BIANCA EXKLUSIV Band 0193
seiner Schwester nicht in die Augen schauen. „Entschuldige“, murmelte er. Er hätte ihr gern erzählt, dass Moe, den er für seinen Freund gehalten hatte, in der Stadt war und dass er von ihm erpresst wurde. Entweder du machst, was ich dir sage , hatte er ihm erklärt, oder du kommst in Schwie rigkeiten, und ich denke mir etwas Nettes für deine Schwester und ihren neuen reichen Typen aus .
Moe plante, eine Reihe von Geschäften zu überfallen. Er wollte, dass Rick dafür Kontakte zu einer Gang aufnahm. Nun wusste Rick nicht, was er tun sollte. Auf keinen Fall wollte er, dass Isa oder Harrison etwas angetan wurde.
Wie gern hätte er sich jetzt in die Arme seiner Schwester geworfen und es zugelassen, dass sie wie stets zuvor, alles für ihn in Ordnung brachte, aber dieses Mal ging es nicht. Das hier war sein Problem. Er würde selbst einen Ausweg finden müssen.
„Das reicht mir nicht“, erklärte Isa. „Was hätte ich Mrs. Addleson erzählen sollen, wenn sie dich dort gesehen hätte?“
„Aber sie hat mich nicht gesehen, oder?“ Angst schwang in seiner Stimme mit, als Bilder aus dem Erziehungsheim vor seinem geistigen Auge auftauchten. O Mann, noch einmal würde er das nicht überleben.
„Nein, aber darum geht es auch gar nicht.“
Er hatte sich schnell wieder unter Kontrolle. Seine Schwester hatte schon genug Probleme. Er durfte sich nicht an ihrer Schulter ausweinen und um Hilfe bitten. Sie würde sofort Moe aufsuchen, ohne auch nur einen Augenblick an ihre eigene Sicherheit zu verschwenden. Er musste allein zurechtkommen, aber zuerst musste er sie ein wenig ablenken.
„Warum machst du dir eigentlich Sorgen? Du hast doch einen tollen Fang gemacht, als du diesen reichen Mann geheiratet hast. Allerdings benimmst du dich nicht wie eine verheiratete Frau.“
Noch während sie nach Luft schnappte, wusste er, dass er zu weit gegangen und den einzigen Mensch verletzt hatte, der sich je um ihn gesorgt hatte. Jetzt wusste er nicht, wie er reagieren sollte. Ein dicker Kloß saß auf einmal in seiner Kehle, und er schluckte nervös.
Isa musste ihre ganze Selbstbeherrschung aufbringen, um ihn nicht anzuschreien. „Was weißt du denn schon davon“, sagte sie leise.
„Nun, es ist seltsam, dass ihr getrennte Schlafzimmer habt. Was soll das für eine Ehe sein?“
„Das geht dich überhaupt nichts an. Wir sprechen im Moment nicht über meine Ehe. Dein Verhalten ist das Problem. Von jetzt an komm bitte sofort nach der Schule nach Hause. Maggie wird mir Bescheid geben, falls du diese Abmachung nicht einhältst“, warnte sie ihn. „Um einundzwanzig Uhr gehst du auf dein Zimmer, und um zweiundzwanzig Uhr wird das Licht ausgemacht.“
„Ich bin kein Kind mehr und …“
„Dann hör auf, dich wie eines zu benehmen. Wenn du noch einmal in Schwierigkeiten gerätst, musst du ins Erziehungsheim zurück und dann für lange Zeit. Ist es das, was du willst?“
„Ich werde nicht mehr in Schwierigkeiten geraten. Ich kann sehr gut auf mich allein aufpassen.“ Er vermied es, sie anzusehen.
Sie hätte ihn gern angeschrien, hätte ihm gern gesagt, dass sie durch sein Benehmen die Chance verlieren könnte, mit ihrem Ehemann, den sie wegen Rick zur Ehe gezwungen zu hatte, wenigstens ein kleines Glück zu finden. Aber als sie ihren Bruder anschaute, sah sie nur einen jungen Menschen, irgendwo zwischen Kind und Erwachsenem, der nicht wusste, welchen Platz er einnehmen sollte.
Mitgefühl verdrängte ihren Ärger. Seine gespielte Gleichgültigkeit war sein Schild gegen eine gleichgültige Welt, eine Welt, von der er gelernt hatte, ihr nicht zu vertrauen. Das Wort ihres Vaters war so beständig gewesen wie ein Halm im Wind.
Als sie die Hand ausstreckte, um seine Schulter zu berühren, zuckte er zurück, als ob sie ihn schlagen wollte. Ihr Mitgefühl wurde noch größer.
„Wir führen hier ein gutes Leben“, sagte sie, unfähig das Beben in ihrer Stimme zu unterdrücken. „Du bist intelligent. Du kannst ein Stipendium fürs College erhalten. Wirf die Chance nicht weg.“
Für einen Moment sah er aus, als wenn er zu weinen beginnen wollte, doch dann nahm sein Gesicht wieder den gewohnten trotzigen Ausdruck an. „Ja, klar. Kann ich jetzt endlich schlafen gehen?“
„Ja“, stieß sie mit Mühe hervor. Ihre Kehle war wie zugeschnürt.
Sie schaute ihrem Bruder nach, und wieder einmal fiel ihr sein geschmeidiger Gang auf. Er war der geborene Athlet. Er hatte so viel Potenzial, und doch gab es so viele Möglichkeiten,
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