BIANCA EXKLUSIV Band 0181
Liebe nicht, aber sie verdankte ihm etwas Kostbares: das Wissen um ihre Sinnlichkeit und die Erinnerung an völlige Befriedigung.
Forschend blickte sie in den großen Spiegel über dem Schminktisch. Ihre Lippen wirkten sinnlicher und voller als früher. Mehr, als Marc ihr gegeben hatte, war nicht zu erwarten gewesen. Das hatte er vorher deutlich gemacht. Ihr Pech, dass sie dummerweise geglaubt hatte, er würde sich anders besinnen, wenn sie miteinander schliefen.
Und was, wenn Marc und Lauren früher ein Liebespaar gewesen waren und inzwischen getrennte Wege gingen? Das würde die Nähe zwischen ihnen erklären. Bei dem Gedanken klopfte ihr Herz plötzlich schneller, aber Paige verdrängte die Freude gleich wieder. Mit ihrem sehnsüchtigen Wunschdenken hatte sie sich schon genug Leid eingehandelt.
„Jetzt reicht’s“, sagte sie sich.
Denn Marc und Lauren gingen miteinander um, als würden sie sich wirklich nahestehen und echte Zuneigung füreinander empfinden. Für sie war es so selbstverständlich, dass sie es gar nicht mehr bemerkten. Vielleicht ähnelte Lauren ja Juliette und gab sich mit einer Beziehung zufrieden, in der Marc völlige Freiheit genoss und sich mit jeder Frau einlassen konnte, die ihm gefiel?
„Für Lauren mag das okay sein, aber ich bin da anders“, sagte sich Paige finster.
Erst unter der Dusche ließ sie ihren Tränen freien Lauf. Dies eine Mal wollte sie sich ihrem Kummer und ihrer Enttäuschung überlassen. Danach würde sie sich zusammennehmen, nach Hause fahren, sich einen Job suchen, der ihren Interessen entsprach, und Marc vergessen.
„Ja, so ist es richtig. Jetzt hast du den Dreh raus. Der Pfropf wächst an.“
Paige wurde rot vor Freude, denn der alte Rosenzüchter war äußerst sparsam mit seinem Lob.
Gemeinsam betrachteten sie den Rosenstrauch. „Ich verstehe nicht, warum du unbedingt studieren willst, Paige. Das ist doch Zeitverschwendung. Wer neue Pflanzensorten züchten will, muss wissen, was die Pflanzen brauchen, und das lernst du aus Erfahrung. Du benötigst Geduld, Intuition und etwas Fingerspitzengefühl. All das hast du bereits, soweit ich sehe.“
Paige hatte auch schon überlegt, ob es Verschwendung wäre, das Geld, das Juliette ihr hinterlassen hatte, für Studiengebühren auszugeben. „Ich muss mich ja erst in einigen Monaten entscheiden.“
„Jedenfalls machst du deine Sache ziemlich gut hier. Denk dran, das Pfropfmesser zu reinigen, ehe du es zurücklegst.“
„Okay, mache ich.“
Nach wenigen Schritten kehrte er wieder um. „Fast hätte ich vergessen, es dir zu sagen. Draußen wartet jemand auf dich.“
Obwohl Paige in den vergangenen drei Monaten alles getan hatte, um die Erinnerung an Marc und den Wunsch, er möge eines Tages vorbeikommen, zu verdrängen, dachte sie sofort an ihn.
„Wer ist es denn?“
„Ich habe ihn vorher noch nie gesehen.“
Paige warf einen Blick auf die Uhr. „Ich bin nicht verabredet. Soll er warten, bis ich Schluss habe.“
„Zwanzig Minuten würden ihn nicht umbringen“, stimmte der Alte zu. „Aber da du keine Mittagspause gemacht hast, kannst du eigentlich auch jetzt gleich gehen.“
Paige brauchte zehn Minuten, um sich schnell mit dem Kamm durchs Haar zu fahren, die Hände zu waschen und den Overall auszuziehen. Den kleinen Rucksack auf dem Rücken, schob sie ihr Fahrrad um das schäbige Gebäude herum, das teils als Büro und teils als Gewächshaus diente. Vor dem Haus blieb sie stehen und blickte zu dem Auto hinüber. Und dann begann ihr Herz wie verrückt zu pochen. Sie kannte nur einen Mann, der ein so teures Fabrikat fuhr.
Marc hatte sie kommen sehen und stieg aus. Mit seiner Kleidung und der Art, wie er sich bewegte, strahlte er wie immer Autorität und verhaltene Kraft aus. „Hallo, Paige“, begrüßte er sie. „Wie geht’s?“
„Was machst du denn hier?“, fragte sie erstaunt.
„Hattest du erwartet, wir würden uns nie mehr treffen? Nachdem wir uns am Flughafen in Kerikeri so frostig voneinander verabschiedet hatten?“
Sie sah ihn so starr an, als wäre er soeben einem Raumschiff entstiegen und hätte sie aufgefordert, ihn ihrem König vorzustellen.
Offensichtlich hat sie nicht damit gerechnet, mich noch einmal zu sehen, dachte Marc. Er musterte sie forschend. Sie hatte abgenommen, ihr Gesicht wirkte schmaler. Wahrscheinlich lag es an der Hitze und daran, dass sie zwei Jobs hatte. Aber ihre vollen Lippen luden immer noch zum Küssen ein, und er begehrte sie ebenso sehr wie
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