BIANCA EXKLUSIV Band 0188
einigermaßen ungewohnt klang.
Trotzdem traf ihn Gabriellas Reaktion völlig unvorbereitet. Denn anstatt ihm um den Hals zu fallen und ihm zu sagen, wie sehr sie diesen Moment herbeigesehnt hatte, stand sie wortlos auf und ging unruhig im Raum auf und ab.
Ebenso unvermittelt blieb sie stehen und drehte sich zu Max um. „Du liebst mich nicht, Max“, sagte sie mit erschreckender Bestimmtheit. „Jedenfalls nicht wirklich. Du bist erleichtert, weil mir nichts passiert ist. Mit Liebe hat das nichts zu tun.“
„Und ob es das hat!“, widersprach Max entschieden, stand auf und ging zu Gabriella. „Als der Detective mir von der Entführung erzählt hat, wurde mir schlagartig klar, dass ich es nicht ertragen könnte, dich zu verlieren“, erklärte er ihr und unterließ es wohlweislich, sie zu berühren.
„Versteh mich bitte richtig, Gabriella. Damit meine ich nicht, dass wir fortan getrennte Wege gehen. Aus heiterem Himmel war ich mit der Angst konfrontiert, dass dir etwas zustoßen könnte, etwas so Schlimmes, dass selbst die leiseste Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft, ja selbst auf ein zwangloses Gespräch, und sei es am Telefon, für immer zunichte gemacht würde.“
Er musste sich unterbrechen, weil ihn erneut seine Gefühle zu überwältigen drohten. „Vielleicht hast du recht, und ich liebe dich nicht wirklich. Dann sei aber so gut und sag mir, wie ich meine Gefühle für dich sonst nennen soll.“
Gabriella kam nicht dazu, Max eine Antwort zu geben. Denn plötzlich ging die Tür auf, und Detective Janssen betrat den Raum.
„Fühlen Sie sich in der Lage, uns jetzt einige Fragen zu beantworten, Mrs. Logan?“, erkundigte er sich höflich.
„Selbstverständlich“, erwiderte sie und gab sich keine Mühe, ihre Erleichterung zu verbergen. Auf der Türschwelle blieb sie kurz stehen und warf Max einen Blick über die Schulter zu. „Fahr ruhig wieder ins Büro“, sagte sie betont sachlich, „ich komme schon allein klar.“
„Von wegen!“, platzte er heraus und stand im selben Moment neben ihr. „Ich rühre mich nicht vom Fleck, bis du hier nicht mehr gebraucht wirst. Anschließend bringe ich dich nach Hause. Und versuch ja nicht, mich davon abzubringen.“
„Dumme Gans“, spottete der Junge, als Gabriella versuchte, ihn zur Aufgabe zu überreden. „Du hast doch keine Ahnung, wovon du redest. Oder musstest du schon mal die Mülltonnen nach etwas Essbarem durchsuchen, weil du seit Tagen nichts in den Magen bekommen hast?“
Seine Hände starrten vor Dreck, und die Fingernägel waren abgekaut. „Sieh dir doch nur deine Karre an“, sagte er abschätzig. „Du brauchst bestimmt nur mit dem Finger zu schnippen, damit dein Alter springt und dir deine Wünsche erfüllt.“
Gabriella musste einsehen, dass ihr in dem Jungen eine Welt begegnete, mit der sie normalerweise nie in Berührung kam. „Kümmern sich denn deine Eltern nicht um dich?“, fragte sie voller Unverständnis dafür, wie man sein eigen Fleisch und Blut derart vernachlässigen konnte.
Der Junge lachte lauthals auf. „Du hast vielleicht Humor“, höhnte er. „Meinen Vater kenne ich nicht einmal, und das Einzige, worum sich meine Mutter kümmert, ist der nächste Schuss. Sie ist drogenabhängig“, setzte er hinzu, weil Gabriella deutlich anzusehen war, dass sie nicht die geringste Ahnung hatte, wovon er sprach.
Plötzlich tauchte vor ihnen eine Straßensperre auf. Mit vor Angst geweiteten Augen starrte der Junge durch die Windschutzscheibe. „Dreh sofort um!“, befahl er unvermittelt.
Gabriella war viel zu überrascht, um zu reagieren. „Du sollst umdrehen!“, wiederholte der Junge und drückte die Messerklinge fest gegen ihren Hals.
Statt zu bremsen, drückte Gabriella in ihrer Panik das Gaspedal noch tiefer durch. Gleichzeitig riss sie das Lenkrad herum, sodass der schwere Wagen ins Schleudern geriet, bis er schließlich krachend in die Leitplanke prallte.
Der Junge reagierte blitzschnell. Er riss die Beifahrertür auf, zwängte sich aus dem stark beschädigten Auto und ließ sich in den Straßengraben fallen.
Für Bruchteile von Sekunden setzte eine unwirkliche Stille ein. Selbst die Martinshörner der Streifenwagen schienen verstummt. Nur das flackernde blaue Licht verriet, dass Gabriella sich die Bedrohung nicht nur eingebildet hatte.
Als ihr das bewusst wurde, brach sich die Angst, die sich in ihr angestaut hatte, schlagartig Bahn. Doch es war nicht nur die Angst um sich selbst, sondern auch die um den Jungen, dem
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