Bianca Exklusiv Band 11
Lucy.
„Die Blüten hier sind ein Albtraum für den Gärtner", kam die überraschende Antwort. „Sehen Sie nur." Die alte Dame berührte die Mimosenkelche des Busches neben sich, und die Blüten rollten sich sofort zusammen.
Lucy lachte erheitert und versuchte es nun selbst. „Die empfindliche Mimose!" Sie wurde ernst. „Eigentlich sollte ich ja in der Broschüre lesen", gestand sie der alten Dame. „Morgen muss ich über die Familie Mazzardi und den Palazzo in allen Einzelheiten Bescheid wissen."
„Familien können ein Fluch und eine Freude sein", meinte die alte Dame traurig. „Ich habe meine beiden Enkelkinder verloren."
„Oh, das tut mir aber Leid." Lucy hatte Mitgefühl mit der Frau. Um sie von ihrem Kummer abzulenken, erzählte sie ihr von dem Garten zu Hause. Es dauerte nicht lange, und sie beantwortete die Fragen ihrer neuen Bekannten nach Lionel, ihrer Mutter und der Arbeit im Heim.
Plötzlich kam einer von Max Mazzardis Angestellten herbeigeeilt und verdarb alles. Lucy hatte das angeregte Gespräch mit der alten Dame von Herzen genossen. Es war fast wie zu Hause gewesen.
Der Mann verbeugte sich höflich und sprach zu der alten Dame. „Mr. Mazzardi bittet Sie, in den Salon zu kommen."
„Oje!" seufzte Lucy. „Das ist der Besitzer. Sie sind hier in seinem Garten, und ich habe Sie auch noch zum Bleiben ermutigt. Aber machen Sie sich nur keine Sorgen, ich werde nicht zulassen, dass er Sie anfährt."
„Das freut mich", erwiderte die alte Dame und ließ sich von dem Bediensteten die Tasche mit den belegten Broten abnehmen. Sie wurden in einen kleinen gemütlichen Raum geführt, den Lucy noch nicht kannte.
Max erhob sich aus einem Brokatsessel, aber Lucy kam ihm zuvor, ehe er etwas sagen konnte. „Hören Sie, Max, ich weiß, ich sollte die Texte lernen, und diese Dame hätte nicht in dem Garten sein dürften, aber sie hat doch keinerlei Schaden angerichtet. Wenn Sie jemanden zurechtweisen wollen, nehmen Sie sich mich vor und lassen Sie sie in Frieden gehen."
„So eine nette junge Dame", strahlte die alte Dame. „Die Pfauen werden langsam fett", sagte sie streng zu Max.
Lucy hielt den Atem an. Takt schien nicht gerade eine Stärke der alten Dame zu sein. Max verschränkte die Arme vor der Brust. „Das überrascht mich nicht, wenn sie mit Brot überfüttert werden."
„Ich tue, was mir gefällt." Zu Lucys Verwirrung ging die alte Dame zur Chaiselongue und setzte sich vorsichtig.
Lucy trat näher an Max heran. „Seien Sie nett zu ihr", flüsterte sie ihm zu.
„Warum sollte ich das? Sie mästet die Pfauen. Vielleicht sollte ich sie davon ablenken, indem ich ihr Tee anbiete."
„Bitte machen Sie sich nicht über sie lustig", sagte Lucy leise.
„Das würde ich nicht wagen", raunte Max ihr zu.
„Was geht da vor?" fragte die alte Dame ungeduldig. „Ich mag es nicht, wenn geflüstert wird." Sie hob den Kopf und entdeckte die Bedienstete, die einen Teewagen hereinrollte.
„Ausgezeichnet! Um diese Zeit brauche ich eine kleine Stärkung", gestand die Frau zu Lucy gewandt, ohne sich um Max zu kümmern. Lucy warf ihm einen hilflosen Blick zu, aber er reagierte nicht. „Es ist kein Gin dabei", rügte die alte Dame. „Ich hätte gern ein Gläschen. Bringen Sie mir welchen."
Max ergriff Lucys Arm und hielt sie davon ab, etwas zu sagen. Dann sah er die Bedienstete an und schüttelte den Kopf.
„Tee ist besser für dich, Großmama. Hast du vergessen, dass der Arzt dir Alkohol verboten hat?"
Lucy stand wie versteinert da. War diese Frau wirklich Max' Großmutter, oder benutzte er das Wort nur im landläufigen Sinn? Lucy blickte argwöhnisch von einem zum anderen. Die alte Dame schien sich hier tatsächlich zu Hause zu fühlen, aber das musste nichts zu bedeuten haben.
Max lächelte amüsiert, als er Lucys verwirrtes Gesicht sah. „Habt ihr beide euch denn nicht bekannt gemacht?" fragte er mit Unschuldsmiene. „Großmama, das ist Lucy Parish. Lucy, Contessa Daphne Mazzardi."
Lucy errötete und schüttelte der Contessa die Hand. „Parish", überlegte die Contessa. „Sie sind doch nicht etwa mit dieser erfrischend temperamentvollen Selina Parish verwandt?"
„Sie ist meine Schwester." Lucy strahlte. Endlich jemand, der auf ihrer Seite stand!
„Sie sind sehr verschieden, nicht wahr?"
„Ja. Ich bin die Unscheinbare."
„Sie? Aber nein, meine Liebe. Sie sind eine Schönheit. Dieses Lächeln. Sie erinnern mich an Renzo. Der liebe Renzo", schwärmte die Contessa. „So ein gut
Weitere Kostenlose Bücher