehenden Wahl.“ Lily nickte verständnisvoll.
John ließ sie in dem falschen Glauben. Ihm ging es nicht um die Wahl, sondern um die Familie. Er seufzte. Es wäre viel leichter, wenn er Tim und Anne erzählen könnte, warum Tim nicht weiter nachforschen durfte. John und Frank hatten von Anfang an gewusst, wer Tims Eltern waren und warum sie ihn adoptieren ließen. Doch das musste John für sich behalten, auch wenn es ihm widerstrebte, denn er war ein aufrichtiger Mann.
John hatte Frank fest versprochen, dass niemand das Geheimnis um Tims Geburt je erfahren würde, und er hatte bei der Verschleierung gewisser Tatsachen mitgemacht. Wenn die ans Licht kämen, würde Tims heile Welt und die Beziehung zu seinem Onkel zerbrechen.
Also musste John nun Anne davon überzeugen, dass es für Tim am besten war, nicht weiterzusuchen. Anne Haynes,
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